Halbes Jahr für Nachforschungen
Schlechte Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit, verseuchte Flüsse: Der Schweizer Rohstoffhändler Glencore soll in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) Menschenrechte und den Umweltschutz missachten. Der beschuldigte Konzern versucht indes, sich in ein besseres Licht zu rücken.
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Über ein halbes Jahr haben die Schweizer Nichtregierungsorganisationen (NGO) Brot für alle und Fastenopfer Nachforschungen zu den Geschäften des Unternehmens in dem zentralafrikanischen Land angestellt. Sie führten viele Interviews mit Bergleuten, Angestellten, Dorfbewohnern und Vertretern lokaler Behörden. Am Montag veröffentlichten die Studienverfasser ihre Ergebnisse. Die Vorwürfe sind zahlreich und gravierend.
Profit durch Kleinschürfer?
Beispiel Tilwezembe: Die Konzession für die kongolesische Mine ist gemäß den Studienverfassern im Besitz der Glencore-Tochter Kamoto Copper Company (KCC). Rund 1.600 Kleinschürfer würden dort auf eigene Faust Rohstoffe abbauen. Über Zwischenhändler gelange Glencore in den Besitz der Rohstoffe: Anderslautende Beteuerungen von Glencore sehen die Menschenrechtsorganisationen kritisch. Der Konzern bestreitet den Vorwurf in jedem Fall vehement. Das Abbaugebiet von Tilwezembe sei von den Kleinschürfern besetzt worden: „Glencore profitiert in keiner Weise davon und kauft auch keine Produkte von den Kleinschürfern“, sagte Glencore-Sprecher Simon Buerk der Nachrichtenagentur sda.
Die Menschenrechtler bemängeln indessen, dass die Arbeiten in Tilwezembe ohne Sicherheitsvorkehrungen betrieben werden müssten und die Hygienesituation für die Arbeiter schlecht sei. Immer wieder komme es zu tödlichen Unfällen. Verletzte Arbeiter erhielten keine Entschädigung, und einen Spitalsaufenthalt könnten sie sich kaum leisten. Außerdem sind laut Recherchen der Hilfswerke Brot für alle und Fastenopfer 700 Kinder oder Jugendliche unter 17 Jahre im Abbau beschäftigt.
Glencore könne nicht handeln, solange die Mine besetzt sei, entgegnet Buerk: „Andernorts haben andere Betreiber in vergleichbaren Situationen versucht, Leute zu vertreiben, was zu Gewalt und auch zu Todesfällen geführt hat.“ Glencore aber gehe sehr vorsichtig vor und versuche, Eskalationen zu verhindern.
Schwefelsäure in Fluss geleitet
Glencore sei für die exzessive Verschmutzung des Luilu-Flusses in der rohstoffreichen Provinz Katanga verantwortlich, kritisieren die Organisationen weiter. Laboruntersuchungen hätten ergeben, dass die Tochter KCC die Schwefelsäure, die sie für die Herstellung von Kupferkathoden verwendet, unbehandelt in den Fluss einleitet. Fische gebe es im Fluss keine mehr.
Glencore hat nach eigenen Angaben Maßnahmen gegen die Umweltverschmutzung ergriffen. Die hydrometallurgische Aufbereitungsanlage stamme von den Belgiern und somit aus der Zeit vor 1960, als der Kongo eine Kolonie war, hieß es. Glencore habe die Anlage 2009 übernommen und seither versucht, das Problem mit der Errichtung eines geschlossenen Systems für flüssige Abwasser zu lösen, sagt Buerk. Das sei insbesondere schwierig gewesen, weil gleichzeitig die Produktion aufrechterhalten werden musste. Das Problem sei heute gelöst.
Kongo entgehen fast 200 Mio. Euro
Die Menschenrechtler prangern schließlich die Steuerpraktiken des Rohstoffgiganten an. Durch Verlagerungen der in der DRK tätigen Firmen in Steueroasen seien dem kongolesischen Staat in den vergangenen zwei Jahren Gewinnsteuern in der Höhe von 196 Mio. Dollar entgangen. Eine Stellungnahme dazu gab Glencore nicht ab.
„Wir verlangen, dass das Glencore-Management die bestehenden Probleme anerkennt und klar aufzeigt, was es dagegen zu tun gedenkt“, fordert Chantal Peyer, Verfasserin der Studie. Glencore habe noch einen weiten Weg vor sich, wolle es das verantwortungsvolle Unternehmen werden, als das es sich in seinem Nachhaltigkeitsbericht präsentiere.
Glencore sieht sich als Wohltäter
In diesem Anfang September 2011 veröffentlichten Bericht gibt Glencore an, nach den Prinzipien einer „fairen Entlöhnung und einer Null-Toleranz gegenüber Menschenrechtsverletzungen“ zu arbeiten. Auch würden die Risiken in jeder Etappe der Logistikkette identifiziert und eingedämmt.
Zudem sieht sich der Zuger Weltkonzern auch in der Rolle eines Wohltäters: Glencore werde Ende 2012 im Kongo 3,3 Mrd. Dollar investiert und 10.000 neue Stellen im industriellen Bergbau geschaffen haben, so Buerk. „Die Firma hat zudem umfangreiche freiwillige Zuwendungen an die dortige Bevölkerung geleistet“, fügt er an.
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