Machthaber will Land mit Härte „heilen“
Der syrische Präsident Baschar al-Assad hat am Sonntag in einer Rede vor den neu bestellten Abgeordneten seines Parlaments demonstrativ an seinen bisherigen Positionen festgehalten. In der im Staats-TV übertragenen Ansprache erklärte er, es gebe „kein politisches Problem“ in Syrien, aber dafür einen „echten Krieg“, der Syrien „vom Ausland“ aufgezwungen werde.
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Den „Beweis“, warum es in Syrien kein Problem gebe, sieht Assad in sich selbst: Gäbe es ein Problem, würde er darauf reagieren, erklärte er. Nicht weniger zynisch waren seine Aussagen zu dem Massaker in der syrischen Stadt Hula. Wenn jemand angesichts dieses „hässlichen Verbrechens“ nicht, wie er selbst, „Schmerz, der uns das Herz zusammenschnürt“ spüre, dann sei dieser Jemand „kein menschliches Wesen“, sagte Assad.
„Uns wurde ein Kampf aufgezwungen“
Die Tötung von über hundert Menschen, fast die Hälfte davon Kinder, in Hula ist laut UNO-Beobachtern eindeutig Truppen des syrischen Regimes zuzuordnen. Assad sagte in seiner Ansprache, nicht einmal „Monster“ wären zu so einer Tat fähig. Er machte erneut ausländische Kräfte für die Krise verantwortlich und erklärte, das Land mache die schwerste Zeit seit dem Ende der Kolonialzeit durch. „Uns wurde ein Kampf aufgezwungen, und das Ergebnis ist das Blutvergießen, das wir sehen.“

AP/Bassem Tellawi
Es war die erste Ansprache Assads seit fast einem halben Jahr
Er werde keine Nachsicht gegenüber Terroristen zeigen, die den Aufstand im Land angezettelt hätten. Anders könne das Land nicht „geheilt“ werden. Mit „Terroristen“ umschreibt das syrische Regime die Protest- und Demokratiebewegung, die seit März 2011 für eine Ende der Assad-Herrschaft auf die Straße geht. Der Staat wolle sich jedoch „nicht rächen“, sondern „die Tür für diejenigen offen halten, die zurückkehren wollen“, sagte der Machthaber bei einem seiner seltenen öffentlichen Auftritte. Seine letzte Rede hatte er im Jänner gehalten.
Warnung vor „ungezügeltem Bürgerkrieg“
Nach Angaben von Aktivisten hat die seit 15 Monaten andauernde Gewalt im Land bereits bis zu 14.000 Menschen das Leben gekostet. UNO-Schätzungen liegen nicht weit darunter. Assads nunmehrige Aussagen zeigen, dass er trotz der jüngsten Eskalation, des wachsenden Drucks aus dem Westen und des erneuten Waffenruheappells des UNO-Sondergesandten Kofi Annan an seinem Kampf gegen die Opposition festhalten will. Annan hatte am Samstag gewarnt, in diesem Fall sei ein „ungezügelter Bürgerkrieg“ in Syrien absehbar.
Vor Assads Rede hatte auch die Arabische Liga den Druck auf ihn verschärft. Die Außenminister der Liga verlangen von ihm einen Zeitplan, nach dem Annans Friedensplan umgesetzt wird. Der Sechspunkteplan sieht unter anderem vor, dass die syrische Führung ihre Streitkräfte aus Bevölkerungszentren zurückzieht, politische Gefangene freilässt und humanitäre Hilfe gestattet. Ziel ist ein Ende der Gewalt. Außerdem beschlossen sie in Doha, dass das syrische Staatsfernsehen größtenteils aus dem arabischen Satelliten-TV verbannt wird.
Provokation in alle Richtungen
Assads Rede ist nicht nur eine Provokation in Richtung seiner Gegner und Kritiker, sondern dürfte auch Russland wenig Freude machen. Die UNO-Vetomacht verhindert im Weltsicherheitsrat gemeinsam mit China schärfere Strafmaßnahmen gegen das Assad-Regime. Die EU will den russischen Präsidenten Wladimir Putin dazu drängen, eine härtere Gangart einzuschlagen. Syrien ist der wichtigste Verbündete Russlands im Nahen Osten. Putins Lust, Assads immer absurdere Rechtfertigungen zu verteidigen, dürfte sich in Grenzen halten.
Der oppositionelle syrische Nationalkongress (SNC) zeigte sich von der einstündigen Rede Assads unbeeindruckt. Die Ansprache zeige nur, dass „Assad um jeden Preis die Spitze eines repressiven Systems bleiben möchte“. Assad tue alles, um sich nicht „eingestehen zu müssen, dass seine Zeit vorbei ist und dass das syrische Volk ihn nicht will“.
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