Leck in 4.000 Metern Tiefe
Mit Spezialtechnik will der französische Energiekonzern Total gegen eine drohende Umweltkatastrophe in der Nordsee vor Schottland vorgehen. Nach dem Leck an einer Gasplattform habe der Konzern das Überwachungsschiff „Highland Fortress“ in Stellung gebracht, sagte ein Total-Sprecher.
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Das Schiff verfüge auch über ein ferngesteuertes Mini-U-Boot, mit dem Unterwasseraufnahmen gemacht werden können. Diese Technik sei aber bisher nicht zum Einsatz gekommen, sagte der Total-Sprecher. Der Mineralölkonzern beruhigt und dementiert, dass Gefahr droht - die Aussagen erinnern insgesamt frappant an jene des Konkurrenten BP zu Beginn der riesigen Ölpest im Golf von Mexiko, der sich in wenigen Tagen zum zweiten Mal jährt.
Drei Plattformen geräumt
Am Sonntag wurde an der Total-Gasplattform 240 Kilometer östlich der schottischen Stadt Aberdeen ein Leck bemerkt. Umgehend brachte Total die 238 Arbeiter in Sicherheit. Tags darauf räumte auch der Shell-Konzern zwei benachbarte Plattformen. Die Küstenwache errichtete eine Sperrzone für Flugzeuge und Schiffe.
Aus allen Konzernbereichen zusammengezogene Experten berieten derzeit darüber, wie das Problem in den Griff zu bekommen sei. Infrage komme eine Entlastungsbohrung, die aber bis zu sechs Monate dauern könne. Auch ein „Kill“ mit einer Schlamminjektion komme in Betracht - genau diese Wege ging auch BP nach der Explosion der Ölplattform im Golf von Mexiko und kämpfte monatelang mit dem nicht versiegenden Ölstrom. Eine Entscheidung, welche Methode der Konzern anwenden werde, sei aber noch nicht getroffen, hieß es vonseiten Totals. Das bestmögliche Szenario sei, dass der Gasfluss von alleine versiege, hieß es.
Total: Keine giftigen Substanzen
Am Mittwoch teilte Total mit, dass in dem austretenden Gasgemisch keine giftigen Substanzen enthalten seien: „Wir können mit Sicherheit ausschließen, dass sich in dem Gas giftige Substanzen befinden“, sagte eine Sprecherin des französischen Unternehmens gegenüber der dpa. Nach Angaben von Umweltschützern sollen auch giftige Schwefelverbindungen in dem Gas enthalten sein.
Mittlerweile konnte die undichte Stelle offenbar lokalisiert werden: „Wir glauben, wir wissen wo es ist“, sagte der Sicherheitschef für Großbritannien des französischen Total-Konzerns, David Hainsworth, am Mittwoch gegenüber BBC. Demnach befindet sich das Leck an einer vor einem Jahr stillgelegten Gasquelle, die 5.500 Meter unter den Meeresboden reicht. Die undichte Stelle befinde sich in etwa 4.000 Metern Tiefe unter dem Meeresboden.
„Bohrloch der Hölle“
Von einem „Bohrloch der Hölle“ sprach die norwegische Umweltgruppe Bellona: „Das Problem ist außer Kontrolle geraten.“ Bevor die Arbeiter auf der Plattform in Sicherheit gebracht worden seien, hätten sie sich 14 Stunden um eine Eindämmung bemüht, so Bellona-Chef Frederic Hauge.
Total verliert an der Börse
Das Gasleck schickte die Total-Aktie auf Talfahrt. „Das ruft den Leuten das BP-Drama in Erinnerung“, sagte ein Börsianer. „Wir wissen nicht, wie die Geschichte ausgehen wird, daher ist es besser, sich aus der Aktie zu verabschieden - oder ‚short‘ zu gehen, wenn man risikofreudig ist.“
Die Aktien von BP notieren derzeit immer noch um rund 28 Prozent unter dem Niveau unmittelbar vor der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko vor zwei Jahren. In den Wochen nach der Explosion der Bohrinsel „Deepwater Horizon“ waren die Titel zeitweise um mehr als die Hälfte eingebrochen.
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