Museen profitierten von Arisierung
Von der „Arisierungspolitik“ der Nazis haben in Österreich die öffentlichen Sammlungen profitiert. Sie konnten nach dem Anschluss ihre Bestände dank der „Politik“ des Nationalsozialismus, wie der mittlerweile verstorbene Journalist Hubertus Czernin erinnerte, „billig und unkompliziert“ erweitern.
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Das Kunsthistorische Museum dankt noch heute den Förderern für die Vermehrung seiner Bestände. Unter den „Förderern“ sind auch jene einst enteigneten Besitzer von Kunstwerken, die nach 1945 das Museum „beschenkten“, damit man andere Kunstwerke aus dem eigenen Besitz aus Österreich ausführen durfte.
Vieles, etwa die Ausfuhrrestriktionen, änderten sich durch das Kunstrückgabegesetz 1998. Doch zahlreiche Kapitel der Enteignung jüdischer Sammler sind immer noch im Dunkeln.
Wie die Historikerinnen Gabriele Anderl und Alexander Caruso in ihrer Forschung („NS-Kunstraub in Österreich und die Folgen“) erinnern, hatte Österreich eine Sonderrolle im Umgang mit Kunstwerken im jüdischen Eigentum.
Andere Situation als in Deutschland
„Während in Deutschland die Museen 1937 systematisch von Werken sogenannter entarteter Kunst gesäubert worden waren, kam es im annektierten Österreich zu keiner vergleichbaren Entwicklung.“ Der Grund dafür sei die konservative Sammlungspolitik österreichischer Museen gewesen, aber auch, dass es eine radikale Avantgarde im österreichischen Kunstschaffen nur ansatzweise gegeben habe.
Die privaten Kunstsammlungen spiegeln diesen Konservativismus auch in gewisser Weise wider.
Kunst-„Verkauf“, um zu überleben
Schon in den ersten Wochen der NS-Herrschaft war die Pogromstimmung im Land sehr stark. „Angesichts der raschen und konsequenten Zerstörung ihrer materiellen Lebensgrundlage hatten sich Jüdinnen und Juden vielfach gezwungen gesehen, Kunstschätze aus ihrem Besitz unter dem tatsächlichen Wert zu veräußern, um ihr Überleben zu sichern oder die für die Flucht nötigen finanziellen Mittel aufzubringen“, so Anderl und Caruso.
Ein großer Teil der Kunstgüter kam auf den heimischen Kunstmarkt. Das Dorotheum half kräftig mit, jene den Juden billig abgekauften Güter an die neuen Besitzer zu vermitteln. Museumsfachleute waren für das Auktionshaus in der Nazi-Zeit tätig - und interessanterweise tauchen die gleichen Experten nach 1945 wieder als „Experten“ auf, als es um die Klärung von Herkunftsfragen ging.
Experte zweier Zeiten
Einer der „Hauptakteure bei der ‚Arisierung‘ der Wiener Kunstsammlungen“ war, so Czernin in seinem Buch über den Fall Bloch-Bauer („Die Fälschung“, 1999), der ehemalige Direktor der Staats- und Gemäldegalerie im Belvedere, Bruno Grimschitz: Grimschitz fungierte als Schätzmeister und half dem Belvedere und dem Kunsthistorischen Museum zwischen 1938 und 1945, deren Sammlungen preisgünstig zu erweitern.
Nach dem Krieg lobte sich Grimschitz in einer Stellungnahme für seine „ungewöhnlich reiche und weitgehend den nationalsozialistischen Richtlinien entgegengesetzte Erwerbungstätigkeit“. Die Ansicht, dass da einer vor allem mitgeholfen habe, jene von den Nazis beanstandeten Kunstwerke quasi in ihrem „Überleben“ gesichert zu haben, setzte sich nach dem Krieg als Meinung unter „Experten“ rasch durch.
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