Erster frei gewählter Präsident Ägyptens
Der neue ägyptische Präsident Mohammed Mursi hat bei seiner Vereidigung den Ägyptern versprochen, dass nun der „Grundstein für ein neues Leben, vollständige Freiheit und echte Demokratie“ gelegt worden sei. Seinen Amtseid leistete Mursi vor rund einer Woche vor dem Verfassungsgericht in Kairo.
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Bei einer Militärzeremonie gab die mächtige Armee, die sich erst kürzlich umfangreiche Befugnisse gesichert hatte, offiziell die Macht an den neuen Staatschef ab. Der frühere Muslimbruder Mursi wollte seinen Amtseid ursprünglich vor dem Parlament ablegen. Die von den Muslimbrüdern dominierte Volksvertretung wurde vom Obersten Militärrat jedoch zuvor aufgelöst. Mursi lenkte im Ringen mit den Militärs schließlich ein und stimmte der Zeremonie im Verfassungsgericht zu.
Macht weiter beim Militär?
In seiner ersten Rede als Präsident kündigte der Islamist an, einen „zivilen und modernen Verfassungsstaat“ führen zu wollen. „Die gewählten Institutionen werden ihre Aufgabe wieder wahrnehmen, und auch die großartige ägyptische Armee wird zu ihrer Aufgabe zurückkehren, die Sicherheit und die Grenzen des Landes zu schützen“, sagte Mursi in der Kairoer Universität vor Hunderten Zuhörern, darunter auch Militärratschef Hussein Tantawi.
Auf einem Armeestützpunkt außerhalb der Hauptstadt gab Tantawi später offiziell die Macht an den neuen Staatschef ab. Die Armee werde immer „an der Seite des neuen, vom Volk gewählten Präsidenten sein“, sagte der Marschall.
Mursi ist der erste frei gewählte Präsident Ägyptens nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Hosni Mubarak im Februar 2011. Mit einem umstrittenen Zusatz zur Verfassung hat die Armee seine Position jedoch erst kürzlich deutlich geschwächt. Die Amtszeit des Präsidenten beträgt vier Jahre.
Stichwahl gegen Ex-Premier Schafik
Mursi hatte sich in der Stichwahl Mitte Juni gegen den vom Militär favorisierten Ex-General Ahmed Schafik durchgesetzt. Der frühere Luftwaffenchef war der letzte Regierungschef unter Mubarak gewesen. Mursi ist der erste Zivilist, der das höchste Staatsamt seit der Abschaffung der Monarchie nach dem Thronverlust von König Faruk 1952 innehat.
Die bisherigen Präsidenten der Republik - Mohammed Naguib, Gamal Abdel Nasser, Anwar Sadat und Hosni Mubarak - stammten alle aus der Armee. Dem ägyptischen Militär, das über ein Industrieimperium verfügt, 40 Prozent der Wirtschaft des Landes kontrolliert und von 1,5 Milliarden Dollar US-Militärhilfe jährlich profitiert, wird von seinen Kritikern vorgeworfen, Mubaraks alte Seilschaften an der Macht zu halten.
Die Muslimbruderschaft hatte zunächst verkündet, sie wolle keinen eigenen Kandidaten für das Präsidentenamt aufstellen. Dann nominierte sie Chairat al-Schater, der jedoch von der Wahlkommission abgelehnt wurde. Als Ersatzkandidat sprang Mursi ein. Der Ingenieur saß für die damals offiziell verbotenen Muslimbrüder von 2000 bis 2005 als formal Unabhängiger im Mubarak-Parlament. 2011 wurde er Vorsitzender des politischen Flügels der Bruderschaft, der Partei für Freiheit und Gerechtigkeit, und warb in seinem Wahlkampf für eine „islamische Renaissance“.
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