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„Auch unternehmerischer Zweck“

Nicht nur die Telekom Austria, auch die Restaurantkette Wienerwald hat offenbar das BZÖ knapp vor der Nationalratswahl 2006 mit einem größeren Geldbetrag unterstützt. Laut einer Rechnung bezahlte Wienerwald im August 2006 360.000 Euro für ein Inserat in einer österreichweiten BZÖ-Aussendung, berichtet die „Presse“ (Donnerstag-Ausgabe).

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Der damalige Wienerwald-Eigentümer Harald Fischl war gleichzeitig Finanzreferent des BZÖ. Er verteidigt seine Aktion. Die Rechnung stellte die BZÖ-nahe „Orange Werbeagentur GmbH“ der „Wienerwald Restaurants GesmbH“ aus, „gemäß Werbevereinbarung vom August 2006 für Beratungsleistungen, Marketing, Konzeptentwicklung und Umsetzung“. Konkret sei dann von einem „Inserat für Wienerwald“ in einer BZÖ-Aussendung die Rede, zitiert die „Presse“ aus dem Dokument, das Teil der Unterlagen des Korruptions-U-Ausschusses sei.

„Geld für die Partei hergeben“

Fischl erklärte laut der Zeitung, er habe dem BZÖ damals sehr wohl „helfen“ wollen - aber als „hundertprozentiger Eigentümer“ der Wienerwald-Kette auch einen unternehmerischen Zweck verfolgt. Die Zeitung sei „an jeden Haushalt“ gegangen und somit „das Ziel der Werbung erreicht“ worden. Vor den Abgeordneten im U-Ausschuss - die laut „Presse“ Mutmaßungen in Richtung Parteispende anstellen - will er sich „sicher nicht“ rechtfertigen.

Denn er sei „überzeugt, dass es Menschen geben muss, die Geld für ihre Partei hergeben“. Heute gehört Wienerwald zum Schnitzl’land-Imperium und hat mit der damaligen Firma und dessen Eigentümer nichts mehr zu tun.

Der Geldregen für das BZÖ

Unstrittig ist auch, dass die Telekom Austria Teile des BZÖ-Wahlkampfs 2006 finanzierte. Das Bündnis war erst eineinhalb Jahre vor der Wahl gegründet worden, entsprechend knapp bei Kasse und beim Fundraising offenbar nicht wählerisch. Die Telekom Austria schüttete über ihren Lobbyisten Hochegger insgesamt 960.000 Euro an jene Werbeagenturen aus, die die orange Wahlkampagne damals abwickelten.

„Kronzeugen“ Gernot Schieszler, Ex-Finanzvorstand der mobilkom, stellte die Zahlungen bei seiner Aussage vor der Staatsanwaltschaft in Zusammenhang mit der Universaldienstverordnung. Das BZÖ bestreitet das. Und auch die im Ausschuss befragten früheren BZÖ-Politiker gaben sich diesbezüglich ahnungslos.

Auch Finanzspritzen an FPÖ

Ähnlich großzügig könnte sich die Telekom auch anderen Regierungsparteien gegenüber gezeigt haben - darauf lassen jedenfalls rund um den Ausschuss bekanntgewordene Geldflüsse schließen: So erhielt der FPÖ-Werber Gernot Rumpold einen 600.000 Euro schweren Auftrag der Telekom just zu der Zeit, als er den blauen EU-Wahlkampf des Jahres 2004 abwickelte.

Er selbst stellte einen (von den Finanzbehörden und der Justiz vermuteten) Zusammenhang mit dem Wahlkampf freilich in Abrede. Und das Parteiblatt „Neue Freie Zeitung“ erhielt 2004 eine Finanzspritze von zumindest 89.400 Euro über den FPÖ-nahen Lobbyisten Walter Meischberger. Gegenleistung gab es dafür keine, wie aus der Befragung des damaligen Geschäftsführers der Zeitung, Arno Eccher, im U-Ausschuss hervorging.

Auch ÖVP betroffen

Verdeckte Wahlkampffinanzierung durch die Telekom gab es auch in Richtung ÖVP. So beglich der Konzern nach der Nationalratswahl 2008 eine Rechnung für den Jugendwahlkampf der Partei. Kostenpunkt: 96.000 Euro. Weitere 20.000 Euro flossen in den Wahlkampf im Wahlkreis Innsbruck. Spitzenkandidatin war dort ÖVP-Technologiesprecherin Karin Hakl, abgewickelt wurde die Kampagne von der Agentur des heutigen Tiroler ÖVP-Geschäftsführers Martin Malaun.

Hakl musste ihr Amt ruhend stellen. Malauns Ladung in den Ausschuss haben SPÖ und ÖVP bisher verweigert - im Gegensatz zu den Geschäftsführern der anderen involvierten Werbeagenturen, die sehr wohl geladen wurden und die einige der bisher interessantesten Aussagen lieferten. Das „Forum Land“ - eine Organisation in Bauernbund-Nähe - soll 20.000 Euro im Zusammenhang mit dem Vorantreiben des Breitbandausbaus in ländlichen Gebieten bekommen haben. Mittlerweile ist im Zusammenhang mit dem Bauernbund und der Vorfeldorganisation sogar von Rechnungen von 491.000 Euro die Rede.

Telekom-Gelder gab es auch für die Wiener ÖVP-Gewerkschafter (73.600 Euro für Medienkooperationen von 2006 bis 2008) und für den ÖVP-Arbeitnehmerbund ÖAAB. Pikant ist Letzteres vor allem für Werner Amon, den ÖVP-Fraktionschef im Ausschuss: Weil er früher ÖAAB-Generalsekretär war, ermittelt die Staatsanwaltschaft auch gegen ihn (es gilt die Unschuldsvermutung).

„Geldtransfer“ an Wiener SPÖ

Direkt an die Wiener SPÖ (bzw. deren Echo Medienverlag) geflossen sind laut Hochegger 20.000 Euro vor der Nationalratswahl 2006. Hochegger dazu im Ausschuss: „Ich habe nie eine Leistung des Echo-Verlages erhalten, Ziel war einzig und allein der Geldtransfer.“ Verlagsgeschäftsführer Christian Pöttler wies das zurück und gab an, für Hochegger eine Studie zur „Werbewirksamkeit von Gratiszeitungen“ erstellt und nie Geld an die Partei überwiesen zu haben. Hochegger bekräftigte bei seinem zweiten Auftritt, dass der große Zusatznutzen das „Wohlwollen bei der SPÖ“ gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Geldwäsche. Auch hier gilt die Unschuldsvermutung.

Kein Geld von der Telekom erhalten haben demnach nur die Grünen. Anhand der bekanntgewordenen Geldflüsse könnte die Telekom also insgesamt über 2,3 Millionen Euro in die Parteien und ihre Vorfeldorganisationen gesteckt haben.

U-Ausschuss: Erstes Thema abgeschlossen

Obwohl der parlamentarische Korruptions-U-Ausschuss erst das erste Thema, die Causa Telekom, vorerst beendet hat, ist auch mit Blick auf die Statistik schon einiges zusammengekommen: Insgesamt wurden bisher an 14 Sitzungstagen 50 Auskunftspersonen befragt, drei davon zweimal. Die Abgeordneten befragten die Zeugen bis inklusive vergangenen Donnerstag rund 95 Stunden lang, wie ein Blick in die Protokolle zeigt. Die Protokolle selbst könnten mit rund 1.700 Seiten schon jetzt einige Bücher füllen.

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