„Müssen etwas Besonderes bieten“
Seit mehreren Jahrzehnten sorgen Wasserrutschen in Bädern für rasante Abwechslung zum Beckenschwimmen. Die Nachfrage nach neuen Typen von Rutschen blieb dabei stets hoch. Während vor 30 Jahren zwei bis drei verschiedene Rutschentypen gebaut wurden, sind es heute Dutzende. Das Angebot ist vielfältig und der Drang der Bäder, etwas Besonderes anzubieten, größer als je zuvor.
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Denn Wasserrutschen sind zu einem wichtigen Erfolgsmerkmal von Themenparks, Hotelanlagen und Bädern aller Art geworden. Nachdem der Markt für solche Freizeitangebote schon vor Jahrzehnten gesättigt schien, haben sich Wasserrutschen in den letzten Jahren zu publikumsbringenden Attraktionen gemausert, mit denen sich ein Schwimmbad oder eine Hotelanlage von der Konkurrenz abheben kann. Dabei kommt es immer öfter vor, dass Betriebe nachrüsten und plötzlich Wasserrutschen aus einem Gebäude „herauswachsen“. Ob nachjustiert oder mit neuen Anlagen aufgerüstet: Zwischen den Freizeitanlagen ist ein regelrechter Wettbewerb ausgebrochen.
Looping mit bis zu 65 km/h
Entsprechend ungebrochen ist das Bestreben, immer aufregendere Rutschentypen zu bauen. Als letzter Schrei gilt etwa eine Rutsche mit eingebautem Looping, die europaweit immer öfter aufgestellt wird. In Österreich finden sich derzeit zwei dieser High-End-Anlagen: Zum einen in Altenmarkt im Salzburger Pongau, zum anderen in Wörgl, wo in der Anlage L2 gar zwei Loopings verbaut sind.

Therme Amade
Drang nach Adrenalinausstößen: Wasserrutschen mit eingebauten Loopings
Hier sollte man aber durchaus mutig sein, denn das Rutscherlebnis beginnt mit dem Öffnen einer Falltür, danach „fällt“ man 14 Meter senkrecht in die erste Beuge der Rutschenschale. Die Geschwindigkeit von bis zu 65 km/h gewährleistet dann das Überwinden des Loopings. Auch ein Sicherheitsmechanismus ist eingebaut - eine Ausstiegsklappe am untersten Bereich, die sich bei Bedarf automatisch öffnet. Ähnlich spektakulär ist die „Freefall-Rutsche“ im Tiroler Ötztal konstruiert, auch hier erfolgt der Start im freien Fall, laut Angaben des Betreibers der Area 47 erreichen die Rutschenden gar bis zu 80 km/h.
Vom Reifen bis zum Trichter
Immer beliebter werden auch breiter gebaute Anlagen, durch die mittels eines Reifens - besetzt mit mehreren Personen - hindurchgerutscht werden kann. Doch die Vielfalt geht noch weiter: Ebenso beliebt sind, besonders in Hallenbädern, Trassen mit Lichteffekten und Outdoor-Rutschen, in denen zwei Personen um die Wette rutschen können. Dabei kann sogar eine Anlage zur Zeitmessung installiert werden.
Im Trend liegen auch sogenannte Trichterrutschen: Der Benutzer gelangt nach rascher Beschleunigung in einen großen, kesselförmigen Rutschentrichter, in dem er sich in kreisförmigen Bewegungen dem Loch in der Mitte des Trichters nähert und dann in ein darunterliegendes Wasserbecken fällt. Ebenso werden Rutschen mit rasch aufeinanderfolgenden Richtungsänderungen sowie eingebauten Schanzenkonstruktionen besonders stark nachgefragt.

Sonnentherme Lutzmannsburg
Wild geschlungen: die 141 Meter lange Rutsche in der Therme Lutzmannsburg
Eine architektonisch aufsehenerregende Rutsche gibt es beispielsweise in der Therme Lutzmannsburg, wo sich die Schalenanlage entlang eines 23 Meter hohen Turmes nach unten schlängelt und in einen wiederum schlangenlinienförmig geführten Rutschenauslauf übergeht - und das auf insgesamt 141 Metern Länge. Zudem beherbergt Lutzmannsburg neben einer 202 Meter langen Indoor-Rutsche seit kurzem auch die längste Rutsche Österreichs: sie bringt es auf satte 270 Meter.
Trend zur gewinnbringenden Mischung
Das Angebot an Wasserrutschen folgt in Österreich aber nicht ausschließlich dem Drang nach besonders extremer Bauart, vielfach geht es für Bäder und Hotels darum, eine gewinnbringende Mischung anzubieten und möglichst alle Altersgruppen anzusprechen. „Die Anlagenbetreiber stehen im ständigen Wettbewerb und orientieren sich besonders an umliegenden Anlagen“, so Manfred Schmudermayer, der als Anlagenbauer den Markt kennt und dessen Unternehmen europaweit bereits etwa 1.000 Anlagen installiert hat.
„Dabei geht es für Bäder oft darum, sich mit den Rutschentypen in eine andere Richtung zu orientieren als die unmittelbare Konkurrenz, um ein anderes Publikum anzusprechen - jedenfalls müssen Betriebe unbedingt etwas Besonderes anbieten“, so Schmudermayer weiter. Es steht die Idee im Vordergrund, mit mehreren verschiedenen Anlagen ein möglichst großes Publikum anzusprechen - ein breites „Rutschenportfolio“ für alle Ansprüche zu bieten.
Bei ausgefallenen Rutschen sollte auf einen wichtigen Faktor nicht vergessen werden: Solche Anlagen - wie beispielsweise Loopingrutschen - bieten aufgrund der Sicherheitsbestimmungen keinen hohen Durchsatz (Zahl der Personen, die gleichzeitig rutschen können, Anm.). „Weil dieser Anlagentyp nicht von mehreren Personen zugleich benutzt werden darf, geht der Trend zur Errichtung mehrerer Anlagen nebeneinander - beispielsweise der Installation einer zusätzlichen, konventionellen Rutsche mit viel höherem Durchsatz“, sagte Schmudermayer.
Wellness und Rutschen
Die starke Renaissance von Wasserrutschen hat ihren Ursprung in der Wellnessbewegung. So haben Spas und Thermenhotels erkannt, dass Ruhe und Entspannung oft nur dann garantiert ist, wenn das Angebot auch Rutschenanlagen mit einschließt. Während Eltern nach Ruhe und Entspannung suchen, sind die Kinder unterdessen beschäftigt.
Gütekriterium in Ferienanlagen
Auch bei Ferienanlagen wurde dieser Trend in den letzten Jahren klar sichtbar: Besonders in der Türkei sprießen in den Arealen der meisten Hotelanlagen an der türkischen Riviera schlängelnde Ungetüme aus dem Schwimmbecken hervor.
„Während der Trend zur Wasserrutsche in Spanien, Griechenland und vielen anderen Urlaubsländern nicht berücksichtigt wurde, hat die Türkei die potenzielle Nachfrage sofort erkannt“, weiß Anlagenbauer Schmudermayer. Für die dichte Bebauung mit Rutschenanlagen sorgt dort ein türkisches Unternehmen, wobei dieses eine Spitzenposition auf dem gesamten europäischen Markt einnimmt.

Holiday World & Splashin' Safari
Die „Mammoth“-Rutsche in den USA ist über einen halben Kilometer lang
537 Meter, über 100 km/h
Während hierzulande die richtige Mischung verschiedener Angebote im Vordergrund steht, jagen Länder wie China Japan und den USA scheinbar ausschließlich Höhen-, Weiten- und Längenrekorde. Die Technologien unterscheiden sich dabei nicht wesentlich, nur ist der Drang noch ausgeprägter, schnellere und atemberaubendere Rutschen zu konstruieren.
Im US-Bundesstaat Indiana wartet der „Holiday World & Splashin’ Safari“-Themenpark mit den weltweit längsten Rutschen auf: „Wildebeest“ und „Mammoth“ - 520 beziehungsweise 537 Meter lang. Als die höchste Anlage außerhalb der USA gilt die „Insano“ in der brasilianischen Stadt Fortaleza. Die Rutschschale verläuft über die ersten 41 Meter annähernd senkrecht, der Betreiber gibt die Maximalgeschwindigkeit mit über 100 km/h an.
Auch Europa lechzt nach Rekorden
Doch auch Europa hält mit, wenn es um das Streben nach Rekorden geht: Eine der Hauptattraktionen in Teneriffas Siam Park ist der „Tower of Power“ mit einer Rutsche, in der man 28 Meter im freien Fall überwindet. Nach der Landung führt der Weg in einem Plexiglastunnel durch ein Becken mit Alligatoren und Fischen.
Doch in Europa muss man nicht weit fahren, um zur höchsten Wasserrutsche der Welt zu gelangen: Der „Spacemaker“ im italienischen Jesolo ist mit seinen 42 Metern Höhe die höchste Wasserrutsche der Welt. Gut mithalten kann dabei auch Erding in Deutschland, wo sich 20 Anlagen - teilweise ineinander verwoben - auf insgesamt 1.700 Rutschenmeter addieren.
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