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Berufsschutz wird erheblich gelockert

Krankheitsbedingte Berufsunfähigkeit soll die Betroffenen nach dem Willen der Regierung künftig nur vorübergehend vom Arbeitsmarkt fernhalten. Kurz gesagt: Wer zu krank für seinen Beruf ist, soll künftig nach einer Umschulung einen Beruf ausüben, für den er gesund genug ist. Der für Angestellte und gelernte Kräfte geltende Berufsschutz wird dabei in einen „Qualifikationsschutz“ umgewandelt.

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Das bedeutet, der Betreffende hat das Recht auf eine hochwertige Qualifikation, die seinem bisherigen Ausbildungsniveau (Lehrabschluss, Fachschule etc.) entspricht. Die Umschulung findet in einem Bereich statt, der gesundheitlich sinnvoll ist, in dem es Beschäftigungschancen gibt und der gemeinsam mit den Betroffenen ausgesucht wird. Während der Dauer der Umschulung erhält der Betroffene ein „Umschulungsgeld“. Analoge Regelungen sollen für Selbstständige eingeführt werden.

AMS und Krankenkassen als Begleiter

AMS und Krankenkassen sollen die Betroffenen eng bis zum Wiedereinstieg in das Berufsleben begleiten, beraten - und kontrollieren. Lediglich in Einzelfällen soll weiterhin die Invaliditätspension zuerkannt werden: So wäre es beispielsweise nicht zweckmäßig, einen 61-jährigen Mann umzuschulen, damit er dann nur noch ein Jahr arbeitet, weil hier die Kosten höher wären als der Nutzen. Die Kosten des Umschulungsgeldes werden vom AMS übernommen, sie werden dem Arbeitsmarktservice aber von der Pensionsversicherung ersetzt.

Für die unselbstständig Beschäftigten und für die Selbstständigen (Gewerbliche, Bauern) wird je ein „Kompetenzzentrum Begutachtung“ eingerichtet. Dort werden medizinische und mit Hilfe des AMS auch berufskundliche Gutachten erstellt. Diese berufskundlichen Gutachten sollen Auskunft darüber geben, welche Umschulung sinnvoll ist. Die Regierung erwartet sich von den Plänen, dass der Kreis der Invaliditätspensionäre um 80 Prozent sinkt.

PVA hofft auf über 700 Mio. Einsparung

Im Vorjahr ist 7.200 Personen unter 50 Jahren eine Invaliditätspensionen zuerkannt worden, davon 6.400 befristet. Mit der Einführung des Umschulungs- und Rehabilitationsgeldes werden laut Schätzung des Sozialministeriums davon voraussichtlich etwa 5.500 in medizinische und berufliche Rehabilitationsmaßnahmen einbezogen werden. Nach den bisherigen Erfahrungen wird etwa ein Drittel dieser Gruppe berufliche Rehabilitation benötigen, zwei Drittel medizinische Betreuungsmaßnahmen.

Die Einsparungen werden von 2014 bis 2018 auf insgesamt 713 Millionen Euro geschätzt. Im ersten Jahr werden noch Mehraufwendungen von 13,7 Mio. Euro erwartet, 2015 soll es dann schon zu Einsparungen von 44,9 Mio. Euro kommen, die sich bis 2018 auf 328,9 Mio. Euro erhöhen.

Insgesamt sollen sich in der Pensionsversicherung in diesem Zeitraum Einsparungen von insgesamt einer Milliarde Euro ergeben, weil mehr Menschen im Erwerbsleben bleiben und später in Pension gehen. Die von der PVA zu tragenden Kosten für die berufliche Umschulung werden rund 300 Mio. Euro betragen, so dass die Pensionsversicherungsanstalt bis 2018 in Summe etwas mehr als 700 Mio. Euro einsparen soll.

Nullsummenspiel für AMS

Für das AMS wird zwischen 2014 und 2018 insgesamt ein Mehraufwand von rund 280 Mio. Euro erwartet. Diese Mehrausgaben ergeben sich vor allem durch das Umschulungsgeld minus die Mehreinnahmen durch die Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Auf der anderen Seite werden Mehreinnahmen in ungefähr der gleichen Höhe erwartet - und zwar durch höhere Beiträge in anderen Bereichen der Sozialversicherung (Kranken-, Unfallversicherung) sowie durch höhere Lohnsteuereinnahmen.

Als flankierende Maßnahme erhält das AMS die Förderung und Wiedereingliederung von gesundheitlich beeinträchtigen Menschen in den Arbeitsmarkt als gesetzliche Aufgabe. Für gesundheitlich beeinträchtigte Arbeitslose, die bereits Notstandshilfe erhalten, werden die Freibeträge bei der Partnereinkommensanrechnung (derzeit 515 Euro) um 50 Prozent auf 772,50 Euro erhöht. Dadurch erhalten diese Menschen eine höhere Notstandshilfe. Laut Sozialministerium erhalten dadurch 800 Menschen rund 165 Euro netto mehr im Monat.

„Zweiter Arbeitsmarkt“ als Zwischenstufe zum Job

Ab 2013 wird der zweite Arbeitsmarkt (sozialökonomische Betriebe; gemeinnützige Beschäftigungsprojekte) für die Reintegration von Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausgebaut. Ziel ist ihre Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt. Förderungen wie die Kombilohnbeihilfe und das Arbeitstraining werden weiterentwickelt. Arbeitsmarktexperten erarbeiten Programme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.

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