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Drei Anträge aus Österreich

2013 sollen neue Domainendungen wie .wien, .tirol und .app freigeschaltet werden - gerade bei .app könnte es aber deutlich länger dauern. 13 Bewerber, darunter Amazon, haben alleine für .app einen Antrag gestellt. Die nun zu erwartenden Diskussionen bei Mehrfachbewerbungen könnten zum Teil heftig werden.

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Sieben Jahre hat die Internetverwaltung Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) an den neuen generischen TLDs (gTLD) gearbeitet, seit Jänner wurden Anträge dafür angenommen, am Mittwoch wurde die Liste veröffentlicht.

Vorteil für .apple

1.930 statt der erwarteten 500 Anträge wurden bei der ICANN eingereicht, die Hälfte stammt aus den USA, 675 kommen aus Europa, nur 17 aus Afrika. Die Mehrheit der Anträge wurde von Firmen eingereicht. Alleine Google hat offenbar rund 100 Domains beantragt, Amazon über 70, Apple eine.

So niemand gegen Apples Antrag Beschwerde einlegt, etwa die Vereinigung der Apfelzüchter in den USA, könnte .apple wie von der ICANN bei der Vorstellung am Mittwoch skizziert tatsächlich im ersten Quartal 2013 live gehen. Bei anderen, begehrteren Domains wie eben .app werden allerdings zum Teil heftige Diskussionen erwartet - und das zwischen großen Gegnern. Denn neben Amazon scheint sich auch Google dafür zu interessieren. Auch Domains wie .sex und .porn, obwohl es für letztere nur einen Antrag gibt, werden wohl nicht einfach durchgewunken werden.

Besondere Regeln für „Communitys“

Die Anträge für .wien und .tirol und wohl auch für .vig (Vienna Insurance Group), die aus Österreich eingereicht wurden, dürften weniger problematisch sein. Vor allem bei Anträgen für Länder und Städte mussten die Antragsteller vorher die entsprechende Zustimmung der Regionen einholen.

Im Prinzip konnte sich jede größere Vereinigung, Firma, Region, Land und Stadt für die neuen Domains bewerben - Privat- und Einzelpersonen waren dezidiert ausgeschlossen. Die ICANN will bei Streitfällen, bei denen es mehr als einen Antrag für eine Domain gibt, Einreichungen von „Communitys“ bevorzugen. Diese waren ursprünglich als Gruppen gedacht, die eine breite Unterstützung von Berufsgruppen, Vereinen oder Interessenvertretungen haben. Mangels genauerer Definitionen tauchen in der entsprechenden ICANN-Liste nun aber auch Marken wie Audi, Merck oder Bugatti als „Communitys“ auf.

Anträge werden nun geprüft

Die Anträge werden von der ICANN nun geprüft, ab Dezember will die Organisation erste Ergebnisse veröffentlichen. Zwei Monate lang können Kommentare zu den Anträgen eingebracht werden, bis Ende 2012 Einsprüche. Gibt es mehr als einen Interessenten für eine Domain, sollen die Antragsteller laut ICANN versuchen, sich untereinander zu einigen.

Wenn gar nichts geht, soll die Domain am Ende versteigert werden. So oder so werden vorerst ohnedies nicht alle Anmeldungen gleich zum Zug kommen, in der ersten Tranche sollen einmal 500 Bewerber bearbeitet werden, die nach dem Zufallsprinzip ermittelt werden.

Neue Domains sind teuer

Abgesehen von möglichen juristischen Kosten sind die Domains eine kostspielige Sache. Alleine der Antrag kostet 185.000 Dollar (148.000 Euro), die jährliche Verlängerung 25.000 Dollar. Dazu kommen laufende Ausgaben für die Verwaltung und den technischen Support, für die es genaue Regeln gibt. Kritiker werfen der ICANN vor, mit den neuen Domains Geld machen zu wollen, die Organisation hält dagegen, nur die eigenen Kosten decken zu wollen. Ob die neuen Domains auch immer kostendeckend betrieben werden können, wird sich zeigen.

Die Ausweitung des Internetadressraums ist auch abseits der Kosten umstritten. Befürworter argumentieren, dass in einigen Adressräumen wie .at immer weniger griffige Adressen frei sind. Namen wie etwa Stadtplan.wien sollen die Navigation erleichtern und auch neue Vermarktungsmöglichkeiten schaffen. Die ICANN selbst erhofft sich laut eigenen Aussagen mehr Wettbewerb und Innovationen für die Konsumenten.

Kritiker: Kommerz statt Innovation

Experten wie die ehemalige ICANN-Chefin Esther Dyson fürchten hingegen, dass die Erweiterung das Internet unübersichtlicher macht. Die Politikwissenschaftlerin und ICANN-Expertin Jeanette Hofmann sieht vor allem kommerzielle Interessen im Vordergrund. „Anfangs ging es um mehr Vielfalt im Namensraum“, so die Direktorin des Instituts für Internet und Gesellschaft in Berlin. Einige Bewerber hätten Hunderte Adressen beantragt. „Da stellt sich eine neue Industrie auf.“

Vor allem den Inhabern von Markenrechten könnte die neue Vielfalt zusätzliche Probleme bereiten. Zwar gibt es Möglichkeiten, eingetragene Namen zu schützen, der Aufwand dürfte aber deutlich höher sein als aktuell. Bereits im Vorfeld gab es Beschwerden über zu hohe Kosten und Risiken für Markenrechtsinhaber.

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