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Zuckerberg im Visier der Aktionäre

Facebooks Börsengang sorgt seit Monaten für Aufregung unter Investoren. Während die Nachfrage nach den Aktien hoch ist, gibt es ausreichend Zweifel an Facebooks Geschäftsmodell. Das Soziale Netzwerk experimentiert derzeit viel und nimmt mitunter wenig Rücksicht auf die Nutzer. Das könnte sich schnell rächen.

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Selbst wenn Facebook laut seinem Chef Mark Zuckerberg nicht in erster Linie gegründet wurde, um ein Unternehmen zu werden, hat es sich in den acht Jahren seines Bestehens doch zu einer wahren Macht im Internet entwickelt. Mit 901 Millionen aktiven Nutzern pro Monat ist es das derzeit größte Soziale Netzwerk, das täglich mit zig Millionen Daten gefüttert wird, pro Tag alleine mit 3,2 Milliarden „Gefällt mir“-Klicks und Kommentaren.

Unsichere Zukunft

Diese Daten über persönliche Vorlieben, Bekanntschaften oder den aktuellen Aufenthaltsort verwendet Facebook, um möglichst auf den jeweiligen Nutzer zugeschnittene und passende Werbung anzuzeigen. Facebook verdiente 2011 bei einem Umsatz von 3,7 Mrd. Dollar rund eine Mrd. Dollar (knapp 760 Mio. Euro). 85 Prozent des Umsatzes wurden dabei über Werbung generiert, der Rest über Einnahmebeteiligungen an Social Games wie Farmville. In den Jahren zuvor war der Werbeanteil höher.

Diese Zahlen sind bekannt - bisher unbekannt ist, wie Facebook seine Nutzer und ihre Daten in Zukunft monetarisieren will, um, wie Zuckerberg in einem Brief an zukünftige Investoren schreibt, bessere Dienste entwickeln zu können. Denn auch wenn Zuckerberg nach dem Börsengang mit 55,8 Prozent der stimmberechtigten Aktien weiterhin das Sagen bei Facebook haben wird, wird er die Aktionäre auf lange Sicht nicht ignorieren können - und die wollen gute Geschäftszahlen sehen.

Baustelle Smartphones

Die derzeit wichtigste Baustelle ist die mobile Nutzung auf Smartphones und Tablets, wie auch Zuckerberg bei seiner Roadshow anlässlich des Börsengangs zuletzt erneut unterstrich. Zwar greifen über die Hälfte der Nutzer mobil auf Facebook zu, sie bringen aber mangels passender Werbeflächen bzw. -formen dort kaum Geld. Im Moment verdient Facebook also hauptsächlich mit Werbung im Computerbrowser und lässt laufend Geld auf der Straße liegen: In Nutzungsminuten von Facebook gezählt haben in den USA Smartphones laut Zahlen des US-Marktforschers comScore Computer bereits überholt.

Mark Zuckerberg zeigt seine Facebook-Seite auf einem Smartphone

AP/Paul Sakuma

Facebook-Chef Zuckerberg bei einer Präsentation

Facebook probiert viel bei mobilen Geräten aus, seit kurzem etwa werden Bilder auf Smartphones deutlich größer angezeigt, und Facebook kaufte für eine Mrd. Dollar den Bilderdienst Instagram. Tests für Werbung liefen und laufen schon und sollen auch ausgebaut werden. Nicht alle Analysten, Investoren und auch Kunden sind jedoch von den Werbemöglichkeiten auf Facebook überzeugt. Sie halten dagegen, dass Google das bessere System hat, weil Nutzer dort gezielt nach etwas suchen und ihnen die Werbung eher ins Auge springt.

Der US-Autokonzern General Motors kündigte zuletzt an, vorerst keine bezahlte Werbung auf Facebook mehr schalten zu wollen, weil diese dort wenig Wirkung zeige. Der Konzern hatte laut „Wall Street Journal“ 2011 zehn Millionen Dollar in Facebook-Werbung investiert, ein Bruchteil des Gesamtwerbebudgets für die USA in der Höhe von 1,8 Mrd. Dollar. Mit seinen Firmenseiten will General Motors aber auf Facebook bleiben. US-Medien zufolge berichten Werbeagenturen immer wieder von unkooperativem Verhalten der Facebook-Werbeabteilung.

Nutzer zahlen für die Nutzung

Die andere große Geldquelle, die Einnahmen aus Anwendungen, will Facebook unter anderem mit einer eigenen Plattform ankurbeln, auf der Apps mit Facebook-Log-in für Apples iOS und Googles Android vertrieben werden sollen. Eine zentrale Stelle für Facebook-Anwendungen könnte deren Verbreitung verstärken und damit auch mehr Einnahmen mit Facebooks eigener Onlinewährung generieren. Vorerst ist das App-Center nur für Entwickler geöffnet, damit sie ihre Programme einreichen können.

In Zukunft könnten die Facebook-Nutzer aber auch für Grundfunktionen von Facebook, das Posten von Statusmeldungen, direkt zur Kasse gebeten werden: In Neuseeland laufen derzeit Tests, bei denen die Nutzer dafür zahlen können, dass ihre Posts in ihrer „Timeline“ besser sichtbar sind. Vor allem mit der Chronikanzeige verlieren offenbar immer mehr Nutzer den Überblick. Und Firmen beschweren sich zunehmend, dass die Nutzer auf ihren Facebook-Seiten weniger Posts anklicken. Bisher hatte Zuckerberg immer erklärt, dass die Nutzung kostenlos bleiben soll. Eine Abkehr könnte eine Massenflucht nach sich ziehen.

Werbung vs. Datenschutz

Analysten und Marktbeobachter sind sich uneinig, ob Facebook die hohen Erwartungen erfüllen wird. Umsatz und Gewinn legten zuletzt wie auch die Nutzerzahlen nicht mehr so stark zu, und Facebook müsse erst beweisen, wie es die grundsätzlich sehr wertvollen Nutzerdaten zu Geld machen kann. US-Amerikaner verbringen bereits 20 Prozent ihrer Onlinezeit auf Facebook, mit Spielen, dem Lesen von Nachrichten, Bildern von Freunden - Facebook ist mittlerweile ein eigenes und vor allem stark abgeschirmtes Unterhaltungsportal mit enormem Einfluss und Potenzial.

Facebook werde viel ausprobieren müssen, wie man die Nutzerdaten zu Geld machen kann, so eine Marketingexpertin gegenüber der „New York Times“ („NYT“), die Anleger könnten das aber nicht immer goutieren - von den Nutzern ganz zu schweigen. Ein Werber erklärte gegenüber der Zeitung, dass Facebook seinen Kunden mehr über das Verhalten seiner Nutzer mitteilen müsse, etwa wo diese vorher und nach ihrem Besuch auf Facebook hinklicken, denn derzeit würden viele Firmen nicht wissen, was ihnen eine Präsenz auf Facebook bringen soll. Der Datenschutz könnte dabei das Nachsehen haben. Kritiker warnen zudem, dass die Loyalität im Netz nicht besonders hoch ist und Nutzer schnell abwandern können, wie einst von MySpace zu Facebook.

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