Themenüberblick

„Man wollte töten“

Eine Explosion vor einer Modeschule in der süditalienischen Hafenstadt Brindisi Samstagfrüh hat einer 16-jährigen Schülerin das Leben gekostet, mindestens zehn Verletzte soll es geben. Zwei von ihnen schweben in Lebensgefahr. Italienischen Medienberichten zufolge starb eine zweite Schülerin, das wurde aber von Behördenseite dementiert.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Drei miteinander verbundene Gasbomben sollen die Explosionen verursacht haben. Zunächst hatte es geheißen, dass Sprengkörper in Müllcontainern vor der Schule explodierten. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Schule Ziel des Attentats war.

Trümmerteile und Ermittler vor einer Schule in Brindisi

AP/Max Frigione

Vor dieser Schule ereigneten sich die Explosionen

„Es hätte zu einem Blutbad werden können. Wären die Gasbomben nur wenige Minuten später explodiert, wäre es zu einer noch größeren Tragödie gekommen“, berichtete ein Augenzeuge. „Mit dem Anschlag wollte man töten, die Gasbomben sind gerade zum Zeitpunkt explodiert, als die meisten Schülerinnen die Schule erreichten“, sagte Schuldirektor Angelo Rampino.

Polizei nahm Ermittlungen auf

Die Explosion ereignete sich, als sich mehrere Schüler vor Beginn des Unterrichts vor dem Eingang aufhielten. Das Schulgebäude wurde geräumt und das Gelände um die Modeschule gesperrt. Die Schule wird vor allem von jungen Frauen besucht. Die Francesca-Morvillo-Falcone-Schule ist nach der Ehefrau des bekannten Mafia-Jägers Giovanni Falcone benannt. Er war am 23. Mai vor 20 Jahren mit seiner Frau und drei Leibwächtern bei einem Mafia-Attentat in Sizilien getötet worden.

Die Polizei habe mit den Ermittlungen begonnen, meldete die italienische Nachrichtenagentur Ansa unter Berufung auf einen Vertreter der Sicherheitsbehörden. Bisher bekannte sich niemand zu dem Anschlag.

„Angriff der organisierten Kriminalität ohne Gleichen“

Der Bürgermeister von Brindisi, Cosimo Consales, macht die Mafia für den Anschlag vor der Schule verantwortlich: „Es handelt sich um einen Angriff der organisierten Kriminalität ohne Gleichen.“ In den letzten Wochen war es in Brindisi unter anderem zu einem Anschlag auf den Präsidenten einer Organisation gekommen, die das Phänomen der Mafia-Erpressungen bekämpft.

Die italienische Innenministerin Anna Maria Cancellieri bezeichnete den Anschlag einen Akt von „Grausamkeit ohne Gleichen“. Die Hintergründe seien aber noch unklar: „Es gibt viele Hypothesen, aber keine Sicherheit.“ Man könne noch nicht feststellen, dass es sich um einen Mafia-Anschlag handle: „Wir können mehr sagen, wenn sich die Ermittlungsrichtung konkretisiert hat.“

Spontane Kundgebungen in ganz Italien

Nach dem Anschlag wurden in ganz Italien spontane Protestkundgebungen organisiert. In Brindisi versammelten sich Tausende Menschen auf der zentralen Piazza Vittoria, um ihre Empörung auszudrücken. Geführt wurde die Demonstration von Bürgermeister Consales sowie vom bekannten Anti-Mafia-Priester Luigi Ciotti, der mit seiner Bewegung „Libera“ bereits seit Jahren gegen das Organisierte Verbrechen kämpft.

Die Schülerbewegung UDU rief zu Kundgebungen in allen italienischen Städten auf. Dabei sollen Schüler weiße Taschentücher schwenken. Die größte Demonstration ist am Samstagabend vor dem Pantheon in Rom geplant. Als Zeichen der Trauer wurden die Fahnen in allen italienischen Städten auf halbmast gesetzt. In Rom wurde die für Samstagabend geplante „Lange Nacht der Museen“ mit Hunderten Konzerten, Ausstellungen, und Vorführungen abgesagt.

Der neue französische Präsident Francois Hollande drückte dem italienischen Premier Mario Monti seine Solidarität wegen des Anschlags aus. Beide nehmen am G-8-Gipfeltreffen in Camp David (Maryland) teil. Auch der Vatikan verurteilte die „feige Tat“.

Link: