Während Flucht ins Internet gestellt
Auch nach seiner Festnahme in Berlin hält der mutmaßliche Mörder von Montreal die kanadische Polizei weiter in Atem. Ein Polizeisprecher bestätigte unterdessen, dass weitere Videos des 29-jährigen Pornodarstellers Luka Rocco Magnotta aufgetaucht sind. Diese habe er während seiner zehntägigen Flucht aus Kanada ins Internet gestellt.
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Alle drei Videos zeigen einen zigarettenrauchenden Magnotta, in einem richtet er aufgeweckte Worte an seine Zuseher: „What’s up and hi to all my fans“ (Hallo, alle meine Fans, wie geht’s?, Anm.). Im Hintergrund ertönt dabei Madonnas „La Isla Bonita“. In einem anderen Video filmt er sich selbst zu Musik der britischen Band New Order. In dem dritten Video blickt Magnotta aus dem Fenster einer Wohnung. Nach Angaben des Polizeisprechers von Mittwochabend wird derzeit untersucht, wann genau die Videos angefertigt wurden.
Abgetrennter Fuß nur aus Plastik
Rund zwei Wochen nach dem Mord an dem 33-jährigen chinesischen Studenten Jun Lin in Kanada waren zuletzt immer wieder abgetrennte Leichenteile aufgetaucht. Ein gruseliger Fund stellte sich unterdessen als harmlos heraus. Ein Fuß, den ein Passant am Mittwoch in Notre-Dame-de-Grace, einem englischsprachigen Viertel im Westen Montreals entdeckt hatte, war nach Angaben der Polizei aus Plastik.
Die Ermittlungen der Polizei, woher das tags zuvor in zwei Schulen aufgetauchte Paket mit Leichenteilen stammt, laufen indes weiter auf Hochtouren. Die Ermittler sind sich nach eigenen Angaben inzwischen sicher, dass die Päckchen in Montreal im Osten des Landes aufgegeben wurden und versuchen nun, die Identität des oder der Toten festzustellen. Demnach enthielt eines der Päckchen eine Botschaft, über deren Inhalt sich die Polizei jedoch nicht äußern wollte. Unklar ist also noch immer, ob die Leichenteile von dem ermordeten chinesischen Studenten stammen.
Nachahmungstäter oder Komplize im Spiel?
Eine direkte Verbindung mit dem mutmaßlichen Mörder Magnotta wollte die Polizei jedoch bis zuletzt nicht sehen - auch wenn die Päckchen den von Magnotta verschickten ähneln würden. Weiters könne nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um Nachahmungstäter handle.
Wenn es sich aber um Teile von Juns Leiche handeln sollte, könnte das bedeuten, dass Magnotta kein Einzeltäter ist - denn er floh am 26. Mai von Kanada nach Frankreich, die Postsendungen hätten demnach weit über eine Woche für den Weg von Montreal nach Vancouver gebraucht oder hätten von jemand anderem zur Post gebracht werden müssen.
Zudem möglich wäre, dass Magnotta mit Teilen von Juns Leiche im Gepäck nach Europa floh und sie, in diesem Fall wohl von Frankreich aus, nach Kanada geschickt hätte. Neue Details zu dem Fall lassen vermuten, dass das Risiko, entdeckt zu werden, für Magnotta Teil eines „Spiels“ war. Immer mehr Zeugenaussagen deuten darauf hin, dass er während seiner Tage in Europa die Öffentlichkeit gesucht hatte - etwa durch sein Erscheinen auf zahlreichen Partys. „Er hat es gebraucht, dass man ihn sieht“, meinte ein französischer Ermittler.
DNA-Tests bei ersten Paketen positiv
Ein Fuß und eine Hand, die in zwei Paketen verpackt an kanadische Parteien adressiert waren, wurden durch DNA-Tests inzwischen zweifelsfrei dem ermordeten Chinesen zugeordnet. Dieser war in der Nacht zum 25. Mai mit einem Eispickel erschlagen worden. Seine Leiche wurde dann zerstückelt. Von ihm fehlt laut Polizei zudem noch immer der Kopf. Es wird befürchtet, dass dieser ebenfalls mit der Post verschickt worden sein könnte.
Familie des Opfers in Montreal
Unterdessen ist die Familie des Opfers in Montreal eingetroffen. Die Eltern, die Schwester und ein Onkel des Opfers wollen die Polizei bei ihren Ermittlungen unterstützen und die Leiche anschließend in die Heimat überführen, schrieb die Zeitung „Globe and Mail“ am Donnerstag.
Die Ermittler machen für die Tat den 29-jährigen Magnotta verantwortlich, der am Montag in einem Berliner Internetcafe festgenommen worden war. Der Verdächtige, der zeitweise als Pornodarsteller und Prostituierter gearbeitet hatte, soll den Mord gefilmt und das Video ins Internet gestellt haben. Nach Auffassung der kanadischen Polizei könnte er für weitere ungeklärte Kriminalfälle in seiner Heimat verantwortlich sein. Sie prüft, ob eventuell weitere Tötungen auf sein Konto gehen.
Auslieferung bis Ende Juni?
Der in Berlin festgenommene Magnotta könnte nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft bis Ende Juni nach Kanada ausgeliefert werden, wie ein Sprecher der Berliner Anklagebehörde am Donnerstag bekanntgab. Der Tatverdächtige hatte nach Angaben der Berliner Staatsanwaltschaft bereits am Dienstag erklärt, auf juristische Schritte gegen seine Auslieferung nach Kanada zu verzichten. Deshalb kann das Verfahren voraussichtlich schnell eingeleitet werden.
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