Spielerisches Aussieben von Bewerbern
Das Arbeitsleben abgebildet in einem Computerspiel: Viele Firmen haben „Recruiting Games“ für sich entdeckt, um ihre Bewerber auf deren Eignung zu testen. Während diese in realistischen Szenarien ihre Kompetenz und Belastbarkeit unter Beweis stellen müssen, hat das spielerische Assessment-Center für die Bewerber auch den Vorteil, den künftigen Berufsalltag kennenzulernen.
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Grenzen sind den Unternehmen keine gesetzt - „Recruiting Games“ werden mittlerweile in zahlreichen Branchen eingesetzt, sogar die US-Armee verwendet Computerspiele - dort jedoch vorwiegend, um ihre Rekruten zu trainieren. Unilever lässt seine Bewerber beispielsweise eine Glace-Fabrik führen, beim britischen Geheimdienst müssen potenzielle Agenten Codes knacken, berichtet die Schweizer Zeitung „Tagesanzeiger“.
Wissenstest und Assessment-Center
Die Spiele sind eine Mischung aus Wissenstest, Assessment-Center mit jobspezifischen Aufgaben und der Prüfung von kognitiven Fähigkeiten und Problemlösungskompetenzen. Die Unternehmen versuchen so, ihre Bewerbungskandidaten schon vor einem ersten Gespräch bestmöglich kennenzulernen. „Gamification“ wird dieser Trend genannt, Spielemechanismen für nicht spielerische Aktivitäten wie Rekrutierung zu nutzen. Das Beratungsunternehmen Gartner Group schätzt laut „Tagesanzeiger“, dass bis 2014 ein Großteil der Top-2.000-Firmen Games in irgendeiner Form einsetzen werden - für interne Trainings oder auch für die Rekrutierung.
Virtueller Briefträger oder Konzernleiter
L’Oreal etwa setzt seine Bewerbungskandidaten an die Spitze eines virtuellen Kosmetikkonzerns, wo es von der Verkaufsstrategie bis zu Forschung und Entwicklung alle Unternehmensbereiche zu steuern gilt. Bei der Commerzbank spielen Bewerber Banker, und der französische Postdienstleister Formaposte testet seine potenziellen Mitarbeiter in der „Facteur Academy“ auf ihre Eigenschaften als Briefträger, indem diese interaktiv eine typische Woche eines Briefträgers in der Ausbildung durchlaufen, berichtet die Fachzeitschrift „Wirtschaftspsychologie aktuell“.

www.formaposte-iledefrance.fr
Der französische Postdienstleister Formaposte testet seine potenziellen Mitarbeiter in der „Facteur Academy“
Absicherung gegen hohe Drop-out-Quote
Mit einem Packen Briefe durch französische Städte radelnd und in der Berufsschule sitzend sollen potenzielle Bewerber herausfinden können, ob Postbote wirklich ein geeigneter Job für sie ist, beschreibt Formaposte das Ziel des Games. Das Unternehmen hat gute Gründe, die Motivation von Bewerbern gründlich zu testen: Rund ein Viertel der Lehrlinge würden aufgrund fehlender Motivation oder Verhaltensproblemen nach der Probezeit die Arbeit abbrechen.
Punkten mit Hygiene und Höflichkeit
Das Spiel begleitet den virtuellen Lehrling eine ganze Woche - vom Zähneputzen in der Früh bis zum Abendprogramm - und ist damit auch eine Art Erziehungsmaßnahme: Via Kommentarfeld wird der angehende Postbote belehrt, wenn sein Verhalten nicht angebracht ist. Darunter fallen auch eine unpassende Kleiderauswahl und unhöfliche Kommentare gegenüber Autoritätspersonen. Begleitet werden die Moraltipps von mehr oder minder subtilen Aufforderungen, sich mit Firmendetails auseinanderzusetzen.
Am Ende des Spiels gibt es eine Profilanalyse - wo neben dem Kleidungsstil auch Hygiene und Pünktlichkeit bewertet werden. Aussieben würde man aufgrund des Games aber noch niemanden, versichert Formaposte auf seiner Website. Interessenten sollten das Spiel aber dennoch ernst nehmen.
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