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Wirtschaft sieht Reform als Mindestmaß

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) haben am Dienstag nach dem Ministerrat für die Reform der Invaliditätspension geworben. Für Faymann steht die neue Regelung unter dem Motto „Länger gesund arbeiten“. Schließlich wolle man nicht, wie andere Länder, den Kranken Leistungen solange kürzen, bis diese trotz ihrer Krankheit wieder arbeiten gehen.

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Spindelegger sprach von einer entscheidenden Veränderung, die helfen werde, das Pensionssystem funktionsfähig zu halten. Er geht davon aus, dass das reale Pensionsantrittsalter bis 2016 um 1,5 Jahre steigen wird, bis 2020 um drei bis vier Jahre. Nun gehe es in weiterer Folge darum, auch das „Pensionskonto“ umzusetzen, damit jeder Einzelne seine bisher erworbenen Pensionsansprüche dort einsehen könne.

Leitl fordert weitere Reformschritte

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sieht die am Dienstag in Begutachtung geschickte Reform der Invaliditätspension als „wichtigen Schritt, um das faktische Pensionsantrittsalter in Österreich anzuheben“. Angesichts des demografischen Wandels müsse man die Finanzierbarkeit des Pensionssystems sichern. Außerdem könne der Fachkräftebedarf der Wirtschaft besser gedeckt werden, wenn die Menschen länger im Erwerbsleben bleiben, so Mitterlehner in einer Aussendung am Dienstag.

Nicht ganz zufrieden mit der Reform zeigte sich die Wirtschaftskammer. Für Präsident Christoph Leitl (ÖVP) enthält der Entwurf zwar „richtige Reformschritte, denen aber unbedingt weitere folgen müssen“. Konkret will Leitl den aus seiner Sicht zu strengen Berufsschutz weiter aufweichen, weil dieser die Vermittlung von Versicherten in andere Berufe verhindere. Außerdem kritisiert Leitl in einer Aussendung die Anhebung der Notstandshilfe für rund 800 gesundheitlich Beeinträchtigte. Die Notstandshilfe sei in Österreich ohnehin überdurchschnittlich großzügig.

Für Industriellenvereinigung „überfällig“

Die Industriellenvereinigung (IV) begrüßt den Entwurf grundsätzlich. Das Ziel, Menschen länger gesund in Beschäftigung zu halten, sei „längst überfällig“, sagte Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung. Das Arbeitskräftepotenzial könne durch die geplanten Maßnahmen bei einem optimalen Zusammenspiel zwischen Pensionsversicherung, Arbeitsmarktservice und Rehabilitationseinrichtungen wesentlich gehoben werden.

AK will auch Arbeitgeber in die Pflicht nehmen

Auch auf der Arbeitnehmerseite fordert die Arbeiterkammer angesichts der Neuregelung der Invaliditätspension weitere Reformschritte. Konkret plädiert AK-Präsident Herbert Tumpel (SPÖ) in einer Aussendung am Dienstag für höhere Pensionsversicherungsbeiträge für Unternehmen, die zu wenige ältere Beschäftigte einstellen („Experience Rating“). Außerdem will Tumpel ein „wirksames Malussystem“ bei Kündigung älterer Arbeitnehmer und eine verpflichtende arbeitspsychologische Evaluierung von Arbeitsplätzen.

Auf den steigenden Anteil psychischer Erkrankungen bei den Anträgen zur Invaliditätspension verweist auch der ÖGB. Präsident Erich Foglar fordert diesbezüglich mehr Prävention am Arbeitsplatz. Die Reform begrüßt Foglar: Das Ziel der Sozialpartner sei immer Rehabilitation vor I-Pension gewesen. Er sieht allerdings auch die Unternehmen in der Pflicht: „Wenn die Wirtschaft nicht mehr altersgerechte Arbeitsplätze anbietet, werden die Menschen auch weiterhin frühzeitig aus ihrem Job ausscheiden müssen.“

Grundsätzliches Lob für die Reform kommt auch vom Seniorenrat. Die Präsidenten Karl Blecha (SPÖ) und Andreas Khol (ÖVP) sehen darin Schritte in Richtung eines längeren und gesunden Erwerbslebens. Die Begutachtung werde man allerdings dazu nutzen, um das Gesetz auf „eventuelle Tücken“ zu prüfen.

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