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Sarkozy zieht in den Sechzehnten

„Ich höre mit der Politik auf.“ So knapp äußerte sich der noch amtierende französische Präsident Nicolas Sarkozy nach seiner Wahlniederlage gegenüber Mitstreitern. Wenn er nun im Elysee die Koffer packt und tatsächlich „Franzose unter den Franzosen“, also Privatmann, wird, dann darf sich Ehefrau Carla Bruni über einen neuen Untermieter freuen: Sarkozy zieht zu ihr in den Sechzehnten.

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Das ganze Umzugsgut des französischen Präsidenten soll nach Informationen des „Parisien“ zunächst in die Wohnung von Gattin Carla im schicken 16. Pariser Arrondissement gebracht werden.

Sarkozy wirkte zuletzt erschöpft von einem kräftezehrenden Wahlkampf, der auch seinen erfolgreichen Herausforderer zeichnete. Bis Sonntag hatte der Wahlverlierer im Glauben an eine spektakuläre Trendwende jegliche Planung für den Fall einer Niederlage abgelehnt. Nun muss es schnell gehen, denn am 15. Mai will der neue Hausherr Hollande bereits mit seiner Lebensgefährtin Valerie Trierweiler nach der feierlichen Amtseinführung einziehen.

Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy mit Carla Bruni

dapd/AP/Michel Euler

Im Wahlkampf oft an seiner Seite, jetzt zieht er bei ihr ein: Nicolas Sarkozy mit Carla Bruni

Was macht der geschlagene Präsident?

Beruflich will Sarkozy offenbar zu seinem ursprünglichen Job als Anwalt zurückkehren. Das erklärte Franck Louvrier, einer seiner engsten Mitarbeiter, am Dienstag gegenüber französischen Medien. Sarkozy, der nach wie vor Mitinhaber einer Anwaltskanzlei in Paris ist, wird sich nach Angaben seines Kommunikationsberaters Louvrier „schon sehr bald wieder“ bei der Pariser Anwaltskammer registrieren.

Sarkozy begann nach seinem Jusstudium vor mehr als 30 Jahren als Anwalt. Er brach die Tätigkeit ab, als er in den 1990er Jahren Minister wurde. In unmittelbarer Zukunft werde sich der 57-Jährige, der sein Amt am 15. Mai offiziell seinem Nachfolger Hollande übergibt, am Familienansitz seiner Frau Carla Bruni im südfranzösischen Cap Negre an der Cote d’Azur ausruhen, so Louvrier.

Laut Verfassung hat Sarkozy als Altpräsident die Möglichkeit, auf Lebenszeit Mitglied des Verfassungsrats zu sein, der prüft, ob Gesetze der Verfassung entsprechen. Das ist bereits der Fall bei den beiden Altpräsidenten Jacques Chirac (1995 bis 2007) und Valery Giscard d’Estaing (1974 bis 1981).

"Habe keine Angst vor dem Nichts“

Sarkozy hatte vor der Wahl angekündigt, sich im Falle einer Niederlage aus der aktiven Politik zurückzuziehen. In einer Ansprache am Wahlabend am Sonntag stellte er zwar klar, dass er die Liste seiner konservativen UMP-Partei bei den Parlamentswahlen im Juni nicht anführen werde, allerdings kündigte er nicht unmissverständlich seinen Rücktritt aus der Politik an. Was man weiß, ist, dass er sich nicht für seine Partei UMP (Union für eine Volksbewegung) im kommenden Parlamentswahlkampf engagieren möchte.

Auch da ist ja eine Niederlage in Aussicht. „Wenn man Präsident der Republik war, hat man keine Lust, wieder bei null anzufangen“, hat er vor kurzem erklärt und nach Angaben der Zeitung „Le Parisien“ betont: „Ich rauche und ich trinke nicht, ich bin nicht gedopt, nicht mal durch die Politik. Ich habe Lebenslust, ich liebe das Leben - ich habe keine Angst vor dem Nichts.“

Wer führt die UMP?

Fraglich ist überhaupt, wer der starke Mann in Zukunft in der UMP, der Partei Sarkozys, sein wird. Alle Augen richteten sich zuletzt auf Alain Juppe. Der Außenminister hatte ja so etwas wie einen zweiten Politfrühling. Doch der winkte am Montag ab. Juppe kündigte am Montag an, dass er bei den Parlamentswahlen im Juni nicht kandidieren werde und damit auf einen Führungsanspruch in der bisherigen bürgerlich-konservativen Regierungspartei UMP verzichtet.

„Ich habe beschlossen, dass ich nicht kandidieren werde“, sagte Juppe auf einer Pressekonferenz in Bordeaux, dessen Bürgermeister er ist. Der 67-Jährige ist die erste Persönlichkeit aus dem konservativen Lager, die ihren Rückzug aus der nationalen Politik ankündigt, nachdem Präsident Nicolas Sarkozy (UMP) am gestrigen Sonntag die Präsidentenwahl gegen den Sozialisten Francois Hollande (PS) verloren hat.

Juppe war ebenso wie Premierminister Francois Fillon als möglicher künftiger UMP-Chef im Gespräch gewesen. Arbeitsminister Xavier Bertrand nannte die beiden Namen sowie jenen des gegenwärtigen UMP-Chefs Jean-Francois Cope am Sonntagabend im Fernsehen.

Suche nach der „Rückeroberung“

„Wir müssen uns überall im Land in eine Position der Rückeroberung versetzen“, betonte Juppe und fügte mit Bezug auf sein Bürgermeisteramt hinzu: „Ich habe beschlossen, mich dieser Arbeit voll zu widmen.“ In Bordeaux hatte Hollande am gestrigen Sonntag 57,18 Prozent der Wählerstimmen erhalten, mehr als fünf Prozentpunkte mehr als im nationalen Durchschnitt. Der Altpremier betonte weiter, dass die Bürger „immer weniger die Ämterkumulierung verstehen“.

Juppe war bei den letzten Parlamentswahlen im Juni 2007 von einer Sozialistin geschlagen worden, was ihn dazu veranlasste, das ihm von Präsident Sarkozy gerade anvertraute Umweltministerium wieder zurückzulegen. Erst 2011 holte ihn Sarkozy wieder in sein Kabinett. Juppe war bereits von 1993 bis 1995 Außenminister unter Premier Edouard Balladur und anschließend von 1995 bis 1997 Premierminister von Präsident Jacques Chirac.

UMP könnte zerfallen

2004 musste er alle seine Wahlmandate abgeben, weil er wegen illegaler Parteienfinanzierung zu 14 Jahren bedingter Haft verurteilt worden war. Daraufhin nahm er eine Professur an der Verwaltungshochschule der kanadischen Provinz Quebec an. 2006 eroberte er dann das Rathaus von Bordeaux, und 2007 verhalf ihm Sarkozy zu seinem Comeback, das allerdings durch die Wahlniederlage von 2007 wieder bis zum Vorjahr unterbrochen wurde.

Die deutsche Politologin und Expertin für das deutsch-französische Verhältnis, Sabine von Oppeln, sieht die UMP jedenfalls schon seit längerem im einer Krise: „Die UMP hatte schon im Vorfeld dieser Wahlen einige Schwierigkeiten. Es zeigen sich Spaltungen zwischen den Flügeln. Zum einen ist da der traditionelle, eher republikanisch-gaullistischen Flügel, der seinerzeit auch durch Chirac vertreten wurde. Chirac hatte jetzt nicht für Sarkozy, sondern für Hollande gestimmt. Zum anderen der liberal bis nationalistische Flügel, der von Sarkozy vertreten wurde. Durch die Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen kommen nach meiner Voraussage schwere Zeiten auf die UMP zu. Wir müssen abwarten, ob sich die UMP bei den Parlamentswahlen im Juni in der jetzigen Formation hält oder ob es Abspaltungen gibt.“

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