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Der Schriftsteller als Historiograf

Wirklich berühmt geworden ist die Schlacht von Borodino erst durch die ausführliche Schilderung in Lew Tolstois Weltroman „Krieg und Frieden“ (Woina i mir, 1868/69). Tolstoi, der den Krieg zunächst als feindlichen Akt Frankreichs gesehen hatte, erkannte in der Auseinandersetzung zwischen Napoleon und Alexander nicht zuletzt einen unvermeidlichen Kampf um die Vorherrschaft in Europa.

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Am 7. September 1812 prallten Napoleons Grande Armee und die russische Armee unter General Michail Kutusow etwa 100 Kilometer westlich von Moskau aufeinander. Nach stundenlangem Gemetzel konnten die Franzosen die Russen in die Flucht schlagen, der Weg nach Moskau war offen.

Das Schlachtgeschehen und die Ameisenperspektive

Auffällig ist vor allem Tolstois Erzählform der Schlacht mit wechselnden Perspektiven. Außer der Sicht der Feldherren Napoleon (der von der Sonne geblendet wird und nichts sehen kann) und Kutusow steht die Hauptfigur Pierre Besuchow im Mittelpunkt. Der zivile Beobachter erlebt die Schlacht aus nächster Nähe und hat keinen Überblick über taktische Zusammenhänge. Diese Ameisenperspektive ist für Tolstoi die einzige, die dem Menschen gegeben ist.

Tolstoi spielt mit dieser Mischung aus Nähe und Ferne. Zunächst beschreibt er über mehrere Seiten das militärische Panorama, das sich vor Pierre auftut. Schließlich gerät das Standbild in Bewegung, die ersten Schüsse fallen. Aus der Ferne - so macht Tolstoi glauben - ist eine Schlacht berauschend schön.

Handlung quasi in Echtzeit

Umso drastischer ist dann die Schilderung des Nahkampfs. Selbst schlachtenerfahren - der Schriftsteller hatte am Krim-Krieg teilgenommen - dehnt Tolstoi die Erzählzeit außergewöhnlich lange aus. In Echtzeit erleidet der Leser den Kampf und das Sterben mit.

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