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„Brüder haben Weg des Kriegs gewählt“

Als sich der Südsudan im Juli des vergangenen Jahres vom Norden unabhängig erklärt hat, war klar, dass der Weg für die neue Nation nicht einfach sein wird. Der arabisch geprägte Norden und der rohstoffreiche, aber kaum erschlossene Süden streiten seit Jahrzehnten um die Ölvorkommen der Grenzprovinzen. Der Konflikt hat sich nun dramatisch zugespitzt.

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Die Kämpfe sind die schlimmsten seit der Unabhängigkeitserklärung im Vorjahr. Täglich werden neue Meldungen über Angriffe in der Grenzregion bekannt. Am Donnerstag startete der Sudan nach Angaben des Südsudan Luftangriffe auf die Stadt Bentiu im südsudanesischen Teilstaat Unity. Im Morgengrauen seien „fünf Bomben über Bentiu abgeworfen“ worden, sagte der südsudanesische Vizeinformationsminister Atem Yaak Atem der Nachrichtenagentur AFP.

Bentiu liegt etwa 60 Kilometer von der Grenze zum Sudan entfernt. In dem wegen seiner reichen Ölvorkommen umstrittenen Grenzgebiet liefern einander beide Seiten seit Tagen heftige Kämpfe. Städte waren bisher aber nicht angegriffen worden. Vizeminister Atem warf dem Sudan vor, „Vorwände für einen Krieg zu suchen“. Das Land habe die Unabhängigkeit des Südens im vergangenen Juli nie gebilligt, sagte er.

Wichtiges Ölfeld im Sudan erobert

Am Mittwoch hatte die sudanesische Hauptstadt Khartum dem Süden die schwerste Verletzung der territorialen Integrität seit dessen Unabhängigkeit vorgeworfen. Südsudanesische Truppen waren in die ölreiche sudanesische Heglig-Region vorgedrungen. „Ich glaube, das ist der schwerste (Vorstoß) seit der Abspaltung des Südsudan, und es betrifft unser wichtigstes Ölfördergebiet“, sagte der Unterstaatssekretär im Außenministerium, Rahma Mohammed Osman.

Zerstörtes Auto nach Kämpfen zwischen sudanesischen und südsudanesischen Soldaten bei der ölreichen Grenzstadt Heglig

APA/EPA

Ein zerbombter Pick-up in der ölreichen, umkämpften Region Heglig

Das sudanesische Parlament sprach sich für einen Abbruch der Verhandlungen mit dem Süden über ein Sicherheitsabkommen aus. Laut BBC ist das bereits geschehen. Man werde „alle legitimen Möglichkeiten“ nutzen, das Ölfeld zurückzuerobern - der Süden müsse mit „Zerstörung“ rechnen, hieß es aus dem Sudan.

Kriegsrhethorik auf beiden Seiten

„Unsere Brüder im Südsudan haben den Weg des Kriegs gewählt“, sagte der sudanesische Präsident Omar al-Baschir am Donnerstag in Khartum. Sein südsudanesischer Kollege Salva Kiir konterte in Juba, Baschir habe „einen totalen Krieg“ gegen sein Land angekündigt. „Der Krieg ist weder im Interesse des Südsudans noch des Sudans“, sagte Baschir vor Journalisten. Das bedenke der Südsudan angesichts seines Handelns jedoch nicht. Kiir betonte vor dem südsudanesischen Parlament, sein Land wolle keinen Krieg, werde sich aber „verteidigen, wenn wir angegriffen werden“.

EU „zutiefst besorgt“

Die Europäische Union zeigte sich nach den schweren Gefechten zwischen dem Sudan und dem Südsudan „zutiefst besorgt“. In einer Erklärung der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Brüssel heißt es, die Eskalation des Konflikts zeige die Dringlichkeit einer politischen Lösung. Ashton kritisierte die Besetzung der Ölfelder von Heglig durch südsudanesische Truppen als „völlig inakzeptabel“. Das gelte aber auch für die Bombardierung südsudanesischen Gebietes durch die Streitkräfte des Nordens. „Beide Seiten müssen auch aufhören, bewaffnete Gruppen im Territorium des anderen Staates zu unterstützen“, so Ashton.

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die Regierungschefs von Sudan und Südsudan zu einem Gipfeltreffen auf, um die Grenzkonflikte beider Länder friedlich zu lösen. In einem Telefonat mit dem südsudanesischen Präsidenten Salva Kiir Mayardit habe Ban zu einem schnellstmöglichen Treffen gedrängt, um „weiteres Blutvergießen zu vermeiden“, sagte ein UNO-Sprecher am Mittwoch in New York.

Eine Annäherung der beiden Staaten zeichnet sich derzeit nicht ab. Ein Präsidentengipfel, der Anfang April in der südsudanesischen Hauptstadt Juba stattfinden hätte sollen, wurde aufgrund der anhaltenden Gewalt auf unbestimmte Zeit verschoben. Laut der BBC ist auf internationaler Ebene die Furcht vor einem neuen Krieg groß.

Uralter Konflikt mit zwei Mio. Todesopfern

Der Konflitk zwischen den beiden Staaten ist uralt. Der Südsudan ist reich an Erdölvorkommen, jedoch darauf angewiesen, das Öl über Pipelines durch den Norden exportieren zu können. Dieser hat mit der Abspaltung des Südens zwei Drittel seiner Ölquellen verloren. Der Unabhängigkeit des Südsudan war ein zwei Jahrzehnte langer Bürgerkrieg zwischen der sudanesischen Zentralregierung und dem überwiegend christlichen Süden des Landes vorausgegangen. Bis zu einem Friedensabkommen im Jahr 2005 starben zwei Millionen Menschen.

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