Mehr Angriffe auf Regierungstruppen
Während sich der Westen weiterhin nicht auf eine Reaktion auf die anhaltende Gewalt des Regimes von Präsident Baschar al-Assad einigen kann, droht im Land eine weitere militärische Eskalation. Die syrischen Rebellen kündigten den Friedensplan des UNO-Sondergesandten Kofi Annan auf und respektieren den Waffenstillstand nicht mehr.
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Assad habe ihr bis Freitag gesetztes Ultimatum, einen Waffenstillstand tatsächlich einzuhalten, ignoriert. Sie seien daher nicht mehr daran gebunden. Regierungstruppen würden attackiert, um „unsere Leute“ zu verteidigen. Der Waffenstillstand war seit Beginn Mitte April brüchig, das Massaker von Hula vom 25. Mai mit über 100 Toten gab letztlich die entscheidende Wende.
„Hula änderte das Spiel“
„Hula änderte das Spiel völlig in Bezug auf das, was die Menschen bereit sind zu akzeptieren und was nicht“, sagte der Syrien-Experte Michael Stephens vom Royal United Services Institute gegenüber Reuters. „Die Annan-Mission ist im Wesentlichen tot, und selbstverständlich gestehen das die westlichen Mächte auch zu.“ Als Reaktion auf die Massaker der Regierungstruppen wächst auch die Gewaltbereitschaft der Opposition.
„Wir haben entschieden, unser Commitment für den Waffenstillstand zu beenden“, sagte der Sprecher der Freien Syrischen Armee, Sami al-Kurdi. „Wir haben unsere Angriffe wieder aufgenommen, aber nur zur Verteidigung. Wir greifen nur Checkpoints in den Städten an.“ Nach Angaben der Opposition starben allein am Wochenende mindestens 80 Soldaten der Regierung. Kurdi fordert, dass die UNO-Beobachtermission in eine bewaffnete Friedenstruppe umgewandelt wird. Auch die Einrichtung einer Flugverbotszone sollte man überlegen.
Islamisten auf dem Vormarsch
Auch die Islamisten sind in Syrien weiter auf dem Vormarsch. Syrische Oppositionelle mit islamistischem Hintergrund schlossen sich zur „Front islamischer Brigaden“ zusammen. Diese umfassen einem Sprecher zufolge rund 16.000 Kämpfer. Nun gehe es nicht mehr nur darum, Zivilisten zu schützen: „Jetzt ist die Zeit gekommen für die Befreiung des Landes von diesem Tyrannenregime.“ Auslöser war eine weitere Kampfansage Assads an die Opposition. Beobachter warnen vor einem landesweiten Bürgerkrieg, der sich auch die Nachbarstaaten auswirken würde.
Eine Gruppe syrischer Oppositioneller gründete nach deren Angaben eine neue Militärstruktur. Die „Front Syrischer Revolutionäre“ verfügt nach eigenen Angaben in ganz Syrien über rund 12.000 Kämpfer. Auf die Frage nach einer Verbindung zu der größten bewaffneten Gruppe der syrischen Opposition, der Freien Syrischen Armee, sagte Chaled al-Okla, es gebe eine „Kooperation“.
Putin bleibt hart
Dass die internationale Gemeinschaft der Gewaltspirale ein Ende setzen kann, scheint unwahrscheinlich. Russland bleibt bei seiner unterstützenden Haltung für das syrische Regime. Auch beim Russland-EU-Gipfel am Montag blieb Präsident Wladimir Putin bei seinem Standpunkt. Eine Verschärfung der Syrien-Beschlüsse des UNO-Sicherheitsrats kommt für ihn nicht infrage. US-Außenministerin Hillary Clinton arbeitet offenbar daran, Russland für einen „politischen Übergang“ zu gewinnen und Assad von der Macht zu entfernen.
China geht auf Distanz zu Assad
China scheint mittlerweile hingegen mehr Distanz zu Assad zu suchen: „Wir haben nicht vor, in Syrien irgendjemanden zu schützen, oder sind gegen irgendjemanden“, sagte der chinesische UNO-Botschafter Li Baodong. China fordere nun „beide Seiten“ auf, das „Morden sofort zu beenden und umgehend den Friedensplan umzusetzen“. China wird im Juni die Präsidentschaft des UNO-Sicherheitsrats übernehmen.
China hatte gemeinsam mit Russland zweimal mit einem Veto im Weltsicherheitsrat verhindert, dass die syrische Führung verurteilt wird oder dass die Strafmaßnahmen gegen das Regime verschärft werden.
Wiederaufbau Syriens in Berlin geplant
Noch ist nicht einmal sicher, ob Assad zu einem Rückzug bewegt werden kann, da wird bereits der Wiederaufbau nach einem möglichen Sturz des syrischen Präsidenten geplant. Dafür richtete die „Gruppe der Freunde des syrischen Volks“, die eine Beilegung des Konflikts vorantreiben will, eine Anlaufstelle in Berlin ein, wie das deutsche Auswärtige Amt der „Financial Times Deutschland“ (Dienstag-Ausgabe) bestätigte. Der Leiter des neu eingerichteten Sekretariats habe bereits seine Arbeit in Berlin aufgenommen, sagte eine Ministeriumssprecherin der Zeitung.
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