Boykott gegen Verfassungsberatungen
Ägyptens regierender Militärrat hat den prominenten Oppositionspolitiker Aiman Nur begnadigt. Wie das Staatsfernsehen am Mittwoch berichtete, ist damit der Weg für dessen neuerliche Präsidentschaftskandidatur frei. Bisher war ihm als verurteiltem Straftäter die Bewerbung bei der Wahl zum höchsten Staatsamt nicht erlaubt. Die Ägypter wählen ab Mai ihren neuen Präsidenten.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Nur war bereits 2005 gegen den damaligen Langzeitpräsidenten Hosni Mubarak angetreten und mit etwa acht Prozent auf dem zweiten Platz gelandet. Monate später wurde der Vorsitzende der liberalen Partei Al-Ghad mit dem Vorwurf der Urkundenfälschung bei der Zulassung seiner Partei für vier Jahre ins Gefängnis gesteckt. Beobachter sprachen zwar von einem politisch motivierten Prozess. Dennoch wäre Nur nach ägyptischem Recht für Wahlen noch bis zu sechs Jahre nach Ende seiner Haftzeit gesperrt gewesen.
Linke und Liberale boykottieren Verfassungsberatung
Boykottiert von Linken und Liberalen haben in Ägypten unterdessen die Beratungen über eine neue Verfassung begonnen. Zur ersten Sitzung der verfassungsgebenden Versammlung erschienen nach Angaben ägyptischer Staatsmedien am Mittwoch nur 75 der 100 gewählten Mitglieder - die meisten von ihnen Vertreter der Muslimbruderschaft und der radikalen Salafisten-Partei Partei des Lichts. Gruppen des linken und liberalen Spektrums, wie die traditionelle Wafd-Partei, hatten zuvor aus Protest gegen die Dominanz der Islamisten ihren Rückzug aus dem Gremium angekündigt.
Zu den wichtigsten Fragen, die in der Versammlung unter Leitung des Parlamentspräsidenten und Muslimbruders Saad al-Katatni entschieden werden, sind die Machtbefugnisse des Präsidenten und das Verhältnis von Staat und Religion. Beobachter rechnen damit, dass das islamische Recht, die Scharia, künftig eine größere Rolle in Ägypten spielen wird.
Deutliche Mehrheit für Islamisten
Am vergangenen Wochenende hatten die Abgeordneten des Parlaments und des Schura-Rates die Mitglieder der Versammlung gewählt. In beiden Kammern haben die aus der Muslimbruderschaft hervorgegangene Partei für Freiheit und Gerechtigkeit und die Salafisten eine deutliche Mehrheit. So setzten sich auch bei der Abstimmung der 100 Mitglieder des Gremiums knapp 70 Kandidaten durch, die dem islamistischen Lager zugerechnet werden. Nur sechs Frauen und fünf Christen gehören der Versammlung an.
Liberale Parlamentarier warfen der Muslimbruderschaft undemokratisches Verhalten vor, weil sie kurz vor der Abstimmung an ihre Mitglieder Listen mit den von ihnen zu wählenden Kandidaten verteilt hätten.
Links: