Massive Auswirkungen auf Flugverkehr
Die Eröffnung des neuen Großflughafens Berlin-Brandenburg (BER) ist knapp vier Wochen vor dem geplanten Termin geplatzt. Der Hauptstadt-Airport kann wegen Problemen beim Brandschutz nicht wie vorgesehen am 3. Juni in Betrieb gehen. Das teilte die Flughafengesellschaft am Dienstag mit.
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Ein neuer Eröffnungstermin steht noch nicht fest, der Luftverkehr soll zunächst weiter über die zwei bestehenden Berliner Flughäfen abgewickelt werden. Der Termin lasse sich wegen noch nötiger Tests bei den Brandschutzanlagen nicht einhalten, sagte der Chef der Flughafengesellschaft, Rainer Schwarz, am Dienstag in Schönefeld bei Berlin. Die Anlagen zum Brandschutz seien zwar installiert worden, befänden sich aber noch nicht in einem Zustand, der eine Abnahme erlaube. Ein neuer Termin zur Inbetriebnahme solle „nach der Sommerpause in Angriff genommen werden“. Der bereits begonnene Flughafenumzug werde ab sofort gestoppt.

Reuters/Tobias Schwarz
Verpackte Infoterminals warten weiter auf Inbetriebnahme
Der Chefplaner des neuen Airports, Technik-Geschäftsführer Manfred Körtgen, begründete die kurzfristige Entscheidung am Dienstag mit der Brandschutztechnik inklusive einer großen Belüftungsanlage, die nicht den nötigen Reifegrad habe. Der TÜV könne sie deshalb bis zum 3. Juni nicht genehmigen. Die „Bild“-Zeitung machte ihren Bericht mit einem Foto von Schwarz und Körtgen auf und titelte: „Dieses Duo blamiert ganz Deutschland.“
„Erheblicher Aufwand“
Die verschobene Eröffnung wird weltweite Auswirkungen auf den Luftverkehr haben. „Wir müssen alle betroffenen Fluggesellschaften weltweit darüber informieren, dass sie ihre Abläufe ändern müssen“, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Flugsicherung (DFS), Ralph Riedle, der „Financial Times Deutschland“ (Mittwoch-Ausgabe). Das sei für alle Beteiligten ein erheblicher Aufwand. Der Fall sei wegen der kurzfristigen Informationspolitik der Betreibergesellschaft sehr ungewöhnlich.
Die für die Koordinierung und Kontrolle der Flugrouten und Sicherheit der Flüge zuständige Gesellschaft sei erst am Dienstag darüber informiert worden, dass der geplante Termin am 3. Juni nicht gehalten werden kann, sagte der DFS-Geschäftsführer.
„Böse Überraschung“
Bis auf weiteres sollen die Flüge über die Flughäfen Tegel und Schönefeld abgewickelt werden, wie Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sagte. Niemand müsse sich Sorgen machen, einen gebuchten Flug nicht antreten zu können, sagte er. Er sprach dennoch von einer „bösen Überraschung“. „Das ist kein guter Tag für den Flughafen Berlin-Brandenburg“, sagte auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Die nötigen Arbeiten sollten so schnell wie möglich abgeschlossen werden, der Zeitraum der Verzögerung solle so kurz wie möglich sein. Wowereit äußerte die Erwartung, dass der Flughafen nach den Sommerferien im August eröffnen wird.
Der neue Flughafen soll eine Startkapazität von 27 Millionen Passagieren haben. 2011 flogen von den beiden bestehenden Flughäfen, die ihren Betrieb ursprünglich Anfang Juni hätten einstellen sollen, aber nur rund 24 Millionen Passagiere ab. Die Flughafengesellschaft geht davon aus, dass die zusätzlichen Kapazitäten von den beiden alten Flughäfen übernommen werden können, wie Schwarz sagte. Über etwaige Schadenersatzansprüche müsse mit den Fluggesellschaften gesprochen werden. Die Verzögerung wird laut Berliner „Tagesspiegel“ pro Monat Kosten in Höhe von 15 Millionen Euro verursachen.
Große logistische Probleme
Die Lufthansa kündigte an, ihre Flüge weiter über den Airport Tegel abzuwickeln. Die Fluggesellschaft befinde sich in Gesprächen mit dem Flughafenbetreiber über entsprechende Zeitfenster für Starts und Landungen, sagte ein Lufthansa-Sprecher in Frankfurt am Main. Die Lufthansa halte an dem Ziel fest, mehr Flüge von und nach Berlin anzubieten. Airberlin reagierte „mit großer Enttäuschung“ auf die Verschiebung. Die Airline müsse komplett umplanen, was für alle Beteiligten „gewaltige logistische Probleme“ und „erhebliche noch nicht kalkulierbare Mehrkosten“ bedeute.
Die Fertigstellung des seit rund 20 Jahren geplanten und 2,5 Milliarden Euro teuren Projekts hatte sich schon mehrmals verzögert. Es hatte zuletzt auch wegen der Proteste von Anwohnern gegen den zu erwartenden Fluglärm von sich reden gemacht.
„Erstaunlich unprofessionell“
Kritik an der Verschiebung kam aus der Bundespolitik. „Das Projektmanagement der Flughafengesellschaft ist erstaunlich unprofessionell“, sagte der Vorsitzende des Bundestagsverkehrsausschusses, Anton Hofreiter (Grüne), gegenüber dem „Handelsblatt“ (Onlineausgabe). SPD-Fraktionsvize Florian Pronold nannte die Verschiebung „peinlich“.
Die Terminverschiebung ist für das Aktionsbündnis für ein lebenswertes Berlin-Brandenburg kein Anlass zum Jubeln. „Die Probleme werden dadurch nicht gelöst“, sagte Sprecher Matthias Schubert. Kritikpunkte seien weiterhin die Flugrouten und die Drehkreuzlage, über die den Bürgern kein reiner Wein eingeschenkt worden sei.
Mit Blick auf die Baufirmen sagte Wowereit: „Wir behalten uns Regressforderungen vor.“ Wenn es technische Probleme gebe, „muss es auch Ehrgeiz der Unternehmen sein, dass das läuft“. Zu den Kosten der Verschiebung sagte Wowereit, einige Maßnahmen zur Beschleunigung müssten nun nicht bezahlt werden. Andererseits gingen Millionenbeträge als Einnahmen verloren, die aus höheren Entgelten einkalkuliert worden seien. Mit der Inbetriebnahme des neuen Flughafens wird Tegel im Westen der Stadt geschlossen. Der City-Airport Tempelhof ist bereits seit 2008 außer Betrieb.
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