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Entscheidendes Treffen in Genf

Nach Monaten der geopolitischen Pattstellung ist der Syrien-Gipfel in Genf am Samstag wohl einer der wichtigsten Momente, die noch zu einer Befriedung des Syrien-Konflikts mit internationaler Hilfe führen könnten. Am Ende soll ein Plan zur Bildung einer syrischen Einheitsregierung stehen, der sowohl Vertreter des bisherigen Regimes als auch Oppositionskräfte angehören sollen.

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Am Freitag wurde auf diplomatischer Ebene in Vorgesprächen um den Plan gekämpft, der vom UNO-Sondergesandten Kofi Annan vorgelegt worden war. Während sich Annan und seine Mitarbeiter selbst in Zweckoptimismus übten, berichteten Diplomaten von einem aufreibenden Verhandlungspoker im Hintergrund. US-Medien stilisierten das Treffen zum „Showdown“ zwischen US-Außenministerin Hillary Clinton und ihrem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow hoch.

Ringen um neuen Plan von Annan

Allein, dass Russland über den Plan zum „sanften Abgang“ des bisherigen Regimes redet, ist jedoch bemerkenswert. Außerdem sitzen bei der Genfer Konferenz die maßgeblichen Kräfte am Tisch - neben den fünf UNO-Vetomächten USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und China auch die Anrainerstaaten Türkei, Kuwait und Katar sowie der Generalsekretär der Arabischen Liga. Dass Moskau - zwar unter Protest, aber doch - akzeptierte, dass der Iran nicht eingeladen wurde, ist ein weiteres Indiz dafür, dass Russland von seiner bisher strikten Blockadepolitik abgehen könnte.

Der neue Annan-Plan sieht die Bildung einer Übergangsregierung der nationalen Einheit vor. Die syrische Opposition will jedoch keinesfalls Teil eines Kabinetts unter Führung von Präsident Baschar al-Assad sein. „Wie könnten wir akzeptieren, dass dieser Schlächter dadurch weiter an der Macht bleibt?“, zitierte die deutsche Nachrichtenagenur dpa Nadschi Taira, ein Mitglied des oppositionellen Syrischen Nationalrats (SNC). In Annans Plan gebe es einen Passus, der das verhindern würde - genau diesen Punkt will Moskau aber weiterhin nicht akzeptieren.

Versteckte Anspielung auf Assad?

Gemäß Annans Plan wäre jeder von der Übergangsregierung ausgeschlossen, „dessen weitere Anwesenheit und Beteiligung die Glaubwürdigkeit des Übergangs unterminieren und die Stabilität und Aussöhnung aufs Spiel setzen würde“. Obwohl davon etwa auch radikalislamische Kräfte in der syrischen Opposition betroffen wären, will Russland diesen Passus nicht akzeptieren: Laut Diplomaten will Moskau nur Formulierungen zustimmen, die auf keinen Fall als Aufforderung an Assad ausgelegt werden könnten, die Macht abzugeben.

Hinter vorgehaltener Hand sollen in Genf allerdings auch Diplomaten zugegeben haben, dass mit der Formulierung in Wirklichkeit Assad gemeint sei. Dem Vernehmen nach beharrten die USA, Großbritannien und Frankreich allerdings auf der Formel. Ein anonym bleiben wollender arabischer Diplomat sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, die „Dinge werden nach diesem Treffen wohl klarer“ sein. Annan zeigte sich von dem Ringen demonstrativ unbeeindruckt. Aus seiner Sicht handelte es sich um „Gespräche nach Plan“.

Assad zeigt sich unbeeindruckt

Assad zeigte sich indes weiterhin zu keinerlei Kompromissen bereit. Das iranische Fernsehen strahlte am Donnerstagabend ein Interview mit ihm aus, in dem er meinte, man werde „keine von außen aufgezwungenen Lösungen akzeptieren, egal, ob sie von Großmächten oder von befreundeten Staaten kommen“. Für das Scheitern des früheren Sechspunkteplans von Annan, der eine allseitige Waffenruhe und darauf folgende Verhandlungen vorgesehen hatte, machte Assad einmal mehr „Terroristen“ verantwortlich - womit in der Diktion seines Regimes die Aufständischen gemeint sind.´

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