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Multitalent und Günstling der Päpste

Raffael Santi zählt zu den herausragendsten Künstlern der Hochrenaissance und war schon zu Lebzeiten eine Legende. Seine Werke galten jahrhundertelang als Inbegriff der Vollendung. Dabei trat er nicht nur als Zeichner und Maler in Erscheinung, sondern auch als Architekt, Archäologe und Erfinder. Geschick bewies er auch als Unternehmer.

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Raffael wurde vermutlich am 6. April 1483 in Urbino geboren, das genaue Geburtsdatum ist jedoch nicht belegt. Seine erste Ausbildung erhielt er bei seinem Vater, dem Goldschmied Giovanni Santi. Frühzeitig erhielt er Kontakt mit gebildeten Humanistenkreisen. Es folgte eine Lehrzeit bei Pietro Vanucci (genannt Perugino), dessen Einflüsse an den frühen Werken Raffaels deutlich zum Tragen kommen.

Erste Station Florenz

Ab 1504 arbeitete Raffael als selbstständiger Maler in Florenz, wo die ersten Madonnenbilder - darunter die „Madonna im Grünen“, die heute im Kunsthistorischen Museum in Wien hängt, sowie die "Madonna mit dem Stieglitz - und vielfigurigen Altarkompositionen entstanden. In dieser Zeit setzte er sich mit zeitgenössischen Einflüssen auseinander, vor allem mit Leonardo da Vinci, Fra Bartolomeo und Michelangelo Buonarroti.

Die Ausmalung der Stanzen in Rom

Als Raffael 1508 nach Rom berufen wurde, war er schon ein bekannter Künstler und ein Idol. Im Vatikan erwartete ihn ein großer Auftrag: die Ausmalung der Stanzen mit Fresken. Bis 1517 entstanden Raffaels berühmteste Werke - unter anderem „Der Parnass“, „Die Schule von Athen“, „Die Messe von Bolsena“, „Die Vertreibung des Heliodor“ und „Die Befreiung Petri“.

Gemälde "Schule von Athen" von Raffael

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„Die Schule von Athen“ (1510/1511) schmückt die päpstlichen Privaträume

In dieser Zeit entwarf er für die Sixtinische Kapelle die Bildteppiche, schuf für die Chigi-Kapelle von S. Maria del Popolo die Mosaiken „Gottvater im Gestirnkeis“, malte für die Villa Farnesina die „Amor und Psyche“-Fresken. Zwischen 1511 und 1513 schuf er die „Madonna di Foligno“, die „Madonna della Sedia“ und sein wohl berühmtestes Marienbild, die „Sixtinische Madonna“ für den Hochaltar der Klosterkirche San Sisto in Piacenza. Von 1514 bis 1517 entstanden die Porträts „Julius II“., „Leo X. mit zwei Kardinälen“ und „Donna Velata“.

Der Baumeister des Vatikans

Nach dem Tod Donato Bramantes wurde Raffael 1514 als dessen Nachfolger zum Bauleiter des Vatikans und Architekten des neuen Petersdoms ernannt. Unter Raffaels Leitung wurde nur mit dem Unterbau des Doms begonnen. Beendet wurde aber der Hof von San Damaso im Vatikan. Zahlreiche Architekturpläne und Entwürfe für Bauten in Rom blieben erhalten. Zugleich war Raffael mit den Ausgrabungen der römischen Altertümer betraut.

Rom war Raffaels zweite Schaffensperiode. In dieser Zeit fand er seinen eigenen Stil, der das von der Hochrenaissance erstrebte Ziel, klare und harmonische Formen mit der antiken Tradition und wissenschaftlichen Grundlagen zu verbinden, verwirklichte. 1517 beauftragte Kardinal Giulio de Medici Raffael mit einer Arbeit für die Kathedrale in Narbone. Dieses Gemälde, die „Verklärung Christi“, stellt eines seiner bekanntesten Werke dar.

Die Werkstatt und die „Raffael-Grafik“

Als Günstling des Papstes wurde Raffael mit Aufträgen überhäuft und beschäftigte 50 Mitarbeiter. Der Künstler entwickelte den Bildgedanken, fertigte ein paar Skizzen an und konzentrierte sich auf die Vorgabe der Figuren sowie der Komposition des Raumes. Die detaillierte Ausgestaltung überließ er dann meistens seiner Werkstatt.

Gemälde "Madonna die Foligno" von Raffael

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Die „Madonna di Foligno“ (1511/1512) hängt heute in der vatikanischen Pinakothek

Seinen Ruhm zu Lebzeiten verdankte Raffael auch der Verbreitung gedruckter Kupferstiche, die er von seinen Werken anfertigen ließ. Mit der „Raffael-Grafik“ schuf der Unternehmer Raffael ein eigenes Markenzeichen. Noch im 19. Jahrhundert galt er als der am meisten reproduzierte Künstler überhaupt.

Die Bäckerstochter als Madonna

Raffael war lange mit der Nichte eines Kardinals verlobt, heiratete sie aber nicht. Seine Geliebte, Margharita Luti, ist unter dem Namen Fornarina bekannt und war die Tochter eines Bäckers in Rom. Als gesichert gilt, dass Raffael sie in mehreren seiner Werke verewigt hat, darunter auch in der „Sixtinischen Madonna“.

Raffael starb am 6. April 1520 im Alter von 37 Jahren, womöglich an einem Aderlass zur Kurierung einer Geschlechtskrankheit. Anderen Quellen zufolge erlag er nach einem archäologischen Aufenthalt in den Sumpfgebieten um Rom der Malaria. Auch die Pest wird von Historikern als Todesursache in Betracht gezogen.

„Vor dem sich die Natur fürchtete“

Raffael wurde auf eigenen Wunsch im Pantheon in Rom (heute Santa Maria ad Martyres) bestattet. Die Inschrift seines Grabmals lautet: „Ille hic est Raphael, timuit quo sospite vinci, rerum magna parens et moriente mori.“ („Dieser hier ist Raffael, von dem, solange er lebte, die große Mutter aller Dinge [die Natur; Anm.] fürchtete, übertroffen zu werden, und als er aber starb, dass sie zugleich mit ihm stürbe.“) Die auf dem Altar über dem Grabgewölbe stehende Marmorstatue wird bis heute unter dem Namen „Madonna del Sasso“ als wundertätig verehrt.

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