Dinner in Tokio, Museumsbesuch in Paris
Spontane Flugreisen, wann und wohin man möchte, ein Leben lang und unabhängig von steigenden Steuern und Kerosinpreisen: Die Inhaber des unlimitierten AAirpass von American Airlines (AA) haben mit dem Erwerb des Tickets um vergleichsweise wenig Geld das große Los gezogen. Denn die Flatrate-Kunden verfliegen im Schnitt jährlich rund das Vierfache von dem, was sie einmalig für das Ticket bezahlt haben.
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Als die Fluglinie das AAirpass-Programm 1981 einführte, versprach man sich davon Millioneneinkünfte, die im Zuge der damals geplanten Expansion nur allzu willkommen waren, berichtete die „Los Angeles Times“. Angeboten wurden die bis heute erhältlichen Prepaid-Meilen, aber als schneller Geldbringer vor allem: ein lebenslang gültiges Ticket, das zum unlimitierten Fliegen auf allen AA-Strecken in der ersten Klasse berechtigte. Verkauft wurde die exklusive Flatrate um 250.000 Dollar (192.160 Euro) für eine Person, um einen Aufpreis von 150.000 Dollar (115.296 Euro) mit Begleitung. Ältere Käufer erhielten zudem eine Ermäßigung auf den Kaufpreis.
Flüge übertreffen Wert der bezahlten Tickets
„Wir dachten eigentlich, dass Unternehmen die AAirpässe für Mitarbeiter kaufen würden, die beruflich viel unterwegs sein würden“, erklärte Bob Crandall, Vorstandsvorsitzender von AA von 1985 bis 1998 gegenüber der „LA Times“. „Es stellte sich schnell heraus, dass die Kunden schlauer waren als wir.“ Denn die unlimitierten Tickets wurden hauptsächlich von Privatpersonen erworben, die in nur wenigen Monaten den bezahlten Wert locker mit ihren Flügen übertrafen.
Denn nicht nur, dass in der Flatrate sämtliche AA-Flüge inkludiert sind, die Besitzer sammeln auch wie jeder andere zahlende Kunde Meilen, die wiederum bei Partnern des Frequent-Flyer-Programms wie Hotels und Autovermietungen eingelöst werden können. Auch für Umbuchungen oder Stornos fallen keine zusätzlichen Kosten an. Im Gegenteil: VIP-Kundenbetreuer sorgen dafür, dass auch schwierigere Routen problemlos gebucht werden können.
Gerade diese Zusatzvergünstigungen erwiesen sich als Stolperstein für die Airline. 1990 hob sie den Preis für unlimitiertes Fliegen auf 600.000, 1993 auf 1,01 Mio. Dollar. 1994 stellte AA den Verkauf der noch immer nicht rentablen Tickets gänzlich ein.
18 Langstreckenflüge im Monat
Steven Rothstein erwarb seinen AAirpass 1987, weil er für seinen Job als Investmentbanker die ganze Welt bereiste. Nachdem er zwei Jahre später den Zusatzpass für eine Begleitperson gekauft hatte, hätte das Programm die Macht über ihn ergriffen so der Vielflieger. Seit damals gibt es kaum eine Woche, in der er nicht um die Welt jettet. Rund 18 Langstreckenflüge in einem Monat sind für Rothstein keine Seltenheit, egal, ob es für ein Abendessen nach Tokio oder einen Ausstellungsbesuch nach Paris ist.
Sein Begleiterticket überlässt er dabei gerne Freunden, die er für einen Kurztrip nach Europa irgendwo in den USA aufsammelt. Manchmal reserviert er damit auch auf Fantasienamen wie „Tasche Rothstein“ einen zweiten Platz, um während des Flugs noch ungestörter zu sein als in der ersten Klasse ohnehin schon. Und bei nicht wenigen Flügen soll Rothstein wildfremden Menschen am Flughafen sein zweites Ticket überlassen haben.
Begleittickets weiterverkauft
AAirpass-Besitzer wie Rothstein haben ihre Anschaffung nicht bereut: Sie haben zwar keine Kleinigkeit für ihr Flugticket bezahlt, in den letzten mehr als 20 Jahren haben sie den Pass jedoch so ausgenützt, dass sie den Wert mittlerweile spielend in einem Jahr verfliegen, wenn nicht sogar ein Vielfaches davon. Für manchen der Vielflieger war der Pass jahrelang sogar bares Geld wert: Willard May aus Texas etwa, der nach seiner Pensionierung in den frühen 1990er-Jahren begann, für 2.000 Dollar im Monat ein zwischen den USA und Europa in Fernbeziehung lebendes Paar hin- und herzufliegen.
Als AA mit massiven finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen begann, wurden auch die AAirpässe auf ihre Rentabilität überprüft. Das wenig überraschende desaströse Ergebnis ließ die Airline eine eigene Abteilung einrichten, die darauf angesetzt wurde, Regelverstöße aufzudecken und so möglichst viele der Tickets wieder einziehen zu können.
Strenge Überwachung der Richtlinien
"Wir überwachen aktiv die Einhaltung unserer Richtlinien und decken unzulässige Anwendung auf, erklärte die AA-Sprecherin Mary Sanderson gegenüber der „LA Times“. „Wenn wir feststellen, dass jemand unsere Regeln unterläuft und in Betrugsabsicht handelt sehen wir uns gezwungen, Maßnahmen zu setzen, die wir für angebracht halten.“ Nicht immer mit Erfolg - Rothstein und einige andere gingen gerichtlich und mit Erfolg gegen die Airline vor und durften ihre Tickets behalten. Doch von verhätschelten VIP-Kunden seien sie nun zu streng überwachten Verdächtigen geworden, so Rothstein.
2004 bot American Airlines den unlimitierten AAirpass noch ein letztes Mal an: Die Flugflatrate kostete drei Mio. Dollar plus Begleitticket für zwei Mio. Dollar und wurde kein einziges Mal verkauft. Die Zeiten, in denen die Airline ihre VIP-Kunden verhätscheln konnte, sind jedenfalls vorbei: AA ist im November in die Insolvenz geschlittert. Der Flugbetrieb läuft im Moment unvermindert weiter, und das Management ist zuversichtlich, dass ein Neustart gelingt.
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