Britische Notenbank unter Druck
Der Skandal um Zinsmanipulationen durch Großbanken schürt einem hochrangigen Vertreter der US-Notenbank Fed zufolge den öffentlichen Ärger über die Finanzbranche.
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„Die Enthüllungen sind im Großen und Ganzen eine weitere Episode, die das Vertrauen der Bevölkerung in die Finanzindustrie erschüttert“, sagte der Chef der Notenbank von Richmond, Jeffrey Lacker, Ende letzter Woche in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters.
Das System zur Festlegung der Zinsraten aufgrund von Schätzungen der Banken sei prädestiniert gewesen für Betrug. Im Libor-Fall werden mehrere Großbanken verdächtigt, den Referenzzinssatz mit falschen Angaben manipuliert zu haben, um ihre Refinanzierungskosten zu verschleiern und Gewinne zu machen.
Im Zentrum der Affäre stand zunächst die britische Großbank Barclays. Sie hat als erstes Geldhaus in den weltweit laufenden Untersuchungen ein Fehlverhalten einiger Händler eingeräumt und wurde zu einer Strafzahlung von fast einer halben Milliarde Dollar verdonnert.
Fed informierte Bank of England
Aus am Freitag veröffentlichten Unterlagen ging hervor, dass das britische Institut die US-Behörden schon 2007 über den Verdacht auf eine Zinsmanipulation informiert hat. Aus Reuters vorliegenden Dokumenten der New Yorker Fed war bereits zuvor ersichtlich geworden, dass die USA die britische Notenbank 2008 zu Änderungen bei der Festsetzung des Londoner Interbankenzinssatzes Libor gedrängt hatten. Mit dieser Enthüllung geriet die britische Notenbank zuletzt verstärkt in Erklärungsnot.
Als damaliger Fed-Regionalchef empfahl der heutige US-Finanzminister Timothy Geithner in einer privaten E-Mail an den Chef der Bank of England (BoE), Mervyn King, sechs Möglichkeiten, um die Glaubwürdigkeit des Libor-Satzes zu stärken, wie die Reuters vorliegenden Dokumente zeigen.
Geithner zeigt auf London
Die New Yorker Fed machte mit Nachdruck deutlich, dass sie auf erste Zweifel an der Festsetzung des Interbankenzinssatzes vor vier Jahren sofort reagiert habe. In einem zweiseitigen Memo, das der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, schlug Geithner dem BoE-Chef King unter anderem vor, so etwas wie Musterverfahren einzuführen, um den Libor festzusetzen, auch um unbeabsichtigte und vorsätzliche Falschmeldungen zu vermeiden.
Vorwürfe auch von Barclays
Die BoE hat bereits Andeutungen des Ex-Chefs der britischen Bank Barclays, Bob Diamond, zurückgewiesen, dass sie auf dem Höhepunkt der Finanzkrise falsche Angaben zur Ermittlung des Libor-Satzes gutgeheißen habe. Barclays hatte als erstes Geldhaus ein Fehlverhalten einiger Händler eingeräumt und wurde zu einer Strafe von einer halben Milliarde Dollar verdonnert. Diamond trat danach als Barclays-Chef zurück.
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