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Heftige Auseinandersetzung erwartet

Wie kommt man raus aus der Schuldenkrise? Die Wirtschafts- und Finanzpolitik wird voraussichtlich das beherrschende Thema des Treffens der Gruppe der Acht (G-8) sein. Die USA riefen Europa vor dem G-8-Gipfel auf, entschlossener gegen die Wirtschafts- und Finanzkrise vorzugehen.

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Es müsse mehr getan werden für Wachstum und Reformen in den EU-Krisenländern sowie gegen Spekulationen auf den Finanzmärkten, sagte Regierungssprecher Jay Carney vor dem Treffen der Gruppe von acht großen Industrieländern, das in Camp David bis Samstag stattfindet.

Die G-8-Staaten

Neben US-Präsident Barack Obama sind die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und Russland bei dem Treffen anwesend.

Obama mahne bereits seit Jahren mehr Unterstützung für Wachstum an, sagte Carney weiter. „Wir sagen seit einiger Zeit, dass Wachstum ein Faktor sein muss in Europa.“ Es gehe um einen „ausgeglichenen Ansatz“, der Sparen, aber auch Wirtschaftswachstum ins Auge fasse.

Obama wolle sich bei den zweitägigen Beratungen vor allem für mehr Wachstum und mehr Jobs einsetzen. „Sie müssen die Notwendigkeit von Wachstum in Europa ansprechen sowie die Notwendigkeit, den Menschen Arbeit zu geben, vor allem jungen Menschen in Europa“, formulierte Carney die Botschaft des US-Präsidenten.

Italiens Premierminister Mario Monti bei seiner Ankunft in den USA

AP/Cliff Owen

Mario Monti kommt als erster der EU-Regierungsschefs an

EU will „Sünderegister“ der USA aufzeigen

Die USA, Japan und Kanada warnen, dass die Europäer mit ihrer Schuldenkrise nicht die ohnehin labile Weltwirtschaft schädigen dürften. Auch Griechenland dürfte dabei zur Sprache kommen. Die EU will sich bei dem Gipfel gegen Kritik verteidigen. Die europäischen Staaten wollen sich keine Vorwürfe gefallen lassen. Und verweisen dabei auf das US-Sündenregister, den ungesunden US-Haushalt hin. Die USA und Japan hätten hohe Budgetdefizite von über acht Prozent ihrer jährlichen Wirtschaftsleistung, während die Euro-Zone im Schnitt im laufenden Jahr auf gut drei Prozent komme.

Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso sagte, Europa wolle „sowohl gesunde Staatsfinanzen gewährleisten als auch Wirtschaftswachstum gewährleisten“. Ähnlich äußerte sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel in einem Interview des US-Fernsehsenders CNBC. Gleichzeitig betonte sie ihren festen Willen, Griechenland in der Euro-Zone zu halten. „Das wäre, glaube ich, für Griechenland und das wäre auch für uns alle gut.“

Putin schickt Medwedew als Ersatz

Für den neuen französischen Präsidenten Francois Hollande, der den EU-Fiskalpakt um Wachstumselemente ergänzen will, ist das Treffen in Camp David der erste internationale Gipfel. Der G-8-Gipfel wird damit zum ersten Gradmesser, ob Deutschland und Frankreich auch in der neuen politischen Konstellation miteinander oder gegeneinander arbeiten werden.

Um ein möglichst geschlossenes Auftreten der vier europäischen G-8-Staaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien sicherzustellen, sprachen sich die vier Staats- und Regierungschefs am Donnerstag zumindest per Videokonferenz ab. In der Schaltkonferenz von Merkel, Hollande, Mario Monti und David Cameron „bestand hohe Übereinstimmung, dass fiskalische Konsolidierung und Wachstum keine Gegensätze sind, sondern dass beides benötigt wird“, wie Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstag im Anschluss mitteilte

Der neue russische Präsident Wladimir Putin, der eigentlich für Außenpolitik zuständig ist, lässt sich von Ministerpräsident Dimitri Medwedew vertreten. Als Grund für seine Absage gab er die laufende Regierungsbildung in Russland an. Bei wichtigen Themen wie der Bewältigung des Syrien-Konflikts und dem Atomstreit mit dem Iran werden daher keine wesentlichen Fortschritte erwartet.

Auf welche Seite schlägt sich Hollande?

Schlägt sich der Sozialist Hollande allerdings in der Debatte in Camp David offen auf die Seite der USA, die seit der Finanzkrise drängen, die Europäer und vor allem Deutschland müssten mehr staatliches Geld in die Hand nehmen, um die Konjunktur anzukurbeln, dürfte Streit programmiert sein. Denn Merkel hatte bereits am 9. Mai in ihrer Regierungserklärung im deutschen Bundestag deutlich gemacht, wo Deutschland in der Debatte steht. „Ich werde also, wie schon viele Male zuvor, auch in Camp David wieder deutlich machen: Die Überwindung der Staatsschuldenkrise in Europa kann und wird nicht über Nacht erfolgen“, betonte sie.

Obama kämpft um Freigabe der Ölreserven

Der um seine Wiederwahl kämpfende Obama könnte nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa die europäischen Partner dazu auffordern, die Freigabe von Ölreserven zu unterstützen. Ziel sei es, die Preise zeitweilig zu drücken und dadurch Industrie und Wirtschaft zu helfen. Wirtschaft und Jobs sind das zentrale Thema im US-Wahlkampf: Obama muss fürchten, im November zu verlieren, wenn die Konjunktur nicht bald anspringt.

Wie in Brüssel weiter bekanntwurde, ist ein solches Vorhaben im Kreis der größten Industriestaaten und Russlands aber umstritten. Während Großbritannien und Frankreich offen für den Vorstoß aus Washington seien, betrachte Deutschland das Vorhaben mit Skepsis.

Hilfspaket für Afrika soll geschnürt werden

Weitere Themen in Camp David, dem Landsitz des US-Präsidenten 100 Kilometer nördlich von Washington, sind der Klimaschutz, die Unterstützung des „arabischen Frühlings“ und die Bekämpfung des Hungers in Afrika. Die USA wollen im Präsidentschaftswahljahr eine neue Initiative anstoßen, die 50 Millionen Bauern in sechs Staaten aus der Armut holen soll. Die „L’Aquila-Initiative“ soll verlängert werden, bei der erhebliche Finanzmittel für die Hungerbekämpfung in Afrika zur Verfügung gestellt werden. Beides ist auch eine Antwort der westlichen Industrieländer auf Chinas Vormarsch in Afrika.

NATO-Treffen und EU-Sondergipfel

Das G-8-Treffen ist der Auftakt eines Gipfelmarathons. Am Sonntag und Montag trifft sich die NATO in Chicago, am Dienstag folgt ein EU-Sondergipfel in Brüssel. Beim NATO-Gipfel werden der Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan und die Hilfe für das Land nach dem Ende des NATO-Kampfeinsatzes 2014 sein. 3,2 Milliarden Euro im Jahr sollen für die Finanzierung der afghanischen Sicherheitskräfte bereitgestellt werden. Den Löwenanteil übernehmen die USA. Deutschland wird sich mit 150 Millionen Euro beteiligen. Das sagte Merkel dem afghanischen Präsidenten Hamid Karzai am Mittwoch bei einem Treffen in Berlin zu.

Mit der Unterzeichnung eines Abkommens stellten die beiden die deutsch-afghanischen Beziehungen auf eine neue Grundlage. Merkel und Karzai sprachen von einem „Meilenstein“. Das Abkommen betrifft die Zusammenarbeit in zahlreichen Bereichen vom Militär bis zur Wirtschaft. Konkrete Hilfszusagen werden darin aber noch nicht gemacht.

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