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„Regierung der Hoffnung“ bilden

Wie bereits im Vorfeld der zweiten Runde der Sondierungsgespräche zu erwarten war, sind die Gespräche zwischen Alexis Tsipras von der linksradikalen SYRIZA und dem Vorsitzenden der griechischen Sozialisten Evangelos Venizelos gescheitert. Nun hat es der Chef der drittstärksten Partei selbst in der Hand, eine Regierung auszuverhandeln.

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Präsident Karolos Papoulias beauftragte Venizelos am Donnerstag in Athen damit. Die Aufgabe sei „nicht einfach“, aber „machbar“, sagte der Chef der sozialistischen PASOK-Partei am Donnerstag vor der Residenz des Präsidenten. Er wolle eine Einheitsregierung aus proeuropäischen Kräften schmieden.

Linkspartei schon bald im Boot?

Und nach den ersten Verhandungen zeigte sich der Sozialistenchef durchaus optimistisch, eine Allparteienregierung auf die Beine stellen zu können. Ein erstes Sondierungstreffen mit der Demokratischen Linkspartei sei ein gutes Omen, so Venizelos am Donnerstag. Der Chef der Linkspartei erklärte sich zu einer Regierungsbeteiligung bereit, stellte jedoch strikte Bedingungen. Die Linkspartei gilt als möglicher Königsmacher, nachdem sich Sparkritiker und Sparbefürworter bisher nicht auf eine Regierungsbildung einigen konnten.

Als weitere potenzielle Partner einer von Sozialisten geführten Regierung gelten überdies die Konservativen, das Bündnis der Radikalen Linken. Zusammen hätten diese vier Parteien 220 Sitze im 300 Abgeordnete zählenden Parlament. Für ein solches Regierungsbündnis müssten jedoch die Radikalen Linken ihre Forderung zurücknehmen, den Sparpakt mit der Europäischen Union für null und nichtig zu erklären.

Tsipras ohne Erfolg

Am Vortag hatte er Tsipras einen Korb gegeben: „Ich habe die Kooperation aller Parteien vorgeschlagen, die für den Verbleib im Euro-Land sind“, sagte Venizelos, der vom eingeschlagen Sparkurs nicht abrücken will. Tsipras habe ihm jedoch die Bildung einer breiten Regierung angeboten, die alle Sparmaßnahmen auf Eis legen solle. Das habe er abgelehnt, weil so der Bruch mit der EU drohe.

Anschließend führte Tsipras - bereits im Vorhinein als aussichtslos geltende - Gespräche mit dem Chef der Konservativen, Antonis Samaras. „Herr Tsipras will etwas völlig anderes als wir“, sagte Samaras. „Er will das Sparpaket für null und nichtig erklären. Das wird eine Katastrophe für das Land sein“, sagte der Vorsitzende der Konservativen.

Tsipras gab Mandat zurück

Noch am Mittwochabend gab Tsipras schließlich das Mandat zur Regierungsbildung zurück. Er werde den Versuch zur Bildung einer Regierung aufgeben, erklärte der SYRIZA-Chef am Mittwoch in Athen. „Wir können unseren Traum von einer linken Regierung nicht umsetzen“, fügte er hinzu. Als nächster Chefsondierer steht dadurch nun Venizelos parat. Er werde am Donnerstag von Staatschef Karolos Papoulias mit der Regierungsbildung beauftragt, sagte der Chef der PASOK-Partei am Mittwoch in Athen.

Alexis Tsipras (SYRIZA) und Evangelos Venizelos (PASOK) verlassen nach ihrem Treffen den Raum

Reuters/Yorgos Karahalis

Venizelos (PASOK) und Tsipras (SYRIZA) nach den gescheiterten Verhandungen

Venizelos letzter Hoffnungsträger

Nach dem Scheitern der Verhandlungen bekommt nun mit PASOK-Chef Venizelos die drittstärkste Partei das Mandat für drei Tage. Es sei „derzeit keine eindeutige Lösung zu erreichen“, sagte Venizelos. Er wolle daher „eine Regierung der Hoffnung, der Sicherheit und der Perspektive bilden“, meinte der Sozialistenchef nach den gescheiterten Gesprächen mit Tsipras.

Aber auch seine Chancen sehen nicht viel besser aus, es sei denn, er schafft es, eine dritte Partei - am ehesten DIMAR oder die Unabhängigen Griechen - für eine Dreierkoalition mit der ND ins Boot zu holen. Doch auch hier gibt es bereits Absagen.

Bei einem Scheitern würde der Staatspräsident Karolos Papoulias alle Parteivorsitzenden zu einer letzten Sondierungsrunde zusammenbringen. Ist bis 17. Mai keine Einigung zu erzielen, muss das eben erst gewählte Parlament aufgelöst werden - Griechenland stünde vor neuerlichen Wahlen. Das Land würde bis dahin von einer Übergangsregierung geführt.

Samaras und Tsipras bereits gescheitert

Nach der Parlamentswahl am Sonntag war zunächst der Chef der konservativen Partei Nea Dimokratia (ND), Antonis Samaras, mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Seine Partei war als stärkste Kraft aus dem Urnengang hervorgegangen. Dieser gab den Auftrag zur Regierungsbildung aber bereits am Montag nach nur wenigen Stunden zurück, nachdem er die Sondierungsgespräche für gescheitert erklärt hatte. Dadurch war Tsipras zum Zug gekommen, dessen SYRIZA bei den Wahlen überraschend auf dem zweiten Platz gelandet war. Tsipras hatte drei Tage Zeit, eine neue Regierung zu bilden - doch so viel Zeit war gar nicht notwendig.

Taktik für die nächste Neuwahl

Und genau das Gespenst von Neuwahlen nach den Neuwahlen bestimmt bereits jetzt die Strategie der Parteien. Sie müssen sich die Frage stellen, wie ihr Verhalten bei den Verhandlungen ihre Chancen beim nächsten Urnengang beeinflusst. Dass ND-Chef Samaras etwa die Sondierungsgespräche so schnell für gescheitert erklärte, könnte damit zusammenhängen, dass er beim Übernehmen von Regierungsverantwortung und dem Fortsetzen des Sparkurses noch größere Verluste befürchtet, als er zuletzt ohnehin hinnehmen musste.

Ähnliches könnte für die PASOK gelten. Und die anderen Parteien, allen voran SYRIZA, haben vor allem von Proteststimmen profitiert. Hätten sie bei den Verhandlungen zu viele Zugeständnisse gemacht und dabei ihre harten Position verlassen, wäre die Wählerschaft bereits wenige Tage nach der Wahl hintergangen worden.

Hilfsgelder werden ausbezahlt

Am Rande der schwierigen Verhandlungen um die Regierungsbildung teilte die EU-Kommission am Donnerstag mit, trotz der schwierigen Lage weitere Hilfsgelder an Griechenland auszuzahlen. Das habe das Direktorium des Euro-Krisenfonds EFSF bei einer Sitzung am Mittwoch bestätigt, teilte der EFSF am Mittwochabend in Luxemburg mit. Von der Kreditrate in Höhe von 5,2 Mrd. Euro werden 4,2 Mrd. Euro bereits am Donnerstag ausgezahlt. Es handelt sich um das erste Geld aus dem nach langem Ringen beschlossenen zweiten Hilfspaket.

Die restliche Milliarde benötige Athen nicht vor Juni. Dieses Geld werde „abhängig von den finanziellen Bedürfnissen Griechenlands“ überwiesen, schrieb der Fonds. Der EFSF betonte, dass - wie bereits zuvor - die 4,2 Mrd. Euro auf ein separates Konto fließen, das Griechenland allein zur Rückzahlung seiner Schulden nutzen darf.

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