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Ministerium gesteht Fehler ein

Zuwanderer, die die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten wollen, müssen seit 2006 neben dem Nachweis von Deutschkenntnissen eine Staatsbürgerschaftsprüfung absolvieren. In ihr werden Grundkenntnisse der Geschichte Österreichs abgefragt. Laut Experten ist der Test jedoch alles andere als sinnvoll.

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Der Historiker Ernst Bruckmüller kritisierte gegenüber Ö1, dass es „vollkommen unmöglich“ sei, dass sich „irgendjemand irgendwas vorstellen kann unter diesen völlig zusammenhanglosen Daten und Fakten“.

Unterlagen auf „Hilfsschulniveau“

Viel schlimmer: Die Lernunterlagen, die das Innenministerium für die Bewerberinnen erstellte, strotzen vor Fehlern. Bruckmüller hat in dem Skriptum sogar falsche Jahreszahlen entdeckt. Er kritisiert, dass das Ministerium wohl kaum Historiker befasst habe bei der Erstellung der Lernunterlagen. Er spricht von „Hilfsschulniveau“.

Die umstrittene Lernunterlage kann von Staatsbürgerschaftswerbern seit knapp einem Jahr nicht mehr heruntergeladen werden. Das Innenministerium habe sie sie aus dem Netz genommen, weil sie so mangelhaft gewesen sie, sagte Ministeriumsprecher Karlheinz Grundböck. Davor war sie bereits mehrfach redigiert worden. In Papierform werden die Unterlagen aber weiter verteilt, was Fachleute mit Kopfschütteln quittieren - mehr dazu in oe1.ORF.at. Auch auf der Website des Innenministeriums werden aus mehreren Bundesländern noch Skripten zum Download angeboten.

Fragen zum Staatsbürgerschaftstest

APA/Roland Schlager

Abgefragt werden Themen aus den Bereichen demokratische Ordnung, Geschichte Österreichs und jeweilige Geschichte des Bundeslandes

„Ziemlich sinnloser Lernstoff“

Der Historiker steht mit seiner Kritik nicht alleine da: Politologe Anton Pelika ist der Ansicht, dass der Test eine Mischung aus formalem verfassungsrechtlichem Wissen ohne Berücksichtigung der realen Zusammenhänge sei. Zudem sei es „eine Kombination von erstaunlichen Oberflächlichkeiten“. So müssten etwa Bilder von Politikern gelernt werden. Österreichs Realverfassung hingegen - die Verquickung von Parlamentsmehrheit und Regierung, die Rolle der Sozialpartner - werde nicht abgebildet, so Pelinka. „So wie das jetzt ist, ist das ein ziemlich sinnloser Lernstoff.“

Die Grünen vermuten hinter dieser Vorgehensweise Absicht: Es gehe gar nicht darum, welche Grundeinstellung Staatsbürgerschaftswerber zum Staat hätten, sondern einzig und allein darum zu zeigen, „wer hier das Sagen hat“, sagte Bildungssprecher Harald Walser gegenüber Ö1. Der Obrigkeitsstaat demütige seine künftigen Untertanen. Die Grünen fordern eine Abschaffung des Tests. Ziel müsse es vielmehr sein, mit den Werbern Diskussionen und Gespräche zu führen, anstatt sie über Wissen abzuprüfen, das oft nicht einmal Österreicher hätten.

Ministerium plant Überarbeitung noch heuer

Das Innenministerium reagierte auf die Kritik. Es sei eine Überarbeitung des Tests auf breiter Basis im Gange und ein Ergebnis noch im Laufe des Jahres zu erwarten, so Grundböck - es soll dem Vernehmen nach in Richtung Dialog über demokratische Werte und weg von peinlichen Wissenstests gehen.

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