James Joyce und die „Tribute von Panem“
Gerade am Strand sind Hörbücher praktisch. Der MP3-Player oder das Handy sind ohnehin dabei - und auf der Liege ist Lesen nicht immer bequem. Wer die Nase rümpft und Hörbücher als minderwertig ansieht, dem seien 156,5 Stunden mit Marcel Proust empfohlen.
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Aber es müssen nicht immer gleich Proust und James Joyce sein - die Hörbücher der Saison bieten auch Spaß und Spannung.
Tierschützer als neue Hippies
T. C. Boyles Ökothriller und Gesellschaftsroman „Wenn das Schlachten vorbei ist“ ist mit viel literarischer Handwerkskunst geschrieben - er unterrichtet Kreatives Schreiben und weiß, wie man einen Spannungsbogen aufrechterhält. Die Geschichte ist klar strukturiert und lässt sich hervorragend als Hörbuch genießen. Gelesen wird sie vom „Tatort“-Pathologen Jan Josef Liefers, der vom Typ her gut zu Boyle passt. Die „Brigitte“ schrieb: „Zwei wie Gin und Tonic.“ Prost!
T. C. Boyle: Wenn das Schlachten vorbei ist. Gelesen von Jan Josef Liefers. Der Hörverlag, acht CDs, 24,99 Euro.

ORF.at/Thomas Hangweyrer
156,5 Stunden mit Proust
Es muss ein Gewaltakt sondergleichen gewesen sein. Peter Matic las in 156,5 Stunden Marcel Prousts Meisterwerk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ ein. Die postmoderne Assoziationskette eines Ich-Erzählers über eine Kindheit im „alten“ Frankreich am Land und über die Salons von Paris lassen ein vielgestaltiges Bild des Bürgertums zur Zeit des Fin de siecle entstehen. Kritiker von Hörbüchern halten so etwas für Gotteslästerung. Ihnen sei entgegengehalten, dass gerade hier, wo Literatur dem Jazz näher ist als altbekannten Narrativen, eine auditive Annäherung besonders viel Sinn ergibt.
Marcel Proust: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Der Hörverlag, 18 CDs, 189 Euro.
Joyce: Eine Annäherung als Hörbuch
James Joyce’ erstes Buch „Dubliner“ gilt als Schlüssel, das verrätselte Werk des Autors von „Ulysses“ zu verstehen. Ulrich Lampen inszeniert es als Hörbuch, das in verteilten Rollen originalgetreu vorgelesen wird – das heißt: nicht die Dialoge werden einzelnen Schauspielern zugeordnet, sondern der Erzählfluss gesplittet. Im Dublin von Joyce begegnet uns ein Bürgertum, das den Kräften der Aufklärung ausgesetzt ist – und standhält. Joyce’ Tabubrüche – etwa wenn er über sexuelle Belästigung Jugendlicher schreibt – haben nichts an Aktualität eingebüßt.
James Joyce: Dubliner. In Szene gesetzt von Ulrich Lampen. Hörverlag, acht CDs, 39,99 Euro.
„Die Tribute von Panem“ - auch für Erwachsene
Die drei Bände der dystopischen Fantasysaga „Die Tribute von Panem“ sind zwischen 2008 und 2010 erschienen. Vor Kurzem sorgte der Film vor allem bei jungen Jugendlichen für Furore - und einen neuerlichen Hype. Hoch im Kurs stehen bei Youngsters dabei die Hörbuchfassungen - es gibt sie längst gekürzt als CDs (pro Band sechs Stück) und ungekürzt als MP3-Downloads. Sie sind professionell eingelesen und sorgen dafür, dass man auch als Erwachsener plötzlich das Jugendzimmer des Nachwuchses nicht mehr verlassen möchte.
Suzanne Collins und Maria Koschny: Die Tribute von Panem 1, 2 und 3. Hörbuch-Download der ungekürzten Ausgaben, Oetinger Media, pro Band 20,95 Euro (insgesamt also 62,85 Euro).
Der Beatnik der Spätromantik
Ein Hobo, ein Beatnik, ein junger Casonova, zieht durch die Welt und ignoriert jede kirchlich-moralische Vorstellung vom richtigen Leben. Von zu Hause war der „Taugenichts“ weggeschickt worden, damit er lernt, was es heißt, sich durchboxen zu müssen. Die Geschichte spielt nicht in den 60ern, sondern ist Joseph von Eichendorffs Glanzstück der Spätromantik aus den 1820ern. Abenteuerlich, klug und romantisch - eine nicht mehr ganz frische, aber sehr hörenswerte CD-Version lädt zum Wiederentdecken ein.
Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts. Hörgut Verlag, drei CDs, 9,95 Euro.
Simon Hadler, ORF.at
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