800-Milliarden-„Feuermauer“
Die Finanzminister der Euro-Gruppe haben am Freitag die Ausweitung des Rettungsschirms für die Währungsunion auf 800 Mrd. Euro bestätigt. Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) hatte die Zahl kurz vor Mittag bekanntgegeben.
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Im Gesamtbetrag enthalten seien „200 Mrd. Euro aus den Programmen des EFSF, die bereits für Portugal, Griechenland und Irland“ vergeben worden seien, dazu „‚Fresh Money‘ von 500 Mrd. Euro für den ESM“ sowie 53 Mrd. Hilfen aus bilateralen Krediten aus dem ersten Hilfsprogramm für Griechenland und 49 Mrd. Euro aus dem ESM. „So kommen wir weit über 800 Mrd. Euro. Diese über 800 Mrd. Euro machen eine Billion US-Dollar aus. Das ist die definierte Firewall“, sagte Fekter. Deutschland allerdings wollte von dem Wort „Aufstockung“ nichts hören.

Reuters/Fabian Bimmer
Frankreich wollte noch deutlich mehr, Deutschland bremste
Bereits vergebene Kredite eingerechnet
Die Einigung entspreche der Position, die die deutsche Bundesregierung in den letzten Tagen festgelegt hatte und die eine vorübergehende Erhöhung des Rahmens vorsehe - nur weil EFSF und ESM ein Jahr parallel liefen, hieß es aus Berlin. Auf einen Betrag von 800 Mrd. Euro komme man nur, wenn man das erste, bereits ausgezahlte Griechenland-Kreditpaket einrechne. Auch Fekter verwies auf diese korrekte Rechenvariante, während in Presseberichten fast durchwegs von einer deutlichen Aufstockung des Kreditrahmens die Rede war.
Der ESM tritt im Sommer im Kraft, seine volle Kapitalstärke erreicht er aber erst später, da ein Barkapital von insgesamt 80 Mrd. Euro von den Ländern der Währungsunion in mehreren Tranchen überwiesen wird. Allerdings soll das nun schneller geschehen als ursprünglich vorgesehen, lautete ein weiterer Beschluss der Euro-Finanzminister am Freitag. Die ersten Tranchen sollen bereits im Juli und Oktober dieses Jahres, zwei weitere 2013 fällig werden. Die restliche Summe muss im ersten Halbjahr 2014 überwiesen werden. Das soll vor allem das Vertrauen auf den Finanzmärkten stärken. Der EFSF funktioniert nur auf Basis von Garantien.
„Sieht wie ernsthafte ‚Feuermauer‘ aus“
Frankreichs Finanzminister Francois Baroin hatte am Donnerstag einen „Schutzwall“ in Höhe von etwa einer Billion Euro gefordert. Die Position der Regierung in Paris sei jedoch bekannt, stellte Baroin klar: Je höher die Summe, desto größer auch die Abschreckung für Spekulanten. Er bemühte dabei einen Vergleich mit einer Atombombe - auch diese diene nur der Abschreckung. Nun sei es eine Billion zumindest in Dollar geworden, hieß es am Freitag.
„Also alles, was uns auf eine Billion Dollar bringt, sieht wie eine ernsthafte Feuermauer aus“, sagte Irlands Finanzminister Michael Noonan. EU-Währungskommissar Olli Rehn bezeichnete den neuen Rettungsschirm als dauerhaft. Er vertraue darauf, dass die Entscheidung den Weg für eine Erhöhung auch der IWF-Mittel im nächsten Monat ebnen werde, so Rehn.
Lage immer noch „fragil“
Die dänische EU-Ratsvorsitzende und Wirtschaftsministerin Margrethe Vestager sagte, die Lage habe sich zwar in den vergangenen Monaten stabilisiert, „aber sie bleibt fragil und wir haben keine Zeit, uns zurückzulehnen“. Zur Finanztransaktionssteuer merkte sie an, dass die Debatte finalisiert werden sollte. Neben dem Kommissionsvorschlag sollten auch Alternativen ausgearbeitet werden. Die meisten der EU-Finanzminister würden ein Modell ähnlich der britischen Stempelsteuer als inspirierend finden, andere hätten Erfahrungen mit Finanzaktivitätssteuern. Diese Dinge seien nun zu konkretisieren.
EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen sagte, die Erhöhung der „Brandschutzmauer“ sei eine zufriedenstellende Maßnahme. Auch Asmussen zeigte sich überzeugt, dass nun die „Feuermauer“ durch Ressourcen des Internationalen Währungsfonds (IWF) verstärkt werden könne. Andererseits „muss ich hinzufügen, dass keine ‚Feuermauer‘, wie hoch sie auch sein mag, Reformen und Anstrengen der Mitgliedsländer ersetzen kann“.
Größe „nicht primär wichtig“
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble bezeichnete die Größe der „Feuermauer“ dagegen als nicht primär wichtig. „Die Debatte ist völlig irreführend. Die Finanzmärkte wollen wissen, ob Europa in der Lage ist, Strukturen zu schaffen, um eine dauerhafte Stabilität sicherzustellen, und da machen wir große Fortschritte.“ Es gehe „nicht darum, ständig nachzuschießen, als wäre nur die Firewall wichtig. Da können sie zehn Billionen Euro reinsetzen. Wenn sie die Probleme nicht lösen, nützt das gar nichts.“
Schäuble-Vorstoß für Stempelsteuer
Dennoch betonte Schäuble die Bedeutung der Anhebung des Volumens von 500 auf 800 Mrd. Euro. Damit werde eine „mögliche Ansteckungsgefahr und damit die Gefahr für die Stabilität der Euro-Zone als Ganzes und negative Auswirkungen für die Stabilität des Weltfinanzsystems verhindert“.
Schäuble ließ mit einem anderen Thema aufhorchen: Er schlug die Einführung einer Art Stempelsteuer als Vorstufe zu einer umfassenderen Steuer auf Finanzmarktgeschäfte in der EU vor. „Der erste Schritt sollte sich nach unserer Ansicht an einem Herangehen wie der britischen Stempelsteuer und der französischen Steuer auf Finanztransaktionen orientieren“, hieß es in einem Reuters am Freitag vorliegenden Dokument.
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