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Preis und Volumen aufgestockt

An der New Yorker Technologiebörse NASDAQ wird am Freitag erstmals die Aktie des Sozialen Netzwerks Facebook gehandelt. Der Wert des Unternehmens könnte mit dem Börsengang auf über 100 Mrd. Dollar (rund 78 Mrd. Euro) steigen. Für österreichische Anleger ist die Aktie - sofern überhaupt - vorerst kaum zu bekommen. Potenzial und Privatanleger-„Tauglichkeit“ beurteilen Analysten unterschiedlich.

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Angesichts des Hypes um den Börsengang kann sich Facebook-Gründer und Mehrheitsaktionär Mark Zuckerberg seiner Sache sicher sein. Am Mittwoch gab die US-Börsenaufsicht Securities und Exchange Commission (SEC) bekannt, dass das Preisband für die Aktie auf 34 bis 38 Dollar (zuvor 28 bis 35 Dollar) angehoben wurde. Außerdem wurde das Volumen um knapp ein Viertel erhöht - von rund 337 auf 421 Millionen Anteilsscheine.

Der Schritt an die NASDAQ (künftiges Kürzel „FB“) bringt Facebook damit mindestens 14, im äußersten Fall knapp 16 Mrd. Dollar (fast 12,5 Mrd. Euro) ein. Der Gesamtwert des Unternehmens könnte damit auf über 100 Mrd. Dollar steigen. Das Papier sei hoffnungslos überzeichnet, hieß es am Mittwoch in US-Medienberichten.

Wie geht es weiter bei Facebook?

Der Börsengang stellt den des Suchmaschinenanbieters Google, mit dem er gerne verglichen wird, deutlich in den Schatten. Google hatte 2004 „nur“ knapp zwei Milliarden Dollar eingenommen. Seither ist freilich nicht nur der Marktwert des Unternehmens um das Dutzendfache gestiegen, auch der Börsenkurs hat sich knapp versiebenfacht.

2008 noch rote Zahlen

Die Nutzerzahlen von Facebook lagen Ende letzten Jahres bei rund 850 Millionen, im ersten Quartal 2012 sollen es laut Börsenunterlagen bereits über 900 Millionen gewesen sein. Der Umsatz lag im Vorjahr bei 3,7 Mrd. Dollar, der Gewinn bei einer 1,06 Mrd. Dollar. 2010 hatte das Plus 606 und 2009 229 Mio. Dollar betragen. 2008 hatte Facebook noch rote Zahlen geschrieben.

Was das Potenzial von Facebook betrifft, gehen die Einschätzungen von Analysten denkbar weit auseinander. Außerdem hinke der Vergleich Google - Facebook etwas, so Daniel Lion, Analyst CEE Technology bei der Erste Group, im Gespräch mit ORF.at. Google sei heute in seinem Geschäft breiter aufgestellt als Facebook, was größtenteils auf strategische Entscheidungen nach dem Börsengang zurückzuführen sei. Bei Facebook kaufe man „das momentane Geschäft“. Das lief zwar im letzten Jahr zwar ziemlich gut, allerdings schwächte sich das Wachstum zuletzt etwas ab. Das könne temporär sein, oder auch nicht, so Erste-Analyst Lion.

Schlichtweg zu teuer?

Andere Finanzmarktexperten bewerten Unternehmen und Aktie als schlichtweg astronomisch überteuert. Bei knapp einer Milliarde Dollar Nettogewinn 2011 würde der errechnete Unternehmenswert mehr als das 100-Fache des Jahresgewinns bedeuten. Diese Zahlen (Kurs-Gewinn-Verhältnis, KGV, Anm.) alleine sagten allerdings wenig aus, erklärt Lion. Ausschlaggebend sei, wie sich der Unternehmensgewinn künftig entwickle. Das sei allerdings die „große Unbekannte“.

Grundsätzlich sei es „schon für institutionelle Anleger schwierig“, weitere Entwicklungen abzuschätzen, für Kleinanleger tue sich mitunter eine „Black Box“ auf, da sie zumeist nicht über dieselben Informationen wie institutionelle Investoren verfügten.

„Fundamental sehr wohl etwas da“

Bei Facebook sei aber „fundamental sehr wohl etwas da“, so Lion. Vor allem verfüge das Unternehmen über sehr viel Bargeld, und das müsse auch investiert werden. Freilich bestehe dabei auch das Risiko, dass es zu Fehlgriffen kommt.

Analysten stößt mitunter auch eine aus ihrer Sicht unklare strategische Richtung des Unternehmens und ein eigenwilliger Führungsstil Zuckerbergs sauer auf. Der Facebook-Gründer, der auch künftig 55 Prozent an seinem Unternehmen halten wird, hieß es am Mittwoch in einer Analyse des US-Finanzportals CBS MoneyWatch, habe "mehrfach gezeigt, dass er gute Ratschläge nicht brauche und schätze. CBS riet dezidiert vom Kauf der Aktie ab: Zuckerberg werde auch künftig das Geld seiner Investoren ausgeben, ohne sie zu fragen. „Er interessiert sich nicht für sie (Investoren, Anm.), möchte eigentlich nichts mit ihnen zu tun haben und würde sie nicht einmal ernst nehmen. Käufer aufgepasst.“

Analysten sehen „Spektakel“ mitunter kritisch

Andere stört der Hype um den Gang an die Börse. Facebook „trommelt eine massive Nachfrage“ nach seinen Aktien, während sich "Einnahmen und Nutzerzahlen unter Erwartung entwickelten und Fragen über die „langfristige Facebook-Story“ aufwarfen, hieß es in einem Rundruf von CNB unter Analysten. Der Börsengang sei mehr „Spektakel“ und Medienereignis als IPO (Initial Public Offering). „Derzeit ist das kein Spiel von Modellen und Fundamentaldaten.“

Hype und Risiko

Bleibt die Frage nach der Kleinanleger-„Tauglichkeit“ des Börsengangs. Zum festgelegten Preis des IPO kaufe man sich doch „einiges an Risiko ein“, so Erste-Analyst Lion. Wenn die Erwartungen an ein Unternehmen derart hoch sind, bestehe ganz grundsätzlich auch immer die Gefahr, dass Kurse - sollten Unternehmensnachrichten einmal nicht so gut ausfallen - stark einbrechen.

Grundsätzlich könne man die Entwicklung nach dem Börsengang einmal beobachten, „welche strategischen Entscheidungen getroffen werden, um die erwarteten Wachstumsaussichten zu erfüllen“. Dann könne die Aktie auch zu einem späteren Zeitpunkt noch attraktiv sein.

Nicht alles ist Google

Für Anleger, die sie unbedingt haben wollen, bedeutet das, dass sie sie vielleicht ohne Hype-„Bonus“ rund um den Börsengang bekommen können - vielleicht aber auch nicht. Bei Google wäre zu langes Abwarten die schlechtere, bei anderen Internet-Börsengängen die bessere Strategie gewesen.

Die Aktie des Onlinenetzwerks LinkedIn etwa verdreifachte nach dem Börsengang vor knapp einem Jahr ihren Kurs nahezu. Derzeit liegt er rund 100 Prozent über dem Ausgabepreis von 45 Dollar. Beim Internetradioanbieter Pandora Media Inc. dagegen währte der Hype nicht lange. Der Kurs fiel schon am zweiten Tag unter den Ausgabepreis von 16 Dollar, der damals eine Unternehmensbewertung von rund 2,6 Mrd. Dollar gebracht hatte - und das, obwohl Pandora anhaltend rote Zahlen schrieb. Derzeit liegt der Kurs um zehn Dollar - fast 40 Prozent unter dem IPO-Preis.

Das Onlinerabattportal Groupon legte im vergangenen November mit der Ausgabe von 35 Mio. Aktien zu 20 Dollar den bis dahin größten Börsengang seit Google hin und sammelte dabei (für fünf Prozent der gesamten Unternehmensanteile) 700 Mio. Dollar ein. Der Kurs schoss kurzfristig hoch, hat sich bis dato aber beinahe halbiert. Google dagegen hat seine Investoren nicht enttäuscht. Bei einem Ausgabekurs von 85 Dollar im Jahr 2004 ist das Papier derzeit rund 610 Dollar wert.

Facebook-Aktie schwer zu bekommen

Für österreichische Anleger ist es beim Börsengang eher schwierig, Facebook-Aktien zu erwerben, es sei denn, sie verfügen über ein Wertpapierdepot bei einer US-Bank oder einem der Institute, die den Gang an die NASDAQ organisieren. Nach dem IPO können Anleger, deren Depotanbieter den US-Handel anbieten, Aktien kaufen.

Georg Krammer, ORF.at

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