„Keine Risiken“ mit Monti
Ist nach Griechenland, Portugal, Irland und Spanien nun Italien der nächste Rettungskandidat? Die Unruhe auf den Finanzmärkten wächst. Am Mittwoch waren von mehreren Seiten beschwichtigende Worte zu hören. Man könne „ein Land leicht ins Schleudern bringen, wenn man pausenlos etwas Negatives dazu sagt“, sagte etwa RZB-Chef Walter Rothensteiner.
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Offenbar machten einige Spekulanten Italien vorsätzlich schlecht. Rothensteiner hält die Ängste um Italien für unnötig. Auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble stärkte dem italienischen Regierungschef Mario Monti in der Schuldenkrise den Rücken. Wenn das Land Montis Kurs folge, wird es laut Schäuble „keine Risiken geben“. Italien müsse aber die von Monti angeschobenen Reformen umsetzen, um nicht doch das nächste Land zu werden, das von der Euro-Schuldenkrise angesteckt wird, so Schäuble gegenüber der italienischen Zeitung „La Stampa“ (Mittwoch-Ausgabe).
„Nicht besonders lustig“
Unterdessen zeigte sich auch Monti selbst überzeugt, dass die drittgrößte Euro-Volkswirtschaft keine Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds benötigen werde. „Ich verstehe, dass man Italien durch seine Vergangenheit als lustiges, undiszipliniertes Land begreifen kann“, räumte Monti ein. „Aber momentan ist Italien disziplinierter als viele andere europäische Länder - und es ist auch nicht besonders lustig. Aber es unternimmt die richtigen Dinge, um ein solides Land zu werden.“

APA/EPA/Alessandro di Meo
Mario Monti verteidigt Italiens wirtschaftliche Position
Zwar habe das Land eine hohe Staatsverschuldung, sagte Monti dem ARD-Hörfunk in Rom. „Wenn wir über Verschuldung sprechen, hat Italien auf der anderen Seite sehr geringe Privatschulden - im Gegensatz zu anderen Ländern. Auch Unternehmen und Familien sind wenig verschuldet.“ In jedem Fall sei die Haushaltspolitik inzwischen eine andere. „Der Staatshaushalt wird dieses Jahr mit einer nur geringen Neuverschuldung abgeschlossen, mit zwei Prozent.“ Und im kommenden Jahr werde es einen Überschuss geben.
Attacken „nicht zu rechtfertigen“
Die jüngsten Attacken gegen Italien kann auch der OECD-Chefvolkswirt Pier Carlo Padoan nicht nachvollziehen: „Es gibt keine Veränderung der Fundamentaldaten des Landes, die eine Attacke auf Italien rechtfertigen könnten“, sagte er gegenüber der Zeitung „Il Messagero“ (Mittwoch-Ausgabe). Italien sei zu Unrecht im Visier der Finanzmärkte. Auch er lobte die Sparanstrengungen Italiens.
Das Land gehöre zu den OECD-Staaten, die sich dem Ziel einer Stabilisierung der Schulden am stärksten angenähert hätten, von den Turbulenzen in Spanien bleibe aber auch Italien nicht verschont. Aber: „Lässt man die Ansteckungseffekte beiseite, waren die bisher ergriffenen Schritte zur wirtschaftlichen Erholung die richtigen.“
Monti: Italien zahlt doppelt
Monti meinte sogar, dass Italien derzeit im Prinzip doppelt zahle. Das werde auch in Deutschland derzeit nicht gesehen: einerseits die Anteile für die Rettung anderer kriselnder Euro-Staaten, andererseits höchste Zinsen für Staatsanleihen. „Grund dafür ist die angespannte Lage auf den Finanzmärkten.“
Monti forderte die EU auf, beim nächsten Gipfel wachstumsfördernde Maßnahmen zu ergreifen, um die Finanzspekulation zu stoppen: „Was den Finanzmärkten und den Ratingagenturen Sorge bereitet, ist das niedrige Wachstum. Mit mehr Wachstum werden auch die Zinssätze sinken, und die Unternehmen werden es bei ihren Investitionen einfacher haben.“
Hohe Renditen
Die Finanzmärkte bereiten auch in Italien Kopfzerbrechen, trotz aller Beruhigungsversuche. Auch OECD-Ökonom Padoan erwartet „harte Konsequenzen“ für Italien, sollten die Refinanzierungskosten auf Dauer auf dem derzeit hohen Niveau bleiben.
Italien kann sich aber noch über den Kapitalmarkt finanzieren. Am Mittwoch sammelte das hoch verschuldete Land 6,5 Mrd. Euro ein. Die durchschnittliche Rendite für einjährige Papiere stieg auf 3,97 Prozent. Bei der vorigen Emission lag der Zins nur bei 2,34 Prozent. Entscheidend wird der Donnerstag, wenn länger laufende Anleihen versteigert werden sollen. Italiens zehnjährige Bonds lagen bei einer Rendite von 6,317 Prozent zeitweise so hoch wie seit Ende Jänner nicht mehr.
Hilfe „keine Schande“
Er habe bereits von vielen Seiten den Ratschlag erhalten, beim Internationalen Währungsfonds (IWF) um Hilfe für Italien zu bitten, so Monti: „Es ist keine Schande, wenn einem geholfen wird.“ Eine allgemeine Hilfe, die nicht auf den Bankensektor abzielt, würde jedoch bedeuten, die eigene Souveränität an IWF, EZB und EU-Kommission zu übergeben. Monti: „Das hat Italien abgewendet.“
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