Millionenschlacht von sieben Bietern
Bei einer Versteigerung in New York hat das Bild „Der Schrei“ des norwegischen Malers Edvard Munch am Mittwochabend einen Rekorderlös erzielt. Die Fassung des postimpressionistischen Meisterwerks wurde bei der Frühjahrsauktion des Hauses Sotheby’s für 119,9 Mio. Dollar (91,3 Mio. Euro) verkauft. Damit ist das Pastellbild das teuerste jemals bei einer Auktion verkaufte Kunstwerk der Welt.
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Das 1895 gemalte Bild, das einen schreienden Mann mit den Händen über den Ohren vor einem orange Himmel in Oslo zeigt, war die letzte in Privatbesitz befindliche Fassung des „Schreis“. Insgesamt malte Munch das Bild viermal, die anderen drei Fassungen sind in Museen in Oslo ausgestellt. Bei der Auktion am Mittwoch trieben sieben Bieter innerhalb von nur zwölf Minuten den Preis in die Höhe. Der Verkauf wurde in Sotheby’s mit Applaus begrüßt.

APA/EPA/Jason Szenes
Der neue Eigentümer wollte zumindest vorerst anonym bleiben
Käufer bot per Telefon
Damit überbot das legendäre Bild, eines der bekanntesten der Kunstgeschichte, den bisherigen Rekordhalter um mehr als 13 Millionen Dollar. Vor zwei Jahren war „Akt mit grünen Blättern und Büste“ von Pablo Picasso für 95 Millionen Dollar zugeschlagen worden, mit dem Aufgeld waren es 106,5 Millionen Dollar. Abseits von Auktionen wurden zwei Bilder jemals zu einem höheren Preis gekauft: Jackson Pollocks „No. 5, 1948“ um 140 Millionen Dollar. und Gustav Klimts „Adele Bloch-Bauer I“ um 135 Millionen.
Scheich aus Katar neuer Eigentümer?
Unbestätigten Angaben zufolge soll das Gemälde nach Katar gehen. Die Herrscherfamilie des Golfemirates habe das Kunstwerk ersteigern lassen, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa in Istanbul am Donnerstag aus arabischen Quellen. Die Familie des Emirs von Katar, Hamad bin Chalifa Al Thani, war in der Kunstszene bereits vor der Auktion als möglicher Bieter genannt worden.
Bei Munchs Gemälde lag der Hammerpreis bei 107 Millionen Dollar. Damit ist „Der Schrei“ das erste Bild der Kunstgeschichte, bei dem das letzte Gebot bei mehr als 100 Millionen Dollar lag. Mit dem üblichen Aufgeld von zwölf Prozent ergibt sich ein Kaufpreis von genau 119.922.500 Dollar. Über den Käufer ist noch nichts bekannt. Er hatte per Telefon mitgeboten. Verkauft hat das Bild der norwegische Kaufmann Petter Olsen. Sein Vater war einst Nachbar von Munch und hatte das Bild vor mehr als 70 Jahren gekauft.
Harsche Kritik an Auktion
Olsen will mit dem Erlös nun sein eigenes Munch-Museum bauen und im nächsten Jahr zum 150. Geburtstag des Malers eröffnen. Die Auktion war aber nicht nur deswegen umstritten, weil eine Ikone der moderneren Kunstgeschichte damit in die Hände eines Unbekannten gelangt ist. Olsens Familie hatte das Gemälde nicht von Munch selbst, sondern in der Nazi-Zeit über einen jüdischen Kunsthändler erworben. Dessen Nachfahren betonten nun, Olsens Familie habe die damalige Zwangslage ausgenützt und das Bild weit unter Wert gekauft.
Ungeteilt positive Reaktionen löste die Rekordauktion bei den norwegischen Nachfahren des Malers aus. „Jetzt ist er endlich zu einem der ganz großen Künstlernamen in der Welt geworden“, sagte Elisabeth Munch-Ellingsen als Sprecherin des Erbengemeinschaft am Donnerstag im Rundfunksender NRK: „Jetzt hoffe ich, das wir auch in Norwegen das Munch-Erbe besser verwalten.“
Picasso zum „Schleuderpreis“
Neben dem „Schrei“ galt das Bild „Femme assise dans un fauteuil“ von Picasso als zweiter Höhepunkt des Abends. Das Bild aus dem Jahr 1941 zeigt Picassos Muse Dora Maar auf einem Stuhl sitzend - eckig-kantig verfremdet, wie er in der Zeit um den Zweiten Weltkrieg malte. Der Sotheby’s-Kunstexperte David Norman pries das Bild als „Meilenstein der Kunstgeschichte“. Verglichen mit dem Rekorderlös für Munchs Meisterwerk war der Preis kaum der Rede wert: Das Bild erzielte „nur“ 26 Millionen Dollar.
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