„Komfortabel und vertraulich“
Nach dem Marktstart in Großbritannien und Deutschland bietet eine in London ansässige Onlinepraxis ihre Dienste nun auch in Österreich an. Ärztekammer und Gesundheitsministerium verwiesen auf Österreichs Ärztegesetz und warnten vor den per Ferndiagnose angebotenen Rezepten.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Eine Ansicht, die vom Anbieter freilich nicht geteilt wird. Die „komfortablen und vertraulichen Arztbesuche via Internet“ seien von den britischen Aufsichtsbehörden zugelassen, wie DrEd per Aussendung mitteilte. Dank einer am 24. April des Vorjahres in Kraft getretenen EU-Richtlinie könne man nun auch „medizinische Leistungserbringer aus dem europäischen Raum frei wählen“.
Mindestinhalte erforderlich
Laut österreichischem Ärzterecht sind Ferndiagnosen hierzulande verboten. Die Rechtslage sei allerdings von Land zu Land verschieden, wurde vom Gesundheitsministerium gegenüber ORF.at betont. Die Gültigkeit der per Post verschickten Rezepte könne somit nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Wird der vorgegebene Mindestinhalt (Stichwort Name, Medikament, Ärztestempel etc., Anm.) der an und für sich formlosen Formulare erfüllt, seien Rezepte vielmehr im gesamten EU-Raum zu akzeptieren.
Fraglich bleibe dennoch die Notwendigkeit von Onlineärztepraxen, da es laut Gesundheitsministerium zuletzt selbst von der OECD Lob für den „niederschwelligen und leichten Zugang“ zum heimischen Gesundheitssystem gab.
Stöger: „Ferndiagnosen problematisch“
Wenig begeistert von den nun auch für Österreich angebotenen Onlinerezepten zeigte sich am Dienstag Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ). Ferndiagnosen seien demnach „immer problematisch“. Gleichzeitig betonte Stöger, dass Österreich ein gutes Gesundheitssystem habe.
Keine „dubiose Internetseite“
DrEd betrachtet sich im Gegensatz dazu als Vorreiter der „europäischen Telemedizin“. Patienten würden lange Anfahrtswege und Wartezeiten erspart bleiben. Zudem entfalle gerade bei „peinlichen Themen wie Potenzstörungen und Geschlechtskrankheiten die Scheu, die eine Vielzahl von behandlungsbedürftigen Patienten von den traditionellen Praxen fernhält“. Der Leiter von DrEd, der Arzt Jasper Mordhorst, sagte gegenüber dem „Kurier“ (Montag-Ausgabe), ein Drittel der rund 10.000 bisherigen Konsultationen in Großbritannien und Deutschland betreffe Erektionsstörungen, wobei „Potenzmittel am stärksten nachgefragt werden“.
Von einem Vergleich mit „dubiosen Internetseiten“ will man bei DrEd nichts wissen. Praktiziert werde vielmehr „nach neuestem Wissensstand und höchsten Qualitätsstandards“. Zudem hafte man bei Fehldiagnosen „wie jeder andere Arzt“. Behandlungsfehler könnten für Patienten allerdings „die unangenehme Folge“ haben, dass man den Arzt am Ort der Niederlassung klagen müsse: Davor warnte beim DrEd-Deutschland-Start etwa die deutsche Vereinigung der Kassenärzte (KBV).
Datenschutzbedenken von Ärztekammer
Nach der deutschen betont nun auch die österreichische Ärztekammer, dass eine Onlinepraxis den Arztbesuch nicht ersetzen könne. „Ich rate allen Patienten davon ab, dieses Angebot in Anspruch zu nehmen“, sagte der Leiter des Medikamentenreferates der Österreichischen Ärztekammer, Otto Pjeta, gegenüber dem „Kurier“. Das Internet sei nicht für die Krankenbehandlung geeignet und ein Fragebogen für eine Diagnose „völlig untauglich“.
Alles andere als geklärt ist laut Pjeta auch die Frage des Datenschutzes. „Ich würde nicht wollen, dass Daten über eine erektile Dysfunktion irgendwo im Internet herumschwirren.“ Davon abgesehen seien die Zeiten, in denen man sich nicht traute, mit dem Arzt über Probleme im Intimbereich zu reden, vorbei. Österreichs Patienten wüssten genau, dass „wir die ärztliche Schweigepflicht sehr hochhalten“.
Der Sprecher des deutschen Gesundheitsministeriums, Roland Jopp, stellte infrage, dass es sich bei DrEd tatsächlich um ein telemedizinisches Angebot handle. Geteilt wird diese Skepsis nach Angaben der „Ärztezeitung“ auch von der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin (TGTelemed), deren Leitsätzen zufolge Telemedizin ärztliches Handeln zwar „unterstützen, aber nicht ersetzen“ könne.
Links: