Protest gegen Montis Sanierungspläne
Kurz vor den Kommunalwahlen in Italien am Sonntag und Montag wird über das Thema Steuerboykott diskutiert. Die italienische Oppositionspartei Lega Nord hat an die Wähler appelliert, die Immobiliensteuer nicht zu zahlen, die die Regierung Monti zur Eindämmung der gewaltigen Staatsschuld eingeführt hat.
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„Wir wollen eine Kampagne des zivilen Ungehorsams starten, die die Bürger nicht in Schwierigkeiten bringen soll. Die Bürger sollen nicht auf der Straße demonstrieren, sondern sich an einem Steuerstreik beteiligen, nur so wird sich in Italien etwas ändern“, sagte Ex-Innenminister Roberto Maroni, der in der krisengeschüttelten Lega Nord das Ruder übernommen hat.
Massive Stimmenverluste befürchtet
Maroni kritisierte, dass die Gemeinden die Immobiliensteuer einheben müssen. Das Geld werde von den Kommunen jedoch nicht zugunsten der Bürger auf lokaler Ebene verwaltet, sondern verschwinde in den Staatskassen. „Bürgermeister, die sich weigern, die Immobiliensteuer einzutreiben, sind keine Steuerhinterzieher. Hier geht es nicht um Steuervermeidung, sondern um Steuerprotest“, so Maroni.

AP/Luca Bruno
Eine Puppe mit der Aufschrift „Handwerker“ bei einer Protestveranstaltung gegen das Sparpaket
Die Lega Nord blickt mit Sorge den Kommunalwahlen entgegen. Sie hatte nach dem Ende der Regierung von Silvio Berlusconi im vergangenen November ihre Allianz mit der Partei des Medienzaren „Volk der Freiheit“ (PdL - Popolo della liberta) aufgelöst und war in den Strudel eines aufsehenerregenden Skandals um die Veruntreuung von Parteigeldern geraten. Im Zuge des Skandals trat auch Parteichef Umberto Bossi zurück. Die Lega Nord befürchtet nun schwere Stimmenverluste beim Urnengang am Sonntag und Montag.
600 Bürgermeister schließen sich an
Die Regierung Monti führte nach ihrem Amtsantritt im November wieder eine Immobiliensteuer auf Erstwohnungen ein. Diese war unter Berlusconi 2008 gestrichen worden. Ministerpräsident Mario Monti erwartet sich von der Steuer zusätzliche Einnahmen von zwölf Milliarden Euro. In Italien haben 72 Prozent der Bevölkerung eine Eigentumswohnung. Auch Besitzer von Ferienwohnungen werden besteuert. 600 Bürgermeister wollen sich dem Steuerboykott anschließen und die Immobiliensteuer nicht eintreiben.
Ab 1. Jänner 2013 muss auch die Kirche die Immobiliensteuer bezahlen. Kirchengebäude, die Gewinne generieren - wie von kirchlichen Orden verwaltete Unterkünfte für Pilger, Geschäfte mit religiösen Souvenirs und Pfarreikinos - seien nicht mehr wie bisher von der Immobiliensteuer befreit, beschloss das Kabinett in Rom.
Unmut auch in anderen Parteien
Auch die PdL zittert vor den Wahlen am Sonntag und Montag. Die unzähligen Skandale, die den langjährigen Premier Berlusconi erschüttert haben, wirken sich weiterhin negativ auf das Ansehen der Partei aus, die mühsam um einen Neubeginn kämpft. Mit der Forderung nach Abschaffung der umstrittenen Immobiliensteuer will nun PdL-Vorsitzender Angelino Alfano punkten. Das solle mit Geldmitteln kompensiert werden, die der Staat durch seine verstärkten Rationalisierungsmaßnahmen in der öffentlichen Verwaltung eintreiben will, sagte Alfano.
Der Vorsitzende der Mitte-links-Gruppierung Demokratische Partei (PD), Pierluigi Bersani, drängte die Regierung Monti, die Abgabe zu reduzieren und dafür eine Steuer für große Immobilienvermögen einzuführen. Er verlangte auch, dass die von den Gemeinden eingetriebene Immobiliensteuer nicht dem Staat zufließe, sondern in den Kassen der Kommunen lande.
Demonstration und Geiselnahme
In Bologna beteiligten sich am Freitag Witwen von Ehepartnern, die sich wegen der akuten Wirtschaftskrise in den vergangenen Monaten das Leben genommen hatten, an einer Protestdemonstration. Die Frauen, denen sich mehrere Arbeitslose anschlossen, zogen bis zum Sitz der Steuereintreibungsgesellschaft und protestierten gegen den „Würgegriff“ des Fiskus.
Am Donnerstag hatte ein bewaffneter Mann den Amtssitz der Steuerbehörde in einer Ortschaft nahe der lombardischen Stadt Bergamo überfallen und 15 Menschen als Geiseln genommen. Nach einer Stunde ließ er bis auf eine Geisel alle wieder frei und verhandelte mit der Polizei. Nach fünf Stunden gab er auf. Als Motiv für seine Tat nannte er finanzielle Schwierigkeiten. Der Mann schuldete dem Fiskus lediglich 1.000 Euro.
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