Konkurrenz unter Zugzwang
Die von Apple selbst eingeleitete unabhängige Inspektion seines wichtigsten Zulieferers Foxconn hat zahlreiche Missstände aufgedeckt. Darunter seien zu lange Arbeitszeiten und mangelhafte Sicherheits- und Gesundheitsbedingungen, berichtete die Fair Labor Association (FLA) Ende März.
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Angesichts der massiven Kritik hat Apple zugesagt, die Mängel zu beheben. Demnach soll Foxconn Zehntausende neue Arbeiter einstellen, illegalen Überstunden einen Riegel vorschieben, Sicherheitskontrollen verstärken und die Unterbringungen der Angestellten verbessern.
Das kündigte der iPad- und iPhone-Hersteller im Anschluss an die erste offizielle Reise des neuen Firmenchefs Tim Cook in die Volksrepublik Ende März an. Weltweit wurde zuletzt angesichts der enormen Barreserven von Apple von rund 100 Milliarden Dollar heftig über die „menschlichen Kosten“ von iPhone und iPad diskutiert.
Die FLA rechnet damit, dass durch die Vereinbarung neue Standards für westliche Firmen in China gesetzt werden.

AP/Apple
Apple-Chef Tim Cook bei der Besichtigung eines Foxconn-Werks
Kürzere Arbeitszeiten
Die Arbeitsbedingungen bei Foxconn wurden immer wieder scharf kritisiert. Für mediale Aufmerksamkeit sorgten vor allem die Selbstmorde mehrerer Angestellter. Die FLA untersuchte nun drei Foxconn-Fabriken und befragte über 35.000 Arbeiter. Insgesamt seien mehr als 50 Verstöße festgestellt worden. Die größten Probleme gab es demnach bei den Arbeitszeiten.
In allen drei Betrieben sei die auch von Apple befürwortete FLA-Obergrenze von 60 Arbeitsstunden pro Woche überschritten worden - ebenso wie die in China maximal erlaubte 40-stündige Arbeitswoche plus bis zu 36 Überstunden im Monat.
Die jetzige Vereinbarung zwischen Apple und Foxconn sieht vor, dass Arbeiter künftig inklusive Überstunden maximal 49 Stunden in der Woche arbeiten dürfen. Die Bezahlung soll sich nicht ändern.
Bessere Quartiere
Ein Problem ist allerdings, dass viele Foxconn-Beschäftigte selber länger arbeiten wollen, um mehr Geld zu verdienen. Foxconn versprach deswegen, die entgangenen Arbeitsstunden auszugleichen.
Um die Nachfrage weiter bedienen zu können, werden Zehntausende neue Mitarbeiter eingestellt. Zugleich sollen die Unterbringungsmöglichkeiten verbessert werden. Viele der Arbeiter leben bisher unter unmenschlichen Bedingungen auf kleinstem Raum zusammen. Die FLA will künftig regelmäßig überprüfen, ob Apple den Auflagen nachkommt.

AP/Kin Cheung
Die Wohnquartiere sind oftmals ohne Strom- und Wasserversorgung
Mitbewerber müssen nachziehen
„Apple und Foxconn haben sich mit unseren Empfehlungen einverstanden erklärt. Wir werden die Fortschritte prüfen und öffentlich berichten“, erklärte FLA-Chef Auret van Heerden. Das werde das Leben der Beschäftigten stark verbessern und einen neuen Standard für chinesische Fabriken setzen, betonte er.
„Apple und Foxconn sind die Platzhirsche in diesem Sektor. Mit dem nun eingeleiteten Wandel legen sie die Messlatte für den Sektor höher“, so Van Heerden weiter. „Die Foxconn-Wettbewerber werden gezwungen sein, ihren Angestellten ein ähnliches Angebot zu machen, um genügend Mitarbeiter einstellen zu können.“
China als IT-Werkbank der Welt
Foxconn, die Muttergesellschaft der in Hongkong gelisteten Foxconn International Holdings und der in Taiwan notierten Hon Hai Precision, fertigt die Hälfte der weltweiten Verbraucherelektronik. Der chinesische Konzern produziert unter anderem auch für Amazon, Dell, Hewlett-Packard, Nintendo, Samsung, IBM, Lenovo, Motorola, Nokia, Sony und Toshiba.
Insgesamt arbeiten für Foxconn etwa 1,2 Millionen Menschen. Das Durchschnittsalter der gut 178.000 Arbeiter in den drei nun untersuchten Fabriken liegt dem Bericht zufolge bei gut 23 Jahren.

AP/Kin Cheung
Foxconn-Arbeiter bei der Produktion am Fließband
Ausweichen auf andere Länder möglich
Die jetzige Vereinbarung zwischen dem weltweit wertvollsten börsennotierten Konzern und Foxconn wird auch als erstes sichtbares Zeichen für die zunehmende Macht der chinesischen Arbeiter gesehen. Sie seien nun in der Lage, höhere Gehälter zu verlangen.
Allerdings gibt es auch eine Kehrseite der Medaille. Einige Firmen haben sich bereits von der Volksrepublik abgewandt und in anderen Ländern nach günstigeren Arbeitern gesucht. Auch Foxconn produziert nicht nur in China, sondern auch in Thailand, Brasilien und Tschechien.
Auch eine Abwälzung der Mehrkosten an den Kunden steht im Raum. HP-Chefin Meg Whitman hatte bereits im Februar gesagt, eine Erhöhung der Arbeitskosten bei Foxconn würde sich auf die gesamte Branche auswirken. HP müsse dann genau schauen, wie viel der Kostensteigerungen an die Kunden weitergereicht würden. Experten rechnen allerdings kaum mit Folgen für die Konsumenten, da Personalausgaben bei den meisten Technikprodukten nur einen geringen Kostenfaktor darstellen.
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