Gläubiger entscheiden über Zukunft
Am Freitag wird im Gläubigerausschuss über die Zukunft der deutschen Drogeriemarktkette Schlecker und von 14.300 Mitarbeitern entschieden. Auch Österreich ist von dieser Entscheidung betroffen. „Möglich ist alles“, brachte ein Sprecher der Insolvenzverwaltung die Lage auf den Punkt. Die Zeichen stehen nicht gut. Die Belegschaft hofft dennoch auf einen Retter in letzter Sekunde.
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Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz könnte noch ein Angebot von einem der beiden Interessenten - Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen und US-Investor Cerberus Capital Management - vorlegen, um damit die Gläubiger zu überzeugen. Bis zuletzt hatte Geiwitz mit den beiden noch „hart verhandelt“. Ein Vorstoß der Gewerkschaft ver.di an die Politik, einen Rettungsbeitrag zu leisten, verhallte ungehört.
Gewerkschaft fordert mehr Zeit
Noch am Freitag vorderte ver.di-Verhandlungsführer Bernhard Franke mehr Zeit für die Suche nach einem Investor: „Wir fänden es fatal, wenn alle Chancen auf eine Rettung dieser doch noch fast 15.000 Arbeitsplätze bei Schlecker in Deutschland am Zeitdruck scheitern würde.“ Die Forderung nach einem Lohnverzicht der Belegschaft von 15 Prozent lehnte Franke ab. Die Gewerkschaft hatte zuvor ein Angebot gemacht, die Personalkosten etwa durch den Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld und die Verschiebung von Gehaltserhöhungen zu senken.
Vor einer Woche hatten die drei größten Gläubiger den verbliebenen Investoren eine letzte Frist gegeben, ihre Angebote nachzubessern. Allein der Kreditversicherer Euler Hermes hat Forderungen um die 300 Millionen Euro. Auch Schlecker Österreich hat hohe Forderungen gegenüber der Konzernmutter, die aufgrund der Insolvenz eingefroren sind. Im Jahr 2010 beliefen sich diese Forderungen auf 169 Mio. Euro, in etwa so hoch war damals auch das Eigenkapital.
3.000 Mitarbeiter in Österreich betroffen
Sollte Schlecker das endgültige Aus bevorstehen, erhalten erneut Tausende Schlecker-Mitarbeiter, vor allem Frauen, schon Ende Juni oder Anfang Juli die Kündigung. Davor würde der Wareneinkauf gestoppt, der Ausverkauf in den Filialen gestartet sowie sämtliche Verträge mit Lieferanten und Vermietern gekündigt.
Auch Immobilien wie Lager, vor allem aber auch die noch verbleibenden Auslandsgesellschaften würden ebenfalls betroffen sein. In Österreich könnten 3.000 Mitarbeiter von einem Ende von Schlecker betroffen sein. Ohne Gesamtinvestor und mit der Einstellung des Betriebs in Deutschland würde auch die Österreich-Tochter mit ihren rund 930 Filialen in die Insolvenzmasse fallen.
Abhängig von Schlecker Deutschland
Laut Schlecker-Österreich-Anwalt Klaus Ferdinand Lughofer gibt es Gespräche mit Investoren, die in der Branche aber bezweifelt werden. Aus der Handelswelt scheint niemand Interesse an dem Unternehmen zu haben. Am ehesten dürfte ein Käufer das Unternehmen filetieren und verwerten, wird erwartet. Dieser dürfte aber nicht aus Österreich kommen.
Lughofer und das Management hatten immer wieder betont, dass Schlecker Österreich auch alleine überleben könne. Insolvenzexperten zweifeln aber daran. Die Abhängigkeit von Deutschland sei zu groß. Die entscheidende Frage sei, wie Österreich ohne Deutschland an Waren kommt. Abgesehen davon müssten IT und Lagerverwaltung, die derzeit über Deutschland laufen, selbst aufgestellt werden.
Angeblich Millionenverlust
Rein rechtlich ist Schlecker Österreich ein eigenständiges Unternehmen und derzeit nicht in Insolvenz. Um Zeit zu gewinnen und den Betrieb aufrechtzuerhalten, könnte Schlecker in Österreich separat in Insolvenz gehen. Wann das passieren könnte, darüber gehen die Meinungen allerdings auseinander. Unklar ist auch, wie die Zahlen in Österreich tatsächlich aussehen.
Bei einer Pressekonferenz im Februar war noch betont worden, dass man wie in den vergangenen Jahren auch heuer wieder schwarze Zahlen schreiben werde. Insidern zufolge soll sich aber in den vergangenen Monaten ein zweistelliger Millionenverlust angesammelt haben - bei einem Umsatz von zuletzt 300 Mio. Euro.
" Wie ein Schneeballsystem"
Wie „Handelsblatt“-Recherchen zeigen, schrieb Schlecker in Deutschland schon mehrere Jahre rote Zahlen. Demnach machten bereits 2008 4.000 der 10.000 deutschen Filialen Verluste. Zwischen 2005 und 2011 gab es ein Minus von 500 Mio. Euro. Nach dem Scheitern von Gesprächen mit Banken über eine neue Kapitalspritze brachte der damalige Finanzvorstand das Thema Insolvenz ins Spiel. Das Unternehmen lehnte ab und setzte stattdessen auf Expansion.
„Wenn wir ehrlich sind, dann funktionierten wir ab Mitte der 90er Jahre wie ein Schneeballsystem. Es ging nur weiter, weil wir es ständig erweiterten“, sagte eine langgediente Führungskraft im „Handelsblatt“-Interview. Die Expansion wurde auch dazu verwendet, die Einkaufsmacht des Unternehmens zu erhöhen und die Lieferanten als Bank zu nutzen. Schlecker hatte sich mit bis zu 90 Tagen die längsten Zahlungsfristen der Branche ausgehandelt.
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