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„Nichts mit Vorpreschen zu tun“

Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) erklärt sich die „heftige“ Reaktion von Euro-Gruppe-Chef Jean-Claude Juncker am Freitag in Kopenhagen mit einer Erkrankung und nicht mit ihrem eigenen Vorpreschen. Fekter hatte die Aufstockung des Rettungsschirms von 500 auf 800 Mrd. Euro voreilig mitgeteilt, was Juncker angeblich so ärgerte, dass er seine Pressekonferenz kurzfristig absagte.

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„Er hat erzählt, dass er Nierensteine hat und direkt aus dem Krankenhaus kommt, enorme Schmerzen hat. Das erscheint mir mit ein Grund, warum er heftig reagiert hat“, sagte Fekter dem „Standard“ (Montag-Ausgabe). „Ich nehme ihm das nicht krumm, habe mit ihm hinterher gesprochen, mich auch entschuldigt“, erklärte sie. Ihr habe das „mangelnde Timing auch leidgetan“, und sie habe „ja nur die österreichischen Journalisten informieren“ wollen, versuchte die Finanzministerin ihr Vorgehen zu rechtfertigen. Ihre „direkte Art zu reden“ sei „auf dem diplomatischen Parkett ungewohnt“.

Juncker kippte seine Pressekonferenz

Fekter hatte - tatsächlich als erste unter den Euro-Finanzministern - am Freitag kurz vor 12.00 Uhr vor Journalisten gesagt, der „Schutzwall“ für die verschuldeten Länder der Währungsunion werde „weit über 800 Mrd. Euro“ umfassen und auch die Detailrechnung dazu präsentiert. Juncker kippte daraufhin spontan die übliche Pressekonferenz: „Es gab keinen Grund mehr für eine Pressekonferenz, weil die österreichische Finanzministerin die Einigung schon verkündete, als die Sitzung noch weiterging.“

„Es ist richtig, es gab eine Verstimmung“, hieß es am Freitag aus dem Büro der Ministerin. Andererseits habe Fekter bei ihrer Erklärung auch darauf verwiesen, dass Juncker selbst die Details der konkreten Regelung bekanntgeben werde. „Wir haben keine endgültige Einigung verkündet, sondern zum Schluss auf ihn (Juncker, Anm.) verwiesen“, sagte ein Fekter-Sprecher. „Juncker ist sauer“, hatte die Nachrichtenagentur AFP am Feitag einen Diplomaten zitiert.

Fekter: Juncker soll bleiben

Trotz der anhaltenden Spekulationen über einen Nachfolger für Juncker schließt Fekter einen Verbleib des Luxemburgers an der Spitze der Euro-Gruppe nicht aus. „In Wirklichkeit gibt es ja derzeit die Position, dass Juncker bleiben soll“, sagte Fekter in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“ (Montag-Ausgabe). „Es soll ja ein Regierungschef dieses Amt innehaben, damit er auf Augenhöhe mit den anderen Regierungschefs reden kann“, fügte Fekter hinzu und wehrte damit eine Frage nach ihrem eigenen Interesse an dem Posten ab: Diese Frage stelle sich damit nicht, sagte sie.

Häme in Medien

Fekter stahl mit ihrem „Ausplaudern“ nicht nur Juncker die Show und zog dessen Ärger auf sich: Mit ihrem Vorpreschen erntete sie auch in internationalen Medien Häme. Die Wirtschaftszeitung „Financial Times Deutschland“ („FTD“) ging in einem Kommentar mit dem Titel „Euro-Retter spielen Kindergarten“ hart mit Fekter ins Gericht. Sie sei eine „hyperaktive Österreicherin“, so die Zeitung, die gleichzeitig daran erinnerte, dass sich Österreich und Deutschland lang gegen eine Ausweitung des Euro-Rettungsschirmes gewehrt hatten.

„Sie wollen zwar nach außen mit großen Zahlen glänzen, im Inland aber sagen können, es sei alles nicht so schlimm. Die eigenen Wähler werden auch für dumm verkauft“, hieß es in dem Kommentar. Das Resümee von Autor Peter Ehrlich war alles andere als gnädig: „Dass es in der Euro-Gruppe derzeit wenig gute Leute gibt, zeigt das Beispiel Fekter.“

Auch das „Wall Street Journal“ („WSJ“) sparte nicht mit Spitzen gegen Fekter und die Euro-Gruppe. In einem Kommentar verglich die Zeitung den Streit mit Kindereien auf einem Spielplatz. Fekter habe dem „Klassensprecher“ Juncker die Show gestohlen und das „Schulprojekt“ zu früh „herumgetratscht“.

Fekter: Tranchen „in Budgetpfad eingeplant“

2012 und 2013 muss Österreich rund 900 Millionen Euro in den ab Juli geltenden permanenten Rettungsschirm ESM einzahlen. „Man hat die fünf Einzahlungstranchen, die ursprünglich jährlich angefallen wären, zusammengestaucht. Wir zahlen jetzt die Tranchen im Halbjahresabstand ein“, sagte Fekter im „Standard“ weiter. Die Mittel seien „im Budgetpfad eingeplant“. Das habe „natürlich Liquiditätsauswirkungen, aber das werden wir aufbringen, ohne zusätzliche Sparmaßnahmen“.

Derzeit werde gerade beraten, wie die Abrufung der Haftungssummen für den ESM „parlamentarisch mitbegleitet“ wird. 21 Mrd. Euro an Haftungen hat Österreich schon im alten Rettungsschirm EFSF übernommen, 19 Mrd. Euro kommen durch den neuen ESM dazu.

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