Äußerst kaltblütiges Vorgehen
Eine Geiselnahme in der deutschen Stadt Karlsruhe (Baden-Württemberg) hat am Mittwoch mit fünf Toten geendet. Ein Mann, der aus einer Wohnung delogiert werden sollte, erschoss vier Menschen, die er zuvor als Geiseln genommen hatte, und anschließend sich selbst. Unter den Toten befindet sich laut Behörden auch die Lebensgefährtin des Mannes.
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Der Leitende Oberstaatsanwalt in Karlsruhe, Gunter Spitz, erklärte anlässlich einer Pressekonferenz am Nachmittag, er gehe „nach jetziger Sachlage“ davon aus, dass der Mann „Geiselnahme und sogar Mord“ an den Personen geplant gehabt habe.
Bei den Opfern des 53-Jährigen handle es sich um einen Gerichtsvollzieher, einen Mitarbeiter eines Schlüsseldienstes, den neuen Wohnungsbesitzer sowie die bisherige Wohnungsinhaberin und Lebensgefährtin des Täters, teilten die Justizbehörden mit. Einen Mitarbeiter des Karlsruhers Sozialamtes habe der Geiselnehmer laufen lassen. Dieser habe dann die Polizei informiert. Auf seine Aussagen bezogen sich auch die ersten Detailinformationen der Ermittlungsbehörden zu der Tat.
Schwer bewaffnet mit Geiseln verschanzt
Der Täter hatte sich seit etwa 8.00 Uhr mit den Geiseln in dem Haus in der Karlsruher Nordstadt verbarrikadiert, nachdem die Wohnung zwangsgeräumt werden sollte. Laut Polizei war er schwer bewaffnet, unter anderem mit zwei Pistolen, einem Schrotgewehr, einem weiteren Gewehr sowie einer großen Menge Munition. Neben den Waffen habe sich der Mann Fesselmaterial bereitgelegt gehabt - was für eine geplante Tat spricht. Bei der Durchsuchung der Wohnung fanden die Beamten außerdem eine Übungshandgranate.

dapd/Daniel Kopatsch
Der Tatort in der Karlsruher Nordstadt wurde großräumig abgeriegelt
Selbstmord mit Schrotflinte
Die Karlsruher Ermittler sprachen von einer „regelrechten Hinrichtung“ der vier Geiseln. Der Täter habe dem Gerichtsvollzieher erst zweimal in die Oberschenkel geschossen. Dann musste der ebenfalls als Geisel genommene Schlüsseldienstmitarbeiter die anderen Opfer fesseln. Als er zu flüchten versuchte, schoss der Täter laut Polizei mehrmals auf ihn. Zwei Geiseln tötete der 53-Jährige mit einem Kopfschuss, seine Lebensgefährtin starb durch einen Schuss in den Bauch. Der Täter selbst schoss sich mit einer Schrotflinte in den Kopf.
Vergeblicher Versuch zu Kontaktaufnahme
Als Einsatzkommandos - speziell geschulte Beamte hatten zuvor erfolglos versucht, mit dem Geiselnehmer telefonisch Kontakt aufzunehmen - die Wohnung gewaltsam öffneten, seien die Geiseln und der Täter bereits tot gewesen. Die Leiche der Frau fanden die Beamten erst nach einer Durchsuchung der Räumlichkeiten. Grund für den Sturm der Wohnung war Brandgeruch in dem Mehrparteienhaus in der Karlsruher Nordstadt. Der Geiselnehmer hatte einen Teppich in Brand gesetzt.
Der Mann lebte laut Angaben der Polizei zum Teil im ostfranzösischen Elsass und war arbeitslos. Woher er die Waffen hatte, ist unklar. In ersten Meldungen, wo noch von einem, später vier Toten die Rede gewesen war, hatte es geheißen, er sei Jäger gewesen. Seine Lebensgefährtin, die Wohnungseigentümerin, war 55 Jahre alt. Der 47 Jahre alte Gerichtsvollzieher und der 33 Jahre alte Mitarbeiter des Schlüsseldienstes hinterlassen Familien mit Kindern.
Großaufgebot an Einsatzkommandos
Die Polizei hatte während ihres Einsatzes den Tatort, in dessen Nähe sich zwei Schulen und ein Kindergarten befinden, großräumig abgesperrt. Mehrere Häuserblocks in der Nordstadt wurden evakuiert. Anrainer durften sicherheitshalber nicht in ihre Häuser. Laut Angaben der Behörden in Karlsruhe waren insgesamt 200 Beamte an Ort und Stelle im Einsatz - davon auch je 40 Beamte der Spezialeinheiten SEK (Spezialeinsatzkommando) und MEK (Mobiles Einsatzkommando).
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