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„Wirklich schockiert“

Syrische Truppen sollen Kinder als menschliche Schutzschilde missbraucht haben. Das berichtete die britische BBC am Dienstag unter Berufung auf einen Bericht der Vereinten Nationen.

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Ihr Team sei mit „schrecklichen“ Schilderungen über gefolterte und massakrierten Kinder aus Syrien zurückgekehrt, sagte die UNO-Sondergesandte für Kinder in bewaffneten Konflikten, Radhika Coomaraswamy, dem Sender. So hätten Kinder erzählt, dass sie sich auf Panzer hätten setzen müssen, damit diese nicht von Aufständischen angegriffen würden.

Sowohl reguläre syrische Truppen als auch die mit ihnen verbündete Schabiha-Miliz hätten sich solche Übergriffe zuschulden kommen lassen, hieß es in dem am Montag in New York vorgelegten Bericht. Selbst neunjährige Kinder seien unter den Opfern. Sie seien getötet, verstümmelt, willkürlich verhaftet, gefoltert, sexuell misshandelt und als menschliche Schutzschilde missbraucht worden.

Kind mit Banner bei einer Demonstration

Reuters

Ein syrisches Kind bei einem Protest nach dem Freitagsgebet

„Noch die Spuren der Folter“

Sie habe es noch nie zuvor erlebt, dass Kinder nicht verschont würden, sondern in einem Konflikt sogar noch als Ziel dienten. „Wir haben Kinder gesehen, die gefoltert wurden und die noch die Spuren der Folter tragen“, sagte Coomaraswamy. „Wir sind wirklich schockiert (...) Diese Folterungen von Kindern in Gefangenschaft, Kindern von gerade einmal zehn Jahren, das ist sehr außergewöhnlich, das haben wir woanders wirklich noch nicht gesehen.“ Viele ehemalige Soldaten hätten von Schüssen auf Wohngebiete berichtet. Sie hätten Kinder und Kleinkinder gesehen, die getötet und verstümmelt worden seien.

Kritik auch an Rebellenarmee

Zugleich erhob sie Vorwürfe gegen die oppositionelle „Freie Syrische Armee“, die ebenfalls Kinder in Gefahr bringe. „Zum ersten Mal hörten wir auch, dass Kinder von der Freien Syrischen Armee rekrutiert werden, vor allem für medizinische und Hilfsarbeiten, aber immer noch an der Front“, sagte Coomaraswamy.

Seit Beginn des Aufstandes gegen den syrischen Staatschef Baschar al-Assad Mitte März 2011 wurden nach Angaben von Menschenrechtsgruppen bisher mehr als 14.100 Menschen getötet, darunter fast 1.200 Kinder. Allein bei einem Massaker am 25. Mai waren in der zentralsyrischen Stadt Hula laut UNO bei Massenhinrichtungen von mehr als hundert Menschen 49 Kinder gestorben. Auch bei einem Massaker in dem Dorf Kubeir in der Provinz Hama am Mittwoch vergangener Woche sollen viele Kinder unter den mindestens 55 Toten gewesen sein

Opposition: 30 Tote bei Granatangriffen am Dienstag

Bei Angriffen von Regierungstruppen sollen am Dienstag nach Angaben der Opposition im Osten des Landes mindestens 30 Menschen getötet worden sein, darunter auch Kinder. Gebiete in der Provinz Deir al-Sor seien im Morgengrauen mit Granaten beschossen worden, teilten Aktivisten mit. Sie stellten dazu Aufnahmen weinender Frauen neben den Leichen von Kindern ins Internet. In der Nacht habe es in mehreren Landesteilen neue Proteste gegen Massaker an Zivilisten gegeben.

Unterdessen rief der oppositionelle Syrische Nationalrat (SNC) angesichts der Zurückhaltung Russlands in der Syrien-Krise für Mittwoch zu Protesten vor den russischen Botschaften in aller Welt auf. „Syrer und Freunde des syrischen Volks“ sollten ab 15.00 Uhr MESZ vor den diplomatischen Vertretungen demonstrieren, um „ihren großen Ärger über die offizielle Haltung Russlands deutlich zu machen“, hieß es am Dienstag in einer Mitteilung des SNC.

Auch Jemen und Sudan auf „Liste der Schande“

Neu auf der „Liste der Schande“ neben Syrien sind auch der Jemen und der Sudan. In dem von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon vorgelegten Bericht werden 32 Staaten genannt, in denen seit mindestens fünf Jahren staatliche Gewalt gegen Kinder ausgeübt wird. Ban zeigte sich tief besorgt über die „inakzeptabel hohe und wachsende Zahl“ langjähriger staatlicher Gewalt gegen Kinder. Coomaraswamy sagte, die Konflikte im vergangenen Jahr in Syrien und Libyen hätten dort Leid über viele Kinder gebracht. In anderen Teilen der Welt sei die Gewalt gegen Buben und Mädchen beendet worden. Aber die „Liste der Schande“ sei immer noch viel zu lang.

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