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Plagiat wurde im Jänner bekannt

Dem ungarischen Staatspräsident Pal Schmitt ist die Affäre um Plagiatsvorwürfe gegen seine 1992 an der damals noch eigenständigen Budapester Sportuniversität (TE) eingereichte Doktorarbeit zu Verhängnis geworden. Die Budapester Semmelweis-Universität erkannte ihm den Doktortitel ab. Der Rücktrittsdruck auf Schmitt wird damit immer größer. Im Folgenden eine Chronologie der Affäre.

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11. Jänner 2012: Die Wochenzeitung „hvg“ veröffentlicht auf ihrer Website einen Bericht, wonach Schmitt den überwiegenden Teil seiner Doktorarbeit teils wörtlich aus einem französischsprachigen Werk des bulgarischen Sportfunktionärs Nikolai Georgiew übernommen hatte. Der Präsident war damals Vorsitzender des Ungarischen Olympischen Komitees (MOB) gewesen.

18. Jänner: Schmitt weist die Vorwürfe in einem Radiointerview mit dem Argument zurück, dass er die verwendeten Quellen ja in der Bibliografie aufgezählt habe. Zudem seien damals andere formale Kriterien für Doktorarbeiten üblich gewesen als heute.

In den darauffolgenden Wochen veröffentlichen Medien weitere Details über die Arbeit, etwa das völlige Fehlen von Fußnoten und Quellenverweisen im Text. Eine englischsprachige Studie des deutschen Forschers Klaus Heinemann wird als weitere Quelle ausgemacht, aus der Schmitt mehrere Seiten wortwörtlich übernommen hatte.

25. Jänner: Die Semmelweis-Universität, in die die TE im Jahr 2000 organisatorisch eingegliedert worden war, setzt eine Untersuchungskommission zur Prüfung der Plagiatsvorwürfe ein.

27. März: Die Untersuchungskommission veröffentlicht ihre Schlussfolgerungen. Sie bestätigt die bereits durch die Medien bekanntgewordenen Plagiate aus den Werken Georgiews und Heinemanns sowie die anderen formellen Unzulänglichkeiten. Doch macht die Kommission die Sportuniversität dafür verantwortlich, da sie den Doktoranden nicht rechtzeitig darauf hingewiesen habe. Die Kommission leitet ihre Ergebnisse an den für die Universitäten zuständigen Minister Miklos Rethelyi weiter. Ein Kommissionsmitglied, der Anwalt Akos Fluck, distanziert sich von manchen dieser Schlussfolgerungen, veröffentlicht seine Stellungnahme jedoch zunächst nicht.

Die Opposition fordert daraufhin einhellig den Rücktritt Schmitts. Die Regierungspartei FIDESZ-MPSZ von Premier Viktor Orban - für die Schmitt zuletzt als Politiker tätig gewesen war - sieht die Affäre dagegen als „abgeschlossen“. Die mitregierenden Christdemokraten (KDNP) sprechen von einer „politischen Verfolgung“ des Präsidenten.

28. März: Schmitt lehnt in einem Interview während eines offiziellen Besuches in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul eine Rücktritt erneut ab.

Minister Rethelyi übergibt den Fall „mangels eigener Zuständigkeit“ der Semmelweis-Universität. Kommissionsmitglied Fluck veröffentlicht am Abend seine Stellungnahme, in der er anregt, eine Aberkennung von Schmitts Doktortitel in Erwägung zu ziehen.

29. März: Der für Doktoratsfragen zuständige Rat der Universität schlägt am Vormittag mit überwältigender Mehrheit eine Aberkennung des Titels vor. Der Universitätssenat aberkennt daraufhin am Abend den Doktortitel des Staatspräsidenten.

Die Opposition fordert nun noch massiver den Rücktritt des Präsidenten. Auch aus den Reihen der Regierungsparteien FIDESZ und KDNP werden zunehmend kritische Stimmen an Schmitt laut.

Premier Orban gibt sich zunächst bedeckt und betont noch vor der Senatsentscheidung in einem Interview mit der Onlineausgabe der zentralungarischen Regionalzeitung „Petöfi Nepe“: „Die Person des Staatspräsidenten ist unantastbar.“

30. März: Orban bestätigt seine Aussage vom Vortag zur „Unantastbarkeit“ des Staatsoberhaupts gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Radiosender MR1-Kossuth Radio. Die Entscheidung liege in den Händen Schmitts.

Der Präsident sagt Freitag früh kurzfristig alle Termine ab, einschließlich einer Ausstellungseröffnung in Wien am Abend. „Mein Gewissen ist rein“, erklärt Schmitt Abend in einem Fernsehinterview. „Ich habe meine Doktorarbeit nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben.“ Einen Rücktritt lehnt er ab. In Budapest kommt es zu Demonstrationen von unterschiedlichen politischen Lagern.

1. April: Der Rektor der beteiligten Budapester Semmelweis-Universität kündigt seinen Rücktritt an. Damit solle der „Friede an der Universität“ gesichert werden, erklärt Tivadar Tulassay.

2. April: Schmitt wirft das Handtuch: Er fühle die „Pflicht“ zum Rücktritt, erklärt Schmitt in Budapest.

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