Enorme Wachstumsraten
Schier endlose Verwendungsmöglichkeiten, positive Auswirkungen auf das Weltklima und eine wirtschaftliche Chance für die ärmsten Länder der Welt - all das bietet Bambus, wenn man ihn als Rohstoff betrachtet. Was bisher aber nur theoretisches Wissen und Experiment war, dringt nun immer mehr auch in die Praxis vor. Ein Bambusboom zeichnet sich ab.
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Das Grasgewächs der Superlative - die am schnellsten wachsende Pflanze der Welt mit Rekordwerten, wenn es um die Bindung von klimaschädlichem CO2 geht - wird nun auch in wirtschaftlicher Hinsicht mit Jubelattributen wie „grünes Gold“, „Über-Material“ und „Holz des 21. Jahrhunderts“ versehen. Vom Blatt bis zum Stamm ist die ganze Pflanze zu verwerten und bietet vor allem Asien und Südamerika, wo Bambus früher eher als Unkraut galt, neue Einkommensmöglichkeiten.

APA/EPA/Dai Kurokawa
Der schnell wachsende Bambus gilt als Material der Zukunft
Traumhafte Rendite mit gutem Gewissen
Bambus wird schon seit jeher genutzt und gilt zum Teil noch heute in Asien als das „Holz der armen Leute“. Erst die Hightechforschung der letzten Jahre hat jedoch die unzähligen neuen Nutzungsmöglichkeiten für Bambus aufgezeigt: Aus der Pflanze können Grundstoffe für die Lebensmittelindustrie ebenso gewonnen werden wie für die Textilindustrie. Als Teil von Verbundwerkstoffen sind die Einsatzmöglichkeiten schier grenzenlos - als Alternative zu Plastik und Styropor ebenso wie als Baumaterial.
Die entwicklungshelferischen Aspekte machen den Bambusanbau noch bedeutender. Die britische BBC berichtete zuletzt von einem Plantagenprojekt der Firma EcoPlanet Bamboo, das in Nicaragua abgeholzte Urwaldflächen mit neuem Leben erfüllt und zugleich Jobs in eine Region bringt, wo es bisher keine gab. Finanziert wurde die Plantage mit einem Bambusfonds, der Investoren jährliche Renditen von bis zu 33 Prozent verspricht (bei einer Bindungsfrist von 15 Jahren und einer Einlage von umgerechnet 38.000 Euro).
Nachhaltiger Anbau in Gefahr
Die versprochenen Traumrenditen scheinen nicht überzogen. Laut Angaben der Welt Bambus Organisation ist der Bambusmarkt schon jetzt über 7,5 Mrd. Euro schwer. Innerhalb der nächsten fünf Jahre soll sich das Volumen verdoppeln. Nach einhelliger Schätzung bildet Bambusanbau schon jetzt für 1,5 Milliarden Menschen die Lebensgrundlage.
Der sich abzeichnende Erfolg wird allerdings auch die Rahmenbedingungen für den Bambusanbau ändern. Sind die meisten neuen Bambusplantagen jetzt noch in der Hand örtlicher Kleinunternehmer und ethisch motivierter Gruppen, drängen zunehmend rein unternehmerisch denkende Mitbewerber ins Feld. Nachhaltiger Anbau und gerechte Entlohnung könnten damit bald auch wieder der Vergangenheit angehören.
Neuland
Die Bambusfarmer sind gezwungen, mit der explodierenden Nachfrage Neuland zu betreten. In Wahrheit weiß niemand, welche Probleme im Hinblick etwa auf Schädlingsbekämpfung bei Bambusplantagen im monokulturellen Anbau auftauchen. Auch ist fraglich, ob die Plantagenbesitzer der Verlockung allzu schnellen Profits widerstehen werden: Die Bambusernte sollte idealerweise alle vier bis fünf Jahre erfolgen, es kann aber auch schon nach einem Jahr geerntet werden - jedoch mit entsprechenden Folgen für Böden und Pflanzen.
Mit China steht der große Player in der Bambuswirtschaft außerdem schon fest. Schon jetzt ist das Land der mit Abstand größte Bambuslieferant und profitiert dabei von den Innovationen anderer. Vorerst bietet Bambusanbau zudem die Möglichkeit, sich um keinerlei Grenzen kümmern zu müssen. Der Welt ist der Bambusboom schlicht zu schnell gekommen: Regeln für nachhaltigen Bambusanbau sucht man rund um den Globus derzeit noch vergeblich.
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