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„Kommt bei Bevölkerung nicht an“

Der Club of Rome gibt 40 Jahre nach dem Report „Die Grenzen des Wachstums“ nun einen neuen Ausblick bis 2052. Der erste hat nach Ansicht von Ernst Ulrich von Weizsäcker (72) viel bewirkt. Die Umweltverschmutzung steige in weiten Teilen der Welt bereits nicht mehr genauso schnell wie das Wirtschaftswachstum.

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Nun müsse auch noch der Naturverbrauch weiter vom Wirtschaftswachstum abgekoppelt werden, sagte der Wissenschaftler und Politiker in einem Interview mit Simone Humml von der Nachrichtenagentur dpa. Das Buch „Die Grenzen des Wachstums“ habe viel bewirkt: „Die Europäer haben daraus insbesondere im Zusammenhang mit der Ölkrise ziemlich genau das Richtige gelernt. Dass man anfangen muss, sich für Solarenergie zu interessieren, und dass man energieeffizient leben muss - in England nannte man Effizienz die fünfte Brennstoffquelle. Die Entwicklungsländer haben zunächst negativ reagiert und die US-Amerikaner auch. In den USA wurde Club of Rome später mit europäischen Pessimismus gleichgesetzt.“

Die größten Fortschritte seit 1972 im Umweltbereich sieht Weizsäcker in einer Mentalitätsänderung: „Damals galt (...): Umweltverschmutzung wächst proportional mit dem Wirtschaftswachstum. Die Idee, dass man das voneinander abkoppeln kann, war in den Formeln des Werkes noch nicht vorgesehen.“ Diese Koppelung sei später abgeschafft worden. Nun müsse noch jene von Wirtschaftswachstum einerseits und Ressourcenverbrauch andererseits stattfinden.

„Dramatische Umstellung“

Weizsäcker geht davon aus, dass der Report „2052“ nicht im gleichen Maße aufrütteln wird wie „Die Grenzen des Wachstums“: „Es ist bereits bekannt, dass man eine ganz dramatische Umstellung der Wirtschaft braucht, um das Ganze noch halbwegs in den Griff zu kriegen. Im Moment wird ja das Weltgeschehen zudem nicht von dem bestimmt, was Europäer sagen, sondern von dem, was Brasilianer, Chinesen und US-Amerikaner sagen. Und dort stehen Klima und Umwelt im dritten Glied.“

Bedeutet das Wirtschaftswachstum also, wie im Report berichtet, derzeit gar keinen oder kaum einen Gewinn, wenn man den Umweltverbrauch einrechnet? Von Weizsäcker dazu: „Ich finde die Warnung des Reports großartig, aber das kommt in der breiten Bevölkerung überhaupt nicht an. Deutschland ist an der Stelle noch recht ausgewogen, andere sehen aber nur das Wachstum. Dass dies fast alles zulasten der Natur geht, dass die Brasilianer ähnlich wie die Kuwaiter oder Angolaner einfach ihre Natur verkaufen oder ihre Bodenschätze und dadurch eine Art von Reichtumsblase entsteht, das ist dort kaum im Bewusstsein.“

Ökologische Kostenwahrheit als Zukunftsweg

Eine Lösungsmöglichkeit sieht Weizsäcker in der Kostenwahrheit: „Wir müssen Klimaschutz und Artenschutz richtig profitabel machen und endlich aufhören mit dem Geseiere, wir sollten den Gürtel enger schnallen, damit wir unser Klima schützen können. Das ist eine politische Totgeburt.“ In seinem Buch „Faktor Fünf“ schlage er vor, insbesondere die Energiepreise jedes Jahr um so viel teurer zu machen, wie die Effizienz im abgelaufenen Jahr zugenommen hat. So würden zwar die Ausgaben für Energie im Durchschnitt konstant bleiben, aber eine Selbstbeschleunigung der Energieeffizienz eintreten.

Bei Artenvielfalt könne man analog dazu den ökologisch zerstörerischen Landverbrauch teurer machen und damit effizientere und ökologischere Landnutzung belohnen und die Anlage „idiotischer“ Palmölplantagen bestrafen. Vorausgehen solle man jedoch bei Energie und vormachen, dass man damit Arbeitsplätze sichern und Wohlstand erzeugen könne: „Wenn wir den Klimaschutz und Umweltschutz profitabel machen, dann wird das überall kopiert.“

Gibt es also noch Potenzial, etwas zu ändern? Von Weizsäcker meint: „Es ist noch Luft in vielen Bereichen: Die Landwirtschaft verzichtet beispielsweise noch weitgehend auf Tropfenbewässerung. Wenn es mit Trockenheit wirklich ernst wird, kriegt das Wasser seinen Preis und diese Technik wird rentabel.“

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