Mindestens 283 von 577 Sitzen
Das linke Lager hat die erste Runde der Parlamentswahl in Frankreich klar gewonnen: Laut dem vom französischen Innenministerium veröffentlichten amtlichen Endergebnis kamen die linken Parteien gemeinsam auf 46,77 Prozent der Stimmen und könnten damit möglicherweise die absolute Mehrheit erlangen. Sie können auf bis zu 329 Parlamentssitze hoffen.
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Die konservative UMP von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy und ihre Verbündeten rutschten auf 34,07 Prozent ab. Die rechtsextreme Front National (FN) erzielte 13,6 Prozent. Die Linksfront unter Führung von Jean-Luc Melenchon, die kein Bündnis mit Hollandes Sozialisten einging, kam auf 6,9 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 57 Prozent. Mit dem Ergebnis kann Hollande mit einer Unterstützung im Parlament für seine Reformpolitik rechnen.
Jüngsten Hochrechnungen der Meinungsforschungsinstitute zufolge kommen die Sozialisten und ihre verbündeten Parteien auf 283 bis 329 Sitze in der Nationalversammlung. Die absolute Mehrheit liegt bei 289 Sitzen. Das konservative Lager kommt demnach auf 210 bis 263 Sitze. Die Abgeordneten der Rechtsextremen und der Zentrumspartei erhalten den Instituten zufolge jeweils null bis drei Sitze.

AP/Francois Mori
Anhänger Hollandes jubeln
UMP sieht Schlappe für Hollande
Die konservative Partei, die nicht mehr stärkste Fraktion in der neuen Nationalversammlung ist, wertete das Ergebnis als Schlappe für Hollande. „Sein Projekt weckt kein Verlangen“, sagte der frühere Regierungschef Francois Fillon. „Es gab keinen roten Triumphzug.“ UMP-Chef Jean-Francois Cope versicherte erneut, dass es für die zweite Runde in einer Woche keine Bündnisse mit den Rechtsextremen geben werde.
Der neue sozialistische Regierungschef Jean-Marc Ayrault begrüßte die Ergebnisse der ersten Wahlrunde. Die Franzosen rief er auf, sich für die zweite Wahlrunde zu mobilisieren, damit „der Wandel von Dauer“ sein könne. Die FN dürfte aufgrund des Wahlrechts, das kleine Parteien benachteiligt, höchstens drei Sitze erringen. FN-Sprecher Florian Philippot freute sich dennoch über ein „sehr gutes Ergebnis“ und sprach von einer „wirklichen Dynamik“, die dadurch entstehe.

Reuters/Pascal Rossignol
Stimmauszählung im Wahlkreis von Marine Le Pen und Jean-Luc Melenchon
Le Pen in Stichwahl
FN-Chefin Marine Le Pen selbst schaffte in ihrem Wahlbezirk im nordfranzösischen Henin-Beaumont klar den Einzug in die zweite Runde. Die 43-Jährige erhielt 42,36 Prozent und tritt in der Stichwahl gegen den sozialistischen Kandidaten Philippe Kemel an, der auf 23,5 Prozent kam. Dagegen scheiterte der Kandidat der Linksfront, Melenchon, der ebenfalls in Henin-Beaumont angetreten war, um Le Pen zu stoppen. Er schied im ersten Wahlgang mit 21,48 Prozent aus.
Entscheidung in einer Woche
Hollande hatte die Franzosen vor dem Urnengang aufgerufen, ihm eine „breite, solide Mehrheit“ im Parlament für seine Reformpolitik zu geben. Die Entscheidung über die endgültige Zusammensetzung der neuen Nationalversammlung mit ihren 577 Abgeordneten fällt in einer Woche. Dann wird in den Wahlkreisen noch einmal gewählt, in denen keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit schaffte. Für einen Einzug in die zweite Runde sind mindestens 12,5 Prozent der Stimmen im ersten Durchgang nötig. Gewählt ist am kommenden Sonntag dann der Kandidat mit den meisten Stimmen.

Französischer Präsident Francois Hollande
Präsident Hollande bei der Stimmabgabe in Tulle
Außenminister bereits wiedergewählt
Von den Ministern der neuen sozialistischen Regierung, die noch nicht einmal einen Monat im Amt ist, schaffte Außenminister Laurent Fabius gleich in der ersten Runde den Einzug ins Parlament. Finanzminister Pierre Moscovici muss dagegen in die Stichwahl. Premierminister Ayrault, der es selbst auch im ersten Durchgang ins Parlament schaffte, hatte vor der Wahl deutlich gemacht, dass alle Minister aus der Regierung ausscheiden müssen, die ihr Abgeordnetenmandat verfehlen.
Persönlichkeitswahl nach Mehrheitswahlrecht
Rund 46 Millionen Wähler waren aufgerufen, über die 577 Sitze in der Nationalversammlung zu entscheiden. 6.603 Kandidaten bewarben sich um ein Mandat. Anders als in Österreich werden in Frankreich alle Abgeordneten in einer Persönlichkeitswahl nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt. Dadurch werden in der Regel zwei Wahlgänge nötig: In der ersten Runde ist nur gewählt, wer auf Anhieb die absolute Mehrheit schafft. In der zweiten Runde, in die alle einziehen, die mindestens 12,5 Prozent der Wahlberechtigten für sich gewinnen konnten, siegt der Kandidat mit den meisten Stimmen.
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