Wahlkollegium wählt Präsidenten
Das US-amerikanische Wahlsystem ist aus europäischer Sicht voller Eigenarten: So wird der Präsident der USA nicht direkt vom Volk, sondern indirekt über ein Wahlkollegium gewählt. Dabei kann es passieren, dass eine Mehrheit an Stimmen einen Kandidaten nicht automatisch zum Sieger macht. Das erklärt auch die besondere Bedeutung der „Swing-States“, jener Bundesstaaten, in denen Mehrheiten wechseln können.
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Jeder einzelne Staat und der District of Columbia (DC) mit der Hauptstadt Washington stellen im „Electoral College“ (Wahlkollegium) so viele Wahlmänner und -frauen, wie sie Abgeordnete in beiden Häusern des Parlaments haben - also unterschiedlich viele, berechnet nach der Einwohnerzahl des jeweiligen Staates. An der Spitze liegt der Bundesstaat Kalifornien mit 55 Wahlmännern, danach folgt Texas mit 38, gefolgt von New York und Florida mit jeweils 29. Die Bedeutung der einzelnen Bundesstaaten für das Gesamtresultat ist also höchst unterschiedlich.
Wähler setzen Wahlkollegium zusammen
Bei Präsidentschaftswahlen wird also genau genommen nicht der Präsident gewählt, sondern die Wähler entscheiden lediglich über die Zusammensetzung des „Electoral College“ mit seinen 538 Mitgliedern. Prinzipiell richten sich seine Mitglieder bei der Kür des Präsidenten nach dem Votum der Wähler. Zwingend vorgeschrieben ist das allerdings nicht in allen Staaten. Es gab in der Vergangenheit auch wiederholt Abweichungen, was aber bisher stets wegen klarer Mehrheitsverhältnisse keine Rolle spielte.
Eine der meistdiskutierten Besonderheiten dieses Wahlmodus ist das „The winner takes it all“-Prinzip: In 48 Staaten erhält jener Kandidat, der - sei es auch nur mit einer Stimme Vorsprung - bei der Volkswahl die einfache Mehrheit erzielt, die Stimmen gleich aller diesem Staat zustehenden Wahlmänner. Lediglich in Nebraska und Maine werden die Wahlmänner im Wesentlichen bewirksweise gewählt. In diesem Zusammenhang sind die Resultate in den „Swing-States“ entscheidend - und auch schwer kalkulierbar.
Mit weniger Stimmen zum Präsidentenamt
Dieses System kann in außerordentlichen Fällen dazu führen, dass ein Präsident mit der Mehrheit des Wahlkollegiums gewählt wird, obwohl er bei der direkten Wahl durch die Bürger landesweit weniger Stimmen erhalten hat als sein Gegenkandidat. Das passierte dem Demokraten Al Gore, der im Jahr 2000 gut 300.000 Stimmen mehr als der Republikaner George W. Bush erhielt, letztlich aber unterlag, weil Bush nach der Beendigung der Auszählungen in Florida durch den Obersten Gerichtshof sämtliche der damals 27 Wahlmänner Floridas für sich verbuchen konnte.
Geheime Abstimmung
Das Wahlkollegium wählt den Präsidenten getrennt nach Staaten in geheimer Abstimmung. Dazu kommen die Wahlmänner in den Hauptstädten des jeweiligen Staates zur Stimmabgabe zusammen. Die Verfassung schreibt vor, dass die beglaubigten Listen dann „an den Sitz der Regierung der Vereinigten Staaten, zuhanden des Senatspräsidenten“ geschickt werden.
Senatspräsident ist der US-Vizepräsident, derzeit also Joseph Biden. Erst Anfang Jänner wird das Resultat in einer gemeinsamen Sitzung beider Häuser des neuen Kongresses bekanntgegeben. Der Öffentlichkeit ist der Ausgang in der Regel aber schon unmittelbar nach der Wahl bekannt. Wer die Stimmen von mindestens 270 Wahlmännern auf sich vereint, wird am 20. Jänner 2013 als Präsident vereidigt.
Schafft keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit der Stimmen des Wahlkollegiums - etwa bei Gleichstand oder wenn mehr als zwei Bewerber Wahlmännerstimmen auf sich vereinen können -, wählt das Repräsentantenhaus einen der Kandidaten zum Präsidenten, wobei jeder der 50 US-Staaten nur eine Stimme hat. Gewählt ist dann, wer mindestens 26 Stimmen erhält.
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