Flagge in Timbuktu gehisst
Nach der Einnahme der Städte Gao und Kidal im Nordosten von Mali sind die Tuareg-Rebellen am Sonntag in die Stadt Timbuktu eingedrungen. Rebellen seien in der Stadt zu sehen und Schüsse zu hören, berichteten Augenzeugen. Sie hätten ihre Flagge auf mehreren Gebäuden gehisst, nachdem Regierungskräfte die Stadt verlassen hätten, sagten Bewohner gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
„Sie haben die Stadt erreicht. Sie haben ihre Flagge gehisst“, erklärte El Hadj Baba Haidara, ein lokaler Parlamentsabgeordneter, am Telefon. Ein Hotelangestellter bestätigte die Anwesenheit der Tuareg und sagte, sie seien gemeinsam mit einem „früheren malischen Minister“ gekommen.
Armee räumte das Feld
Ein Augenzeuge berichtete, dass die Rebellen der Nationalen Befreiungsbewegung von Azawad (MNLA) ihre Flagge beim Büro des Gouverneurs sowie des Bürgermeisters und auf dem Gelände des Militärcamps gehisst hätten. Weitere Bewohner berichteten von Schüssen und Plünderungen. Dem Direktor einer Privatschule zufolge wurde ein junger Mann durch einen Granatsplitter getötet.
Schwere Kämpfe habe es aber offenbar nicht gegeben, berichtete die BBC. Die Tuareg hätten zwar ein Militärlager beschossen, die Truppen hätten dieses aber bereits zuvor verlassen gehabt. Timbuktu war abgesehen von der Hauptstadt Bamako die letzte größere Stadt im Norden, die noch vom Militär kontrolliert worden war.
Gemeinsame Sache mit Islamisten
Die Tuareg-Rebellen hatten die Eroberung Timbuktus angekündigt. Timbuktu werde eingekreist, um die in der Stadt verbliebene „politische und militärische Verwaltung“ der malischen Regierung zu „vertreiben“, hatte die MNLA in einer im Internet veröffentlichten Erklärung erklärt. Übereinstimmenden Angaben zufolge arbeiteten die Rebellen dabei mit einer islamistischen Gruppe zusammen. Medienberichten zufolge sollen zumindest einige Teile der MLNA Verbindungen zur Terroristengruppe „Al-Kaida im Islamischen Maghreb“ haben. Die MLNA dementierte das heftig.

APA/EPA
Die Tuareg kämpfen seit Jahrzehnten für mehr Rechte
Timbuktu war die letzte Stadt im Nordosten Malis, die noch von der Armee gehalten wurde. Die historische Stadt mit ihren 50.000 Einwohnern steht auf der UNESCO-Weltkulturerbeliste. Bereits am Samstag hatten die Rebellen die wichtige Stadt Gao in der Region eingenommen. Die MNLA habe die „malische Besetzung der gesamten Region Gao beendet und die Kontrolle über die Stadt Gao übernommen“, erklärte die Gruppe. Malische Regierungsvertreter bestätigten das.
Waffen aus Gaddafis Armee
Am Samstagabend hatte der Chef der Militärjunta, Amadou Sanogo, die Armee angewiesen, die Kämpfe um Gao „nicht zu verlängern“ und die Stadt damit faktisch aufgegeben. Zuvor hatten die Rebellen bereits Kidal eingenommen, die Armee zog sich daraufhin aus den strategisch wichtigen Orten Ansogo und Bourem zurück.
Das über mehrere Staaten verteilte Nomadenvolk der Tuareg hatte in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder gegen seine Marginalisierung aufbegehrt. Die Rebellen kämpfen für die Unabhängigkeit ihrer Region Azawad. Im Jänner hatten sie ihre Offensive begonnen. Viele der kampferprobten Tuareg hatten in Libyen den im Oktober getöteten Machthaber Muammar al-Gaddafi unterstützt, kehrten schwerbewaffnet nach Mali zurück.
Putsch brachte Armee nichts
Meuternde Soldaten der malischen Armee hatten am 22. März die Regierung von Präsident Amadou Toumani Toure gestürzt und die Macht an sich gerissen, nachdem sie eine bessere Ausrüstung für den Kampf gegen die Tuareg-Rebellen verlangt hatten. Sie begründeten den Putsch mit der Unfähigkeit der Regierung, die Rebellion zu beenden. Geholfen hat das aber nichts - im Gegenteil: Die Armee kann den Tuareg nichts entgegensetzen.
Nach Angaben von Hilfsorganisationen flohen bereits 200.000 Menschen vor den Kämpfen in die Nachbarländer Malis, etwa nach Algerien und Mauretanien. Das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) richtete Zeltlager ein, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) leistet Lebensmittelhilfe für die Flüchtlinge.
Junta-Chef kündigt Wahlen an
Sanogo erklärte indes am Sonntag die Verfassung und sämtliche staatliche Institutionen wieder für gültig. Die derzeitige „Krise“ im Land müsse beigelegt werden. Der Junta-Chef kündigte eine Übergangsphase mit „freien, offenen und demokratischen Wahlen“ an, „an denen wir nicht teilnehmen werden“.
Angesichts der instabilen Lage in Mali kommen die Staats- und Regierungschefs der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) am Montag zu einem erneuten Gipfeltreffen zusammen. Das Treffen soll am Rande der Amtseinführung des neuen senegalesischen Präsidenten Macky Sall in Dakar stattfinden, kündigte der Präsident der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, am Sonntag an. Es gehe um internationale Maßnahmen, um auf den Konflikt in Mali einzuwirken. Die ECOWAS und die Nachbarländer drohten Mali nach dem Militärputsch mit Sanktionen.
Links: