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Undurchsichtige Politmanöver

In China ist nach Informationen der staatlichen Medien der Industriemagnat Xu Ming inhaftiert worden. Der Geschäftsmann, der als einer der reichsten Männer Chinas gilt, wurde am 15. März festgenommen, wie das Magazin „ENN Weekly“, das von der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua unterstützt wird, auf seiner Website berichtete.

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Er soll enge Verbindungen zu dem am 15. März entlassenen Vorsitzenden der Kommunistischen Partei in der Metropole Chongqing, Bo Xilai, gehabt haben. Die Entlassung Bos, der als aussichtsreicher Kandidat für einen Sitz im Ständigen Komitee des Politbüros galt, wurde von Beobachtern als ein Zeichen für einen massiven Richtungsstreit innerhalb der Partei gewertet. Sie ließ sogar Gerüchte über einen vermeintlichen Putschversuch laut werden.

Korruptionsanschuldigungen im Umfeld von Bo Xilai?

Die Verhaftung des Industriellen scheint ein weiterer Hinweis auf den Machtkampf innerhalb der Kommunistischen Partei zu sein. Die spärlichen Informationen, die aus dem Land nach außen dringen, lassen jedoch völlig ungeklärt, was die Festnahme bedeutet. Xu werde von einer mächtigen Behörde festgehalten, die auf Korruptionsbekämpfung innerhalb der Kommunistischen Partei spezialisiert sei, heißt es nun in dem Bericht des Magazins weiter. Es werden allerdings keine Angaben zu Anschuldigungen gegen Xu gemacht.

Der Industrielle ist in der nordöstlichen Stadt Dalian ansässig, wo Bo jahrelang Bürgermeister und KP-Vorsitzender war, bevor er in der Partei aufstieg. Das US-Magazin Forbes schätzt Xus Vermögen auf 4,4 Milliarden Yuan (rund 520 Mio. Euro).

Unliebsamer Korruptionskämpfer

Der frühere Handelsminister Bo hatte sich in den vergangenen Jahren als Parteivorsitzender in der Millionenmetropole Chongqing im Südwesten Chinas mit seinem harten Vorgehen gegen Korruption einen Namen gemacht. Zugleich setzte der 62-Jährige, der als Vertreter des linken Parteiflügels gilt, eine Reihe von Maßnahmen durch, die an maoistische Erziehungskampagnen der 60er und 70er Jahre erinnerten. In der Parteiführung war der charismatische Sohn eines kommunistischen Revolutionärs deshalb zunehmend umstritten.

Sein Sturz gilt als Signal gegen einen linken Kurs der Partei: Regierungschef Wen Jiabao hatte Bos Anti-Reform-Haltung kritisiert und gewarnt, ohne Reformen könne das Land in ein Chaos „wie in der Kulturrevolution“ (1966 bis 1976) stürzen.

Mysteriöser Tod von britischem Unternehmer

Unterdessen wurden die Ermittlungen in dem Politkrimi noch ausgeweitet. Der mysteriöse Tod eines britischen Unternehmensberaters mit engen Beziehungen zu Bos Familie löste neue Verdächtigungen aus. Neil Heywood soll um seine Sicherheit gefürchtet haben, nachdem er sich mit Bo Xilais Frau überworfen habe, berichtete das „Wall Street Journal“. Der 41-Jährige wurde Mitte November tot in seinem Hotelzimmer in Chongqing (Tschungking) gefunden. Die Polizei attestierte „übermäßigen Alkoholkonsum“ und äscherte ihn ohne Autopsie ein. Das britische Außenministerium bat um eine nähere Untersuchung.

Der Skandal an der Spitze der Kommunistischen Partei Chinas schlägt indes große Wellen. Mit den bisher schärfsten Einschränkungen für Diskussionen im Internet versucht die Zensur seit dem Wochenende, wilde Putschgerüchte und Spekulationen über Risse in der Führung einzudämmen.

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