„Überbrückungsjob“ als Dauerzustand
Der 1. Mai ist der Tag der Arbeit, der Tag davor wird oft jenen ohne Job gewidmet. Die Arbeitsrealität liegt aber immer öfter dazwischen - bei jenen, die trotz eines Erwerbseinkommens nicht genug zum Leben haben. „Arbeit schützt vor Armut nicht“, warnte die österreichische Armutskonferenz am Montag in einer Aussendung - und untermauerte das eindrücklich mit aktuellen Zahlen.
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„Jetzt schon leben 200.000 Personen in Haushalten, in denen der Verdienst trotz Erwerbsarbeit nicht reicht, um die eigene Existenz - und die der Kinder - zu sichern“, wurde Sozialexperte Martin Schenk in der Aussendung zitiert. Das entspreche zwei Prozent der Bevölkerung. Die Statistik zeige zudem, dass es für die „Working Poor“ kaum einen Ausweg gebe: Bereits 42 Prozent aller Bezieher von Sozialhilfe beziehungsweise Mindestsicherung würden auf diese Art am Rande des Arbeitsmarktes entlangbalancieren.
„Sprungbrett“ in die Falle
Die Armutskonferenz verweist auch auf Zahlen aus Deutschland, wonach 70 Prozent aller „Billigjobber“ in diesem Schicksal gefangen seien: Der „schlechte Job zur Überbrückung“ oder als „Sprungbrett“ sei de facto eine Falle - geprägt von noch dazu unsicheren Jobs, die man jederzeit verlieren könne. „Der künstlich und staatlich geförderte Niedriglohnmarkt“ sei nichts anderes als die Subventionierung von sozialer Ausgrenzung auf dem Arbeitsmarkt. Das Problem schlägt sich zudem nicht nur in niedrigem Arbeitseinkommen nieder.
„Wer sein Leben lang in prekären Jobs arbeitet, wird keine existenzsichernde Pension zusammenbekommen“, so die Armutskonferenz. Im Falle des nur allzu oft eintretenden Jobverlusts sei auch das Arbeitslosengeld und schließlich die Notstandshilfe „so gering, dass man davon keinen Tag überleben kann“. Das Problem pflanzt sich zudem in die nächste Generation fort. Wer zu wenig zum Leben habe, dessen Kinder hätten nur „eingeschränkte Zukunftschancen“.
Ruf nach 1.300 Euro Mindestlohn
Auch die Grünen widmeten ihren bereits zum 15. Mal begangenen „Tag der Arbeitslosen“ heuer zu einem Gutteil der Lage der „Working Poor“. Wiens grüner Klubchef David Ellensohn forderte dabei etwa eine Valorisierung der Notstandshilfe, die zu den niedrigsten in Europa zähle. Der Mindestlohn für Erwerbsarbeit solle zudem gesetzlich mit 1.300 Euro netto festgelegt werden. Ellensohn verwies zudem darauf, dass die „Lohnspreizungen“ zwischen - sinkenden - Durchschnittslöhnen und rasant steigenden Managementgehältern immer größer würden.
Grün-alternative Gewerkschaftsvertreter (AUGE/UG) propagierten in diesem Zusammenhang eine „Sozialmilliarde“, mit der Jobs in sozialen Diensten und im Bildungsbereich geschaffen werden sollten. Finanziert werden solle diese aus vermögensbezogenen Steuern. Das Ökosoziale Forum wiederum rief angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt nach einer Ökologisierung des Steuersystems, die über die Senkung von Lohnnebenkosten und Innovationsanreize für mehr Beschäftigung und nachhaltiges Wirtschaftswachstum sorgen soll.
Kein Arbeitsbereich bleibt verschont
Auch früher sichere Arbeitsbereiche sind betroffen. Die Unabhängigen Beamtengewerkschafter (UGoed) verwiesen am Montag auf die Lage im öffentlichen Dienst, wo „voll ausgebildete AkademikerInnen“ in Praktika gezwungen würden, und das „für eine Entschädigung von nicht einmal 200 Euro monatlich“. Die Politik habe dafür zu sorgen, dass der „Generation Praktikum (...) Entwicklungsperspektiven in der Arbeitswelt angeboten werden“, statt „fertig ausgebildete junge Menschen zum halben Preis für einen prekären Arbeitsmarkt zurechtzustutzen“.
Die FPÖ machte am Montag für die Lage auf dem Arbeitsmarkt trotz jüngster anderslautender Zahlen „zugewanderte Ostarbeitskräfte“ verantwortlich. Die Freiheitlichen Arbeitnehmer konstatierten zudem eine zunehmende „Verarmung der Bevölkerung, speziell jener 260.000 Vollzeitbeschäftigten, die kaum mehr als die Mindestsicherung erhalten“. Das BZÖ forderte die steuerliche Entlastung aller Arbeitnehmer, die SPÖ-Frauen schließlich erklärten den 1. Mai zum „Tag der Vollzeitarbeit, denn nur ein Vollzeitjob sichert Eigenständigkeit und Unabhängigkeit“.
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