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Hoffen auf niedrigere Strafe

In der Affäre um manipulierte Zinssätze hofft die Deutsche Bank offenbar, mit einer Kronzeugenregelung billiger davonzukommen. Bei der EU-Kommission, die neben anderen Behörden ermittelt, sowie in der Schweiz habe Deutschlands größte Bank schon 2011 die Regelung beantragt und kürzlich erlangt, berichtet das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in seiner neuen Ausgabe.

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Die Bank hoffe auf möglichst geringe Schäden für Bilanz und Reputation, wenn sie bei den Ermittlungen helfe. Ein Konzernsprecher wollte den Bericht am Sonntag nicht kommentieren. Der Deutsche Bank und zahlreichen anderen Finanzkonzernen wird vorgeworfen, von 2005 bis 2009 den Libor mit falschen Angaben zu ihren Gunsten manipuliert zu haben.

Der Londoner Interbankenzinssatz wird einmal täglich ermittelt und zeigt an, zu welchen Konditionen sich die Institute untereinander Geld leihen. Er basiert auf individuellen Angaben der Banken und ist die Grundlage für Kredite an Unternehmen, Privatpersonen und weitere Finanztransaktionen in einem Volumen von 360 Billionen Dollar.

Anshu Jain, Juergen Fitschen und Josef Ackermann

Reuters/Alex Domanski

Ex-Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann (rechts) hat seinen Nachfolgern möglicherweise eine teure Suppe eingebrockt

Droht Strafe von einer Milliarde Dollar?

Dabei nahmen die Analysten die Summe von umgerechnet 450 Millionen Dollar als Basis, die britische und amerikanische Aufsichtsbehörden der Barclays Bank aufgebrummt hatten. Barclays war die erste Bank, die zur Rechenschaft gezogen wurde.

Daneben stehen weitere Banken aus Europa, den USA und Asien im Visier der Aufsichtsbehörden. Die finanziellen Belastungen für die Deutsche Bank könnten sich nach Schätzungen von Morgan Stanley auf gut eine Milliarde Dollar belaufen. Das sei aber eine grobe Berechnung, hieß es einschränkend.

20 Milliarden Strafe?

Laut einer Studie von Morgan Stanley könnten auf die im Libor-Skandal verdächtigen Banken insgesamt Strafen und Schadensersatzforderungen von 22 Milliarden Dollar zukommen.

Brüssel droht Banken mit Eingriffen

Brüssel untersucht nicht nur die mutmaßlichen Manipulationen, sondern droht den Großbanken auch mit eingreifenden Maßnahmen im Finanzsektor, um ähnlichen Missbrauch künftig zu verhindern. Die Untersuchungen konzentrierten sich auf ein mutmaßliches Kartell, das bei der Feststellung des Libor zusammengearbeitet habe, sagte EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia letzte Woche in Lissabon.

Sollte sich der Verdacht bestätigen, dass der Londoner Interbankenzinssatz Libor beeinflusst worden sei, „werden wir die notwendigen Schritte unternehmen, um einen Kulturwechsel im Bankensektor anzutreiben“, sagte Almunia weiter.

USA bereiten Klagen vor

Doch damit sind die Deutsche Bank und alle anderen betroffenen Geldhäuser nicht aus dem Schneider. Denn wie am Wochenende die „New York Times“ („NYT“) berichtete, bereitet das US-Justizministerium in der Affäre Strafverfahren gegen mehrere Banken und einige ihrer Angestellten vor. Im Verlauf des Jahres solle zumindest gegen eine Institution Klage eingereicht werden, berichtete die „NYT“ unter Berufung auf Regierungskreise.

Unter den betroffenen Einzelpersonen seien auch Händler der britischen Großbank Barclays. Einige Finanzinstitute, darunter mindestens zwei europäische Geldhäuser, arbeiteten bereits an Vergleichen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Anwälte weiter. Unklar ist, ob eine davon die Deutsche Bank ist.

Auch Barclays, die als erstes Geldhaus ein Fehlverhalten einiger Händler eingeräumt hat und von Behörden in den USA und Großbritannien zu einer Strafe von einer halben Milliarde Dollar verdonnert wurde, ist nicht vor Strafverfolgung geschützt. Da die Untersuchungen in dem Fall ungewöhnlich komplex sind, könnten die Verfahren jedoch über Jahre laufen. Daher ist der Zeitung zufolge eher mit Vergleichen zu rechnen als mit Klagen.

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