Wende in Frankreich nach 17 Jahren
Der Sozialist Francois Hollande ist der nächste Präsident Frankreichs: Der 57-Jährige gewann die Stichwahl am Sonntag laut Innenministerium mit 51,67 Prozent. Der konservative Amtsinhaber Nicolas Sarkozy kam auf 48,33 Prozent. Hollande wird damit der erste sozialistische Präsident seit dem Ende der Amtszeit von Francois Mitterrand vor 17 Jahren.
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Hollande hatte bereits die erste Runde der Präsidentschaftswahl am 22. April mit knappem Vorsprung auf Sarkozy für sich entschieden. Umfragen sahen den früheren Parteichef der Sozialisten (Parti Socialiste, PS), der Sarkozy nach fünf Jahren an der Staatsspitze ablöst, seit Monaten in Führung. Die Entscheidung fiel nach einem erbittert geführten Wahlkampf, in dem die von Sarkozy verantworteten drastischen Sparmaßnahmen während der Euro-Krise eine große Rolle spielten.
Konsequenzen für ganz Europa
Als Kernprojekte in Hollandes Programm gelten eine umfassende Reform des Steuersystems und Maßnahmen in den Bereichen Bildung und Beschäftigung. So sollen Besserverdiener und Unternehmen stärker belastet und 60.000 neue Jobs im Bildungsbereich geschaffen werden. Zudem will Hollande den Fiskalpakt in Europa neu verhandeln und noch heuer die französischen Truppen aus Afghanistan abziehen. Es ist zu erwarten, dass Hollandes Präsidentschaft in der gesamten EU maßgebliche Veränderungen mit sich bringt.

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Hollande feierte in der Nacht mit Zehntausenden Anhängern in Paris
Die Wahlbeteiligung lag bei 81,5 Prozent. Bei der Präsidentenwahl 2007 waren es knapp 84 Prozent gewesen. Insgesamt waren 46 Millionen Franzosen zur Wahl aufgerufen. Rund 900.000 Franzosen in den Überseegebieten konnten bereits am Samstag abstimmen. Die beiden Kandidaten waren am Sonntagvormittag betont entspannt zur Wahl gegangen - Hollande in Begleitung seiner Lebensgefährtin Valerie Trierweiler in seinem Wahlkreis Tulle, Sarkozy mit der bisherigen First Lady Carla Bruni-Sarkozy im vornehmen 16. Pariser Arrondissement.
Hollandes Anhänger feiern
Schon vor dem Schließen der Wahllokale hatten Hollandes Anhänger vor der Zentrale der PS zu feiern begonnen. Seit dem späten Nachmittag hatte sich die Rue Solferino in Paris mit Hunderten Sympathisanten gefüllt. Nach Bekanntwerden der ersten Exit-Poll-Ergebnisse durch ausländische Medien wurde der Slogan „Wir werden gewinnen!“ hörbar, während unzählige Fahnen geschwungen wurden. Über dem Parteisitz schwebt ein Heißluftballon mit dem Wahlsogan Hollandes: „Le changement c’est maintenant!“ („Der Wechsel ist jetzt!“)

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Die Feiern auf dem Place de la Bastille dauerten bis in die frühen Morgenstunden
Hollande blieb bis zum Wahlschluss noch in seiner Wählerhochburg in Tulle, wo er kurz nach der offiziellen Bekanntgabe der Ergebnisse eine erste Ansprache hielt. Auch hier hatte sich auf dem Place de la Cathedrale bereits eine Menschenmenge angesammelt.
Sarkozys Festbühne eilig abgebaut
Im Anschluss daran wurde Hollande in der Nacht auf Montag von Zehntausenden Anhängern auf dem Place de la Bastille in Paris bis in die frühen Morgenstunden gefeiert. „In den kommenden Monaten ist noch viel zu tun“, rief Hollande. Nun brauche er eine eigene Parlamentsmehrheit. „Überall in Europa“ stehe ein Wechsel an, mit der Politik des Sparens müsse gebrochen werden.
Sarkozys Partei UMP hatte die Feier auf dem Place de la Concorde bereits am Sonntagnachmittag abgesagt. Mit dem Abbau der Festbühne wurde bereits vor Bekanntgabe der ersten offiziellen Ergebnisse begonnen. Sarkozy hatte vor der Wahl gesagt, er werde im Falle eines Wahlverlusts der Politik den Rücken kehren. Auch nach seiner Niederlage deutete er einen Rückzug an: „Ich bereite mich darauf vor, ein französischer Bürger unter vielen zu werden.“

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Enttäuschung bei Sarkozys Anhängern
Seinen Rückzug soll er auch unmittelbar den Spitzenvertretern seiner eigenen Partei mitgeteilt haben. Mit Blick auf die kommende Parlamentswahl wurde er mit den Worten zitiert: „Teilt Euch nicht, bleibt vereint. Es braucht einen Sieg im Kampf um die Gesetzgebung. Er ist zu gewinnen. Das Ergebnis (heute) ist respektabel.“ Er werde diese Auseinandersetzung aber nicht mehr führen, so Sarkozy. Schließlich gestand er auch offiziell seine Niederlage ein und telefonierte mit Hollande, um ihm viel Glück im Amt zu wünschen.
Erste Gratulation an Hollande von Ex-Partnerin Royal
„Francois Hollande ist der Präsident und muss respektiert werden“, sagte Sarkozy schließlich vor Anhängern in Paris, die ihm lautstark für seinen Einsatz dankten. „Ich übernehme die gesamte Verantwortung für diese Niederlage“, ergänzte Sarkozy. Seinem Nachfolger wünschte er „von ganzem Herzen, dass Frankreich seine Herausforderungen besteht“. Nach fünf Jahren an der Spitze des Landes werde sein Engagement nun ein „anderes“ sein, sagte Sarkozy.

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Sarkozy tritt ab
Als erste Spitzenpolitikerin der Sozialisten gratulierte Hollandes frühere Lebensgefährtin, die einstmalige PS-Spitzenkandidatin Segolene Royal. Die Franzosen könnten Hollande vertrauen, sagte sie. Im Wahlkampf hatte sie ihren früheren Partner und Vater von vier gemeinsamen Kindern unterstützt. Royal absolvierte einen gemeinsamen Auftritt mit Hollande während des Wahlkampfes und bereitete ihn auf die Fernsehdebatte mit Sarkozy vor, in der der Sozialist überraschend stark auftrat. In Paris wird nun damit gerechnet, dass Royal die nächste Parlamentspräsidentin wird.
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