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Vom Ei zum Kleiderhaken

Für eine Forschergruppe an der Universität Leicester in Großbritannien ist Ostern eine unerfreuliche Zeit: Denn durch den verstärkten Verzehr von Eiern landen auch tonnenweise Eierschalen im Müll. Ein Stoff, der ihrer Ansicht nach dort nichts verloren hat. Denn künftig soll aus den Schalen wertvoller Bioplastik hergestellt werden.

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Eierschalen gelten bei Lebensmittelproduzenten als Abfallstoff. Forscher in Großbritannien versuchen nun aus der Schale ein besonderes Protein - Glykosaminoglykane (GAG) - zu gewinnen. Die Zucker-Eiweiß-Verbindung wird bereits in der Pharmaindustrie verwendet, um Patienten mit Knorpel- und Bänderproblemen zu helfen. Viel interessanter für die britischen Wissenschaftler ist jedoch die stabile und doch elastische Eigenschaft des Stoffes.

Abfall wird zur wertvollen Ressource

Aus der Proteinverbindung will das Forschungsteams rund um Andy Abbot, Professor für physikalische Chemie und Leiter des Chemieinstituts an der Universität von Leicester, nun biologisch abbaubaren Bioplastik herstellen. Es soll bei herkömmlichen Plastikstoffen als „Füllstoff“ beigemengt werden und so - vom Tablett in Selbstbedienungsrestaurants bis hin zu Kleiderhaken - überall zur Anwendung kommen.

„Wir haben uns auf die Entwicklung innovativer Herstellungsverfahren rund um Recyclingtechnologie spezialisiert“, erklärte Abbott. Ziel sei es, den riesigen Strom aus Abfällen in ein nachhaltiges, finanziell realisierbares Material für die lokale Industrie umzuwandeln, sagte Abbott, der mit seiner Entwicklung den perfekten Recyclingkreis umsetzen will: aus Eierschalen produziertes Verpackungsmaterial für - Eier.

Teure Entsorgung von 480 Tonnen Schalen

Seine Arbeit hat auch das Interesse bei mehreren lokalen Eier verarbeitenden Betrieben geweckt. So braucht der in Leicester ansässige Eier- und Mayonnaisehersteller Just Egg 1,3 Millionen Eier - pro Woche. Dabei fallen rund zehn Tonnen Eierschalen an. Sie sind als Abfall deklariert und werden teuer auf Mülldeponien entsorgt. Derzeit zahlt die Firma rund 30.000 Pfund (36.000 Euro) pro Jahr, um die 480 Tonnen Eierschalen zu entsorgen. „Für dieses Geld könnte ich einen neuen Arbeiter oder zwei Halbzeitkräfte einstellen - oder in Neuerungen investieren“, erklärte Pankaj Pancholi, Geschäftsführer bei Just Egg.

Wissenschafter der Universität von Leicester mit Eierkartons und Plastikhauben

University of Leicester

Stevie Jackson von Food and Drink iNet, Pankaj Pancholi und Andy Abbott (v. l. n. r.)

Das Innovationsnetzwerk Food and Drink iNet, das kurz vor Ostern das Projekt mit 20.000 Pfund (24.000 Euro) förderte, will die Forschungsergebnisse nun Unternehmen in der Region und auch darüber hinaus zur Verfügung stellen. „Dieses Projekt könnte auf vielen Ebenen Vorteile bringen, nicht nur der Lebensmittelindustrie, sondern auch anderen Zweigen“, ist Richard Worrall, Direktor von Food and Drink iNet, überzeugt. Interessenten seien aufgerufen sich zu melden.

Energiesparen beim Eierkochen

Diese Form des Schalenrecyclings könnte sich auch in Österreich auszahlen. Laut der Naturschutzorganisation WWF werden hierzulande jährlich zwei Milliarden Eier konsumiert.

Der WWF hat die Swiss Alpine Laboratories for Testing of Energy Efficiency damit beauftragt, zu ermitteln, wie viel Energie beim Kochen von Eiern je nach Methode verbraucht wird. Bis zum Vierfachen an Energie kostet die ungünstigste Variante: die Eier vollständig mit Wasser bedeckt ohne Deckel die ganze Zeit kochen zu lassen - mehr dazu in science.ORF.at

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